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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Zeit. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
    »Und ich kann mich ja täuschen«, fügte Abu Dun hinzu, »denn schließlich bin ich nur ein dummer Mohr aus dem Lande der Barbaren. Aber sagtet Ihr nicht, Ihr würdet uns helfen, Kardinal? Vorhin, auf der Treppe?«
    »Das war unter … besonderen Umständen«, antwortete Altieri trotzig. »Ich hätte …«
    »Alles getan, um zu überleben?«, fiel ihm Abu Dun ins Wort. »Ja, es beruhigt mich doch ungemein zu sehen, dass sogar ihr heiligen Männer an euren Leben hängt. Das ist eigenartig, wo man doch meinen sollte, dass ihr gar nicht schnell genug vor euren Herrn treten könnt.«
    »Er ist nicht nur
mein
Herr, sondern unser aller Gott«, sagte Altieri kühl. »Und er allein entscheidet, wie lange unsere Leben währen.«
    Abu Dun seufzte.
    »Wir müssen weiter«, mischte sich Ali ein. Kam es Andrej nur so vor, oder hatte der Camerlengo Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken? »Noch hält das Gitter, aber ich weiß nicht, wie lange. Entscheidet Euch.«
    Altieri musterte zweifelnd das kleine Grüppchen und sah dann Clemens an. »Wir werden Euch begleiten, Eure Heiligkeit«, sagte er. »Aber Ihr seid uns ein paar Antworten schuldig.«
    »Ihr bekommt sie, sobald wir unser Ziel erreicht haben«, versprach Clemens ernst. »Aber sie werden Euch nicht gefallen.«

Kapitel 26
    Die Treppe wand sich in so engen Kehren und so steil nach unten, dass Andrej sehr achtgeben musste, um auf den ausgetretenen Stufen nicht den Halt zu verlieren. Er wollte sich nicht vorstellen, was geschehen würde, wenn Ali hinter ihm stürzte, oder gar Abu Dun – auch wenn diese Befürchtung bei dem Nubier vermutlich unbegründet war, denn der war schon nach der ersten Windung hinter ihnen zurückgeblieben. Andrej hörte sein angestrengtes Schnaufen und ein Schleifen, als würde ein Reibeisen über Stein fahren. Anscheinend hatte er seine liebe Mühe, in dem schmalen Treppenschacht nicht steckenzubleiben wie ein Korken in einem zu engen Flaschenhals.
    Gute hundert Stufen tiefer traten sie in einen schmalen Raum mit einer gewölbten Decke hinaus, in dem Clemens und die anderen auf sie warteten. Mehrere Fackeln brannten – dem erstickenden Geruch nach zu schließen zum ersten Mal seit einem Menschenalter –, und aus jedem Winkel schienen sie unsichtbare Augen anzustarren. Etwas Altes war hier unten, Mächtiges. Nichts Böses, ging ihm auf, sondern schlimmer noch: etwas, das von einer vollkommenen Gleichgültigkeit allem Lebenden und Fühlenden gegenüber war.
    »Ist alles in Ordnung, Andrej?«
    Andrej verdrehte die Augen, ehe er sich zu Ali umdrehte, von dem diese Frage gekommen war. »Genauso sehr oder nicht wie bei jedem hier. Aber wenn ich von jedem, der mir diese Frage heute gestellt hat, ein Goldstück bekommen hätte, wäre ich ein reicher Mann.«
    Ali verzog die Lippen zur Andeutung eines Lächelns und wies mit dem Kopf auf Andrejs Bein. »Du blutest«, sagte er. »Aber das weißt du ja selbst, vermute ich.«
    Ja, Andrej hatte es gespürt. Die Wunde war während des Kampfes auf der Treppe wieder aufgebrochen und hatte seither nicht mehr aufgehört zu bluten, sodass er eine dünne, aber beständige Spur nasser roter Fußabdrücke auf dem Weg hier herab hinterlassen hatte, was ihm ein wenig Sorge bereitete, denn es würde ihn nicht überraschen, wenn die unheimlichen Kreaturen, vor denen sie flohen, Blut witterten, so gierig, wie sie auf alles Lebendige waren und darauf, es zu vernichten.
    Nicht, dass er nicht tief in sich wusste, was die Toten wirklich anlockte.
    »Das ist nur ein Kratzer«, sagte er kühl. »So schnell bin ich nicht umzubringen.«
    »Ich weiß«, antwortete Ali. »Umso mehr erstaunt es mich.«
    »Was?« Abu Dun quetschte sich schnaubend aus dem Treppenschacht, richtete sich unmittelbar hinter Andrej auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Andrej meinte, die Kälte des Blickes im Nacken zu spüren, mit dem er den Assassinen-Hauptmann maß. »Dass wir bluten wie alle anderen, wenn man uns schneidet?« Ali wiegte den Kopf, als wäre das Antwort genug, woraufhin Abu Dun eine winzige Nuance schärfer fortfuhr: »Doch, das tun wir. Stell dir vor.«
    Ohne Alis Antwort abzuwarten ließ Andrej ihn und Abu Dun stehen und steuerte den hinteren Teil der unterirdischen Halle an, wo Clemens und die anderen zusammengekommen waren.
    Irritiert sah er, dass Clemens und der Kardinal nebeneinander auf die Knie gesunken waren und das Kinn auf die Brust gesenkt hatten, die Hände darunter

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