Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
knorrige, hornhäutige Treibholzstücke verwandeln, die noch dazu mit Schleifpapier gepflastert sind. Meine haben außerdem groteske Schwellungen am Fußballen entwickelt sowie dicke, gelbe Zehennägel, denen man eher mit einer Kreissäge als mit einer Nagelschere beikommt. W as das Ganze so unangenehm macht, ist, dass die Füße zwar äußerlich wie verwitterte Blöcke aussehen, geschützt von Hornhaut und Hühneraugen, doch mit zunehmendem A lter werden sie immer empfindlicher. Für mich ist manchmal schon der Gang zum Bäcker um die Ecke eine Qual– außer ich trage total bequeme, aber so hässliche Schuhe, dass ich mir eine Papiertüte über den Kopf stülpen muss, bevor ich mich aus dem Haus wage.
Meine Füße sind mittlerweile so schlimm geworden, dass ich mich frage, ob es nicht besser wäre, das Leben von ein paar Blinden zu riskieren, als uns armen Fußkranken zuzumuten, bei jeder A mpel auf diesen harten Betonknubbeln zu stehen, die aussehen wie gigantische Brailleschrift. [1]
Nach einem schönen langen Spaziergang fühle ich mich mittlerweile nicht mehr erfrischt wie früher, sondern wanke nur noch zum nächsten Sofa, um meine geschwollenen Füße und Fußgelenke hochzulegen.
Als ich jung war, hätte ich nie gedacht, dass auch ich eines Tages » Ach, meine armen Füße!«, stöhnen würde, aber jetzt fühle ich mich wirklich nur noch dann wohl, wenn ich meine Füße hochlegen kann – und ich meine, richtig hochlegen.
Manchmal denke ich, dass ich beschlagen gehöre wie ein alter A ckergaul, und der Besuch beim Podiatristen ist mittlerweile fester Bestandteil meines A lltags. Dort werde ich nicht nur meine W arzen und Hühneraugen los, sondern auch jede Menge Geld. Ich habe bei meinem Podiatristen ein V ermögen für ein paar lächerliche Einlagen ausgegeben, die ich in der A potheke für ein paar Cent hätte haben können.
Ist Ihnen übrigens auch schon aufgefallen, dass man im A lter irgendwie nicht mehr so schnell vorankommt? Ich selbst bin eins vierundsiebzig groß, also nicht gerade ein Zwerg, und doch ist mir neulich eine plumpe kleine Freundin auf ihren Stummelbeinchen förmlich davongelaufen. Komisch.
Abhängigkeiten
Ich kenne A chtzigjährige, deren Hausarzt sich weigert, ihnen stärkere Medikamente zu verschreiben, aus A ngst, dass sie » süchtig« werden könnten.
Also, ich kann ja verstehen, wenn man einem Zwanzigjährigen, der noch sein ganzes Leben vor sich hat, solche Hämmer nicht verschreiben will, aber weshalb uns Oldies? W ieso denn nicht? Ganz ehrlich– wenn ich morgen erführe, dass ich nur noch ein paar Monate zu leben hätte, würde ich sofort wieder mit dem Rauchen anfangen. Es gibt mittlerweile ja sogar Krankenhäuser, in denen Rauchen mit Einschränkung wieder erlaubt ist. W enn Sie also eines Tages von Ihren wohlmeinenden V erwandten in ein » anderes Krankenhaus« verlegt werden sollten, sollten Sie V erdacht schöpfen. Erkundigen Sie sich, ob es dort ein Raucherzimmer gibt. W enn ja, spricht vieles dafür, dass Sie in einer sogenannten Sterbeklinik gelandet sind.
Kingsley A mis hat gesagt: » Nichts könnte mich dazu bewegen, schädliche, aber liebgewordene Gewohnheiten aufzugeben, nur um dafür zwei Jahre länger in einem Pflegeheim dahinzuvegetieren.«
Im Übrigen freue ich mich schon jetzt darauf, mir ohne Schuldgefühle bereits zum Frühstück einen hinter die Binde kippen zu können. (Wieso sollte man sich auf nur eine Sucht beschränken, wenn man zum Nikotin doch noch den A lkohol dazunehmen kann? Dann lohnt es sich wenigstens.)
Selbstgespräche
…sind einfach toll. V ersuchen Sie’s ruhig mal (falls sie nicht ohnehin schon zu einer lieben Gewohnheit geworden sind). Das ist wie ein W iedersehen nach langer Trennung. » Hallo«, können Sie beispielsweise zu sich selbst sagen, » lange nichts mehr von dir gehört. A ber keine Sorge, ich bin nicht nachtragend.«
Dann gibt es noch die V ariante, bei der man sich sozusagen selbst an die Hand nimmt: » Jetzt brauche ich nur noch meine Brille… wo hab ich die nur wieder hingetan?… Brille, Brille… sie muss doch irgendwo sein. Menschenskind, bist du so blind, dass du deine Brille nicht findest?… Oder hab ich sie vielleicht auf dem Kopf?… W ie diese schrecklichen Models… Models, Models, wie komme ich jetzt auf Models?… A lso, was wollte ich gleich?… Jetzt hab ich’s vergessen…«
Sie könnten nach Herzenslust mit sich selbst streiten– oder anderen (imaginären Personen) mal so richtig Bescheid
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