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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kann.« Er lächelte schwach. »Manche behaupten, dieser Ort wäre älter als die Menschheit, aber das glaube ich nicht. Ich vermute, dass die Römer es gebaut haben … jedenfalls erinnert mich die Architektur daran.« Er maß Andrej mit einem langen Blick von Kopf bis Fuß. »Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, dass du mir diese Frage beantworten könntest.«
    Andrej nahm an, dass er mit seiner Vermutung richtiglag. Die geborstenen Bögen und zusammengebrochenen Gewölbe unterschieden sich von der in dieser Stadt vorherrschenden Symmetrie, aber nicht so sehr, dass sie vollkommen fremd gewesen wären. Er schüttelte trotzdem den Kopf. »Ich fürchte, du hast dir den falschen Unsterblichen ausgesucht, Hasan as Sabah«, sagte er betont.
»So
alt bin ich nicht.«
    »Das ist schade«, seufzte Clemens. »Aber eigentlich auch nicht so schlimm. Jemand hat diesen Ort erbaut, um etwas sehr Wertvolles zu verbergen, und ein … anderer hat ihn entdeckt und sich zunutze gemacht. Es ist jetzt nicht mehr weit, aber nun …« Er unterbrach sich, legte den Kopf schräg und schien zu lauschen, zuckte dann aber doch mit den Achseln und wies auf Kasim. »Es gibt nur noch ein oder zwei kleine Hindernisse, die aus dem Weg geräumt werden müssen. Bitte hilf Kasim dabei. Er ist viel zu stolz, um es zuzugeben, aber ich fürchte, es geht ihm wirklich nicht gut.«
    Andrej war ziemlich sicher, dass es nur ein Vorwand war, doch er ging trotzdem gehorsam zu Kasim hin und sah ihn fragend an. Der Schmied bestätigte seinen Verdacht, indem er auf dieselbe Weise reagierte. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er von ihm wollte. Ein einziger Blick in Kasims Gesicht genügte, um Andrej zu sagen, wie es um ihn stand. Hätten seine Lippen nicht vor Schmerz gebebt und wäre sein Blick nicht unstet hin und her gehuscht, ohne auf irgendeinem Punkt länger als einen halben Lidschlag verharren zu können, Andrej wäre nicht sicher gewesen, ob er überhaupt noch lebte. Und hätte er nicht so sehr nach saurem Schweiß und Krankheit gerochen, dass er sich überwinden musste, um sich ihm zu nähern. Sein schlechtes Gewissen meldete sich mit Macht.
    »Wie geht es weiter?«, fragte er.
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte Kasim, nachdem er ihm einen sonderbaren Blick zugeworfen hatte – oder es wenigstens versuchte, denn es gelang ihm nicht, seine Augen länger zu fixieren als für die winzige Zeitspanne, die ein Gedanke brauchte, um zu entstehen und zur Erinnerung zu werden. »Ich war noch niemals hier. Niemand war das.«
    Warum hatte Clemens ihn dann hergeschickt, fragte sich Andrej und glaubte die Antwort zu wissen, als er den Kopf drehte und zu den anderen zurücksah. Ali hatte Ayla am Arm ergriffen und ein gutes Stück zur Seite geführt, sodass sie nur noch als Schatten am Rande des zitternden roten Lichts zu erkennen waren. Trotzdem meinte Andrej zu sehen, wie wenig das dem Mädchen gefiel, und schon der bloße Gedanke erfüllte ihn erneut mit kaltem Zorn. Er war hier, um Ayla zu beschützen, ganz egal vor wem und gegen was, und wenn Ali ihr wehtat oder er sie auch nur erschreckte, gleich, ob er nun ihr Bruder war oder nicht, dann würde er ihn töten.
Ganz langsam und unter unvorstellbaren Qualen, sodass ihm Zeit genug blieb, über das nachzudenken, was er getan hatte und …
    Andrej schrak zusammen und riss seinen Blick von den beiden ungleich großen Schatten los. Am gegenüberliegenden Rand des roten Lichttümpels standen zwei noch unterschiedlichere Gestalten, und unter anderen Umständen und an einem anderen Ort hätte der Anblick Andrej wohl ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Clemens war kaum größer als das Mädchen, und Abu Dun, der Ali um eine gute Haupteslänge überragte, hatte sich nach vorne gebeugt und war leicht in die Knie gegangen, um mit ihm zu reden, sodass es aussah, als würde ein Erwachsener mit einem Kind sprechen. Doch obwohl er körperlich kleiner war, war es ganz eindeutig Clemens, der die größere Autorität ausstrahlte. Auf Abu Duns Gesicht erkannte er tatsächlich einen Ernst, der ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ.
    Dann wurde ihm klar, warum Clemens ihn wirklich zu Kasim geschickt hatte: Er hatte etwas mit Abu Dun zu besprechen, das er nicht hören sollte. Wut stieg in ihm auf, und am liebsten wäre er zu ihm zurückgeeilt, um ihm die Meinung zu sagen. Aber er beherrschte sich und drehte sich wieder ganz zu Kasim herum, wenn auch nur mit dem Ergebnis, dass sich sein schlechtes Gewissen

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