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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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opferte. Vielleicht sollte ich mal wieder eine Nacht durchschlafen.
    »Also, worüber habt ihr geredet?«
    Nele schloss die Augen und ließ ihren Kopf kreisen, um ihre Nackenmuskulatur zu lockern. Ich sah Mor an. Sie rührte im Topf.
    »Super. Stört es euch, wenn ich dusche? Nein? Toll.«
    Ich marschierte zur Treppe und warf Nele im Vorbeigehen ein strahlendes Lächeln zu. Es war mir ein Rätsel, wie sie sich noch auf dem Stuhl halten konnte. Als ich die Stufen hochlief, wurde hinter mir getuschelt. Damit konnte ich leben. Mir gefiel der Gedanke, dass Mor Nele aushorchte. Es ging nichts über einen unverdächtigen Spitzel.

    Als ich geduscht wieder herunterkam, war der Küchentisch gedeckt, und das Radio lief. Amy Winehouse fragte, ob ich sie morgen noch lieben würde. Was sie anging, wusste ich es nicht. Bei allen Anwesenden war ich mir ziemlich sicher. »Warum essen wir nicht im Garten?«
    »Zu heiß«, sagte Mor und holte einen Weißwein aus dem Kühlschrank.
    »Ach was, ist doch ein herrlicher Sommertag. Außerdem leben wir in einer Demokratie, wir könnten dich überstimmen.«
    Sie verpasste mir einen Blick.
    »Wieso setzt du dich nicht still hin? Dann kriegst du auch was zu essen.«
    »Jawoll.«
    Ich setzte mich neben Nele und hielt die Klappe. Allerdings schob ich ihr unter dem Küchentisch eine Hand auf ihren Schenkel. Mor tat, als würde sie nichts mitkriegen. November gab ein lang gezogenes Seufzen von sich. Nele schaute zu ihm rüber.
    »Da ist noch einer erledigt.«
    »Ist eben ein Unterschied, ob man die ganze Nacht herumtobt oder neben einem lahmen Rollstuhl herrennt«, sagte Mor.
    Aber nicht mehr lange. Ich musste Rokko dringend nach der Höchstgeschwindigkeit unseres Geburtstagsgeschenks fragen. Meine war eindeutig zu hoch. Als ich Neles Innenschenkel berührte, legte sie ihre Hand auf meine und zog sie zu ihrem Knie.
    Während des Essens gähnten wir abwechselnd, bis Mor angesteckt wurde. Wir bekamen eine sagenhafte Gähnserie hin und saßen Fratzen schneidend da, sogar November schloss sich uns an. Die Geräusche, die er dabei machte, hielten dem Moment den Spiegel vor. Mor warf ihm ein Stück Brot zu, das er, plötzlich hellwach, aus der Luft schnappte.
    »He«, sagte ich. »Hat’s nicht lange genug gedauert, ihm das Tischbetteln abzugewöhnen?«
    »Jaja«, winkte Mor ab. »Manchmal muss man es sich doch einfach gut gehen lassen, oder?«
    Sie senkte ihren Kopf, hob die Augenbrauen und sah uns an. Nele schlug aufs Süßeste die Augen nieder. Ich schaufelte Øllebrød in mich hinein und machte mir so meine Gedanken. Würde ich Mor je aus Liebe so lächeln sehen? Alle hatten Angst vor Behinderten, aber ihr fehlte bloß ein Bein. Humor, Verstand und Lebensfreude hatte sie bei dem Unfall nicht verloren. Früher hätten die Männer Schlange gestanden, um sie kennenzulernen, und jetzt, wo es leicht war, wollte keiner mehr. Wegen eines fehlenden Beins. Würde ich Nele auch dann noch lieben, wenn sie nur einBein hätte? Blöde Frage. Aber ich hatte sie ja auch schon vorher gekannt.
    Vielleicht war das das Problem, vielleicht sahen die Männer Mor nicht mehr als Frau, sondern nur als Krüppel. Sie wussten nicht, was sie verpassten. Vielleicht war es gar nicht schlecht, dass Rokko sämtliche Kontaktbörsen der Gegend kannte. Vielleicht sollte ich eine Annonce für sie aufgeben. Einbeinige sucht Mann, um im Leben wieder Fuß zu fassen. Kein B und B! Bart und Bein! Jemand lachte leise. Beide schauten mich an. Ach so. Ich senkte meinen Blick auf den Teller und versuchte, mich zusammenzureißen. Keine Chance. Nie war Biersuppe breiter angegrinst worden.

    Nach dem Essen räumte ich den Tisch ab und machte Kaffee. Nele schnappte sich eine von Mors Sonnenbrillen und ging steif beinig vor die Tür, um sich die Muskulatur zu lockern. Kaum war sie aus der Tür, folgte November ihr wie ein Schatten. Man hätte eifersüchtig werden können.
    »Habt ihr vorhin über Hans geredet?«
    Mor nickte.
    »Ich ahnte, dass es ihm schlecht ging, aber …« Sie seufzte. »Ich dachte immer, wir sehen uns noch mal.«
    »Du hast ihn doch zweimal besucht.«
    Sie nickte bloß.
    »Worüber habt ihr euch noch so unterhalten?«
    »Frauenkram.«
    »Ah.« Ich beobachtete Nele durch das Küchenfenster. Sie ging den Hügel hoch. Sah aus, als würde sie die Villa ansteuern. »Frauenkram oder Frauenmannkram?«
    »Was ist eigentlich mit dieser Bande? Muss ich mir Sorgen machen?«
    »Also Frauenmannkram.«
    »Was ist denn nun mit der

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