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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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ein, als die Entwarnung kam: Die Neue hatte in dem Ferienhaus nichts außer einem zerwühlten Bett vorgefunden. Es war nichts gestohlen worden, die Täter hatten den Ersatzschlüssel gefunden, er lag auf einer Kommode, von Einbruch konnte also keine Rede sein. Ich nahm Rokkos fünfzig Cent an mich und dachte über alternative Einnahmequellen nach: Straftaten begehen und dann mit Kollegen wetten, wer es gewesen war. He!
    Ich ließ Rokkos Münze auf meinen Fingern tanzen, checkte mein Handydisplay und dachte an ihr Lächeln. Ich konnte nichts gegen mein eigenes tun. Die Sache würde meinePhysiognomie noch dauerhaft verändern. Ich fühlte mich wie jemand, der jahrelang Tag für Tag durch Schlaglöcher gefahren war und sich plötzlich auf einer perfekten Straße befand. Ich glitt lächelnd dahin, die Straße verschwand am Horizont. Bloß, dass ich nicht wusste, wo sie hinführte. Ich musste irgendwie ans Lenkrad kommen.

    Insekten zerplatzten wie Wasserbomben an der Frontscheibe. Der Fahrtwind knallte durchs Beifahrerfenster und übertönte fast Lenny Kravitz, der uns schwor, dass er seiner Frau beistehen würde. Rokkos Englisch war so schlecht, dass ihm die Ironie entging. Der Tacho zeigte hundertvierzig. In den S-Kurven waren das sechzig zu viel. Die Kreuze am Wegesrand waren Zeugen, doch Rokko juckte das nicht. Er ritt alleine durch die Wüste. Umgeben von Feinden, die letzte Kugel im Colt.
    Als wir auf den Hof schlitterten, riet ich ihm mal wieder, sich mit Anita zu versöhnen. Er nannte mich einen hirnlosen Versager, der sich nicht in Dinge einmischen sollte, von denen er keine Ahnung hatte, Frauen zum Beispiel. Er schubste mich aus dem Wagen, und schon schoss der GT in einem Steinhagel vom Hof, obwohl keine Gefahr in Verzug war. Weit und breit war kein Hund zu sehen. Die einzigen Tiere auf dem Hof waren ein Riesenpulk Fliegen, die sich vor dem Fliegengitter des Küchenfensters tummelten. Ich sah mich noch mal um. Nichts. Es war das erste Mal seit Jahren, dass November mir nach der Arbeit nicht entgegenstürmte.
    Als ich die Küche betrat, unterbrachen zwei Frauen ihr Gespräch und schauten mich an. Nele saß auf einem Küchenstuhl und trug eine meiner Jeans sowie ein gelbes Top. Die Kombination, zu große Hose, enges Shirt, war nicht ohne. Mor lehnte mit verschränkten Armen am Herd. Sie steckte wieder in ihrem grünen Trainingsanzug. November lag auf seiner Decke und hatte alle viere von sich gestreckt.
    »Redet ihr über mich?«
    Niemand sprach. In der Luft hing eine dieser Pausen, die nur ernste Gespräche hervorrufen konnten. Ich ging zu Nele und küsste sie auf den Mund.
    »He, hat mich jemand vermisst?«
    Sie stöhnte.
    »Ich bin zu fertig, um zu vermissen.«
    Ich grinste breit.
    »Vom Laufen«, fügte sie hinzu. »Ich habe überall Muskelkater, sogar im Nacken.«
    »Ich könnte dich massieren.«
    Sie schloss kurz die Augen und gab ein leises Stöhnen von sich. Mor räusperte sich.
    »Tut einfach, als wär ich gar nicht da, ja?«
    Ich ging zu ihr, umarmte sie und hob sie hoch.
    »Gott verdammt! Wie viel wiegst du? Stell dir vor, du hättest noch beide Beine, dann könnte dich keiner tragen!«
    »Lass mich runter.«
    Ich stellte sie ab. Ich brauchte nicht in den Topf auf dem Herd zu schauen, um zu wissen, was drin war. Es gab Øllebrød . Biersuppe war eines von Mors dänischen Rezepten. In Dänemark, so viel hatte ich schon mitbekommen, konnte es nie schaden, Bier draufzuschreiben, wenn etwas verzehrt werden sollte.
    »Wie viele Pullen habt ihr da reingekippt?«
    Die beiden schauten mich bloß an.
    »Soso.« Ich warf einen Blick zu November, der ausgestreckt auf seiner Decke lag. »Und was ist mit dir? Seit wann kommst du mich nicht mehr begrüßen?«
    Er wedelte mit dem Schwanz, bewegte sich aber sonst keinen Millimeter. Vielleicht fächelte er sich bloß Luft zu. Ich ging rüber, hockte mich neben ihn und streichelte ihn hinter den seidigen Ohren. Er gab ein merkwürdiges Geräusch von sich, rollte sich auf den Rücken, knickte die Pfoten ab und streckte mir seinen Bauch entgegen. Ich kraulte ihnund fragte mich, mit wem er sich austobte. Es gab zwar ein paar Hündinnen in der Gegend, aber ich hatte ihn noch nie bei irgendwas ertappt. Kaninchen? Vielleicht bezahlten sie ihn mit Sex, damit er sie in den Garten ließ. Vielleicht gab es da eine besondere Kaninchendame, die sich auf Hunde spezialisiert hatte. Das Callnickel. Vielleicht war sie eine weltbekannte Kaninchenmärtyrerin, die sich für ihr Volk

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