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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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– und zu Andrejs wilder Freude – halbwegs bei Bewusstsein.
    Mit einem Satz war Andrej bei ihm, riss ihn mit einer Hand in die Höhe und brach ihm mit der anderen das Ellbogengelenk.
    Mit einem schrillen Schmerzgeheul versuchte der Mann, mit der anderen Hand nach ihm zu schlagen, in blinder Agonie Kopf und Oberkörper hin und her werfend, während sich seine Beine nicht mehr bewegten. Andrej nahm einen schwächlichen Schlag gegen den Hals hin, packte auch noch den anderen Arm des Mannes und brach ihm das Schultergelenk.
    Dieses Mal brachte er nur noch ein von einem hellroten Sprühregen begleitetes gepeinigtes Keuchen zustande. Sein Schmerz war wie ein Schluck des köstlichsten Weins, den Andrej jemals getrunken hatte, und in diesem Schlauch war noch mehr, und er würde ihn bis zum letzten Tropfen leeren und ihn genießen, wie er niemals zuvor etwas genossen hatte.
    Endlich schleuderte Andrej den Mann mit einem Fußtritt auf den Rücken und rammte ihm die Stiefelspitze zwischen die Oberschenkel, doch diesmal wurde er um seinen Lohn betrogen. Das Gesicht des Mannes war eine einzige Grimasse unvorstellbarer Qual, doch es war nur der Schmerz, den er ihm bereits zugefügt hatte, nicht die neuerliche Pein. Das Geräusch, das er vorhin gehört hatte, hatte ihn nicht getäuscht. Alles, was sich unterhalb seines gebrochenen Rückens befand, war bereits tot und gefühllos.
    Die Erkenntnis machte Andrej nur noch zorniger. Dieser Mann schuldete ihm Schmerz, noch sehr viel mehr, als er zu geben bereit war, aber er würde diese Weigerung gewiss nicht einfach so hinnehmen, sondern ihn lehren, dass da noch so viel mehr war, was er sich nehmen konnte.
    Und sei es nur, um sich an dem Geräusch zersplitternder Knochen zu erfreuen, stieß Andrej den Absatz zweimal wuchtig auf die Knie des Mannes herunter, drehte ihn mit einem dritten und nicht minder grausamen Tritt in die Seite herum und spürte, wie schiere Todesangst den Schmerz in einem Körper verdrängte, dessen Fähigkeit, Pein zu empfinden, längst die Grenzen alles Vorstellbaren überschritten hatte und ausgebrannt war. Aber Furcht war vielleicht noch köstlicher als Pein, und ein Teil von ihm jubilierte in unerwarteter Vorfreude, als er sah, dass der Mann tatsächlich so stark war, wie er angenommen hatte, und vielleicht sogar noch stärker. Trotz allem, was er ihm angetan hatte, krallte er die blutigen Finger in den Boden und versuchte, sich von ihm wegzuziehen, jeder Zoll breit eine Qual, die neue Schauer eines düsteren Wohlbefindens durch Andrejs Körper jagte.
    »Andrej!«
    Diesmal war es nicht Ayla, die seinen Namen rief, sondern eine andere, dunklere Stimme. Er hatte das Gefühl, er müsste sie kennen, doch er tat es nicht.
    Ärgerlich über die Störung schob er den Gedanken beiseite und folgte dem davonkriechenden wimmernden Mann, gerade lange genug, um in ihm den ersten Funken verzweifelter Hoffnung zu entfachen, vielleicht doch noch irgendwie zu entkommen und sei es nur in die Umarmung eines gnädigen schnellen Todes.
    Andrej war nicht bereit, ihm diese Gnade zu gewähren. Nicht nach dem, was er Ayla hatte antun wollen. Nicht nach dem, was er ihm angetan hatte.
    Rings um ihn herum tobte noch immer ein wütendes Handgemenge, aber er beachtete es ebenso wenig wie die Stimme, die ein zweites Mal und noch drängender seinen Namen rief, sondern wartete, bis sich der sterbende Mann einen weiteren endlos quälenden Meter über den blutigen Stein gezogen hatte, um sich dann neben ihm auf die Knie fallen zu lassen, den Arm um seinen Hals zu schlingen und seinen Kopf in den Nacken zu reißen. Er spürte die wilde Hoffnung des Mannes auf barmherzige Dunkelheit und hielt ihn für die Dauer von drei, vier Herzschlägen genau so, denn wenn es überhaupt etwas gab, das noch süßer schmeckte als Pein, dann war es enttäuschtes Hoffen.
    Dann blendete er ihn mit Zeige- und Ringfinger seiner anderen Hand.
    Er hatte sich geirrt. Der Mann konnte noch Schmerz empfinden. Und er konnte auch noch schreien.
    »Andrej! Bei Allah, was tust du da?«
    Andrej achtete nicht auf Abu Duns fast angstvollen Schrei und zog ruhig die Finger aus der nassen Wärme, ohne den Mann dabei versehentlich zu töten.
    Noch nicht.
    Noch lange nicht.
    Er schuldete ihm noch mehr. So viel mehr.
    Schritte näherten sich, und jemand ergriff ihn am Arm und versuchte, ihn von seinem wehrlosen Opfer wegzureißen. Andrej schlug die Hand zur Seite, drehte sein wimmerndes Opfer mit einem brutalen Ruck wieder auf den

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