Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
anderen es bei ihrem Nein zu der Haltung der Weißen und zum Bürgermeister im Besonderen bewenden ließen, ging Diane Nash einen Schritt weiter und lud ihn zum Jasagen ein. Sie öffnete ihm eine Tür, und Bürgermeister West ging hindurch.
Ein Nein allein löst oft ein hohes Maß an Frustration aus: Ihre Umwelt reagiert zornig, und Sie haben unter den Folgen zu leiden. Das gilt insbesondere, wenn die anderen das Gefühl haben, ohne jede Rückzugsmöglichkeit mit dem Rücken zur Wand zu stehen – ähnlich, wie sich wahrscheinlich Bürgermeister Ben West fühlte, als er von dem studentischen Sprecher attackiert wurde. Wenn Sie jedoch – wie Diane Nash mit ihren beharrlichen Fragen – eine Tür öffnen, zeigen Sie Ihrem Gegenüber einen Ausweg. Ihre Macht kann sich entfalten, indem Sie Ihr Gegenüber überreden, diesen Ausweg zu nutzen. Kurz gesagt: Statt den anderen zu frustrieren, sollten Sie sich darauf konzentrieren, seine Aufmerksamkeit auf ein positives Ergebnis umzuleiten .
Ein positiver Gegenvorschlag hat einen weiteren großen Vorzug: Er demonstriert Respekt für den anderen. Wenn Sie einen Weg finden, sich auf seine Bedürfnisse einzustellen, ist er wahrscheinlich viel eher bereit, Ihr Nein zu akzeptieren und seinerseits auch Ihre Interessen zu respektieren. Genau darin liegt das Geheimnis der Überredungskunst.
Und schließlich – obwohl Ihnen das jetzt vielleicht komisch vorkommen mag – gibt ein Vorschlag dem anderen Gelegenheit, seinerseits Ihnen ein Nein entgegenzusetzen. Statt ihn in der unangenehmen Position des Zurückgewiesenen zu belassen, können Sie das Blatt wenden und ihm die Gelegenheit bieten, Ihnen Ihre Bitte abzuschlagen. Das reduziert den Stachel der Ablehnung, der oft zu destruktiven Gegenreaktionen führt. Aus psychologischer Sicht wird dadurch ein gewisses Gleichgewicht hergestellt, eine Symmetrie, die die gesunde Beziehung zum anderen wieder herstellt. Dadurch, dass Sie Ihrem Gegenüber die Möglichkeit geben, Nein zu sagen, und sein Recht auf eigene Entscheidungen respektieren, erleichtern Sie ihm, so paradox das klingen mag, ein Ja. Und wenn er Ihren positiven Vorschlag letztlich doch ablehnt, dann betrachten Sie es einfach als Teil der Herausforderung; schließlich behandeln wir in den nächsten drei Kapiteln verschiedene Möglichkeiten, wie man den Widerstand des anderen in Akzeptanz verwandeln kann.
Ein positiver Vorschlag stellt keineswegs eine Schwächung Ihres Neins dar. Wie Diane Nashs Beispiel zeigt, ist das Gegenteil der Fall: Ein guter Vorschlag vermag Ihr Nein zu stärken und effektiver zu machen. Dabei ist es besonders wichtig, dass Ihre Signale eindeutig sind und dass Sie Ihrem Gegenüber keine falschen Hoffnungen machen. Ihr Vorschlag muss 100-prozentig mit Ihrem Nein in Einklang stehen: Genau wie Ihr Nein sollte Ihr Vorschlag in Ihrem ursprünglichen Ja! verwurzelt sein.
Ein positiver Vorschlag ist eine praktische Lösung – spezifisch, realistisch und konstruktiv. Er kann verschiedene Formen annehmen. Wenn Sie zu einer Forderung Nein sagen, kann Ihr Vorschlag eine dritte Alternative sein. Wenn Sie Nein zu einer unerwünschten Verhaltensweise sagen, kann er in Form der konstruktiven Bitte daherkommen, das fragliche Verhalten zu verändern. Oder, wenn ein Nein vollständig und ausreichend ist, kann er ganz minimalistisch sein: Dann bitten Sie den anderen einfach nur, Ihr Nein zu akzeptieren. Diese drei Varianten wollen wir uns im Folgenden etwas detaillierter ansehen.
Nein zu Forderungen: Finden Sie eine dritte Option
Wenn Ihr Gegenüber eine unangemessene oder unerwünschte Forderung stellt, kommt ein Ja nicht infrage. Doch die Beziehung ist Ihnen wichtig, weshalb Sie auch nicht einfach nur Nein sagen wollen. In einem solchen Fall könnten Sie es folgendermaßen formulieren: »Gibt es für uns beide nicht noch eine dritte Möglichkeit?« Mit anderen Worten: Kombinieren Sie Ihr Nein mit einer positiven Lösung, die sich an den Bedürfnissen Ihres Gegenübers ebenso orientiert wie an Ihren eigenen .
Vergleichen Sie, wie zwei verschiedene Menschen in meinem Bekanntenkreis mit dem Wunsch ihrer Familie umgingen, einen Hund anzuschaffen. Im ersten Fall sagte ein Familienvater Nein zu seiner Frau und seinen Kindern, die sich sehnlich einen Hund wünschten. Er selbst gibt seine Worte folgendermaßen wider: »Ich sagte: ›Ich mag keine Hunde! Ich will keine Hunde im Haus haben! In unserer Familie brauchen wir keinen Hund.‹ Darauf antworteten meine Kinder: ›Wir
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