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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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und schaukelten sich immer höher, sogar November wurde von ihrer Euphorie angesteckt. Er tigerte durch die Küche auf der Suche nach dem Ursprung dieser Energie und fand erst wieder zu sich, als mir eine Ladung Rührei von der Gabel rutschte.
    Während die beiden sich fröhlich Rezepte und Festideen um die Ohren trällerten, beglückwünschte ich mich zu meiner Idee. Auch die Band war kein Problem. Ich machte mir nichts vor: In meinem Zustand war Rokko kein Gegner.
    Ich schnappte mir mein Handy und ging vor die Tür. Anita war chronische Frühaufsteherin, eine Angewohnheit, der sie ihre permanenten Augenringe zu verdanken hatte. Sie ging beim dritten Klingelton ran.
    »Hui«, lachte sie. »Schon wach?«
    »Ja, trotz deiner Scheißtequila! Ich hab die halbe Nacht gekotzt!«
    Sie lachte wieder.
    »Du trinkst wie ein Mädchen.«
    »Und du säufst wie ein Kerl.«
    »Hab gestern keinen Tropfen getrunken.«
    »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    »Warst halt blau, richtig? Aber du rufst sicher nicht um diese Uhrzeit an, um mit mir über deine Trinkgewohnheiten zu plaudern – ein Wunder, dass du überhaupt schon wieder sprechen kannst.«
    Sie kicherte hämisch.
    »Wir machen ein Fest für Mor, oben in der Villa, und stecken hier mitten in den Vorbereitungen, und da dachte ich, vielleicht opferst du deinen freien Tag und machst mal was Nützliches. Wir könnten deine Hilfe beim Ausmisten gebrauchen.«
    »Hab ich Nele gestern versprochen.«
    »Ich meine, jetzt gleich.«
    »Jetzt?«
    »Ja.«
    Es blieb einen Augenblick still im Hörer.
    »Ist Rokko auch da?«
    »Die Lusche? Glaubst doch nicht, dass er sein Wochenende für Arbeit hergibt.«
    »Da ist was dran.«
    Sie drückte mir noch einen Spruch über meine alkoholischen Nehmerqualitäten rein, dann trennten wir uns telefonisch. Ich wählte die nächste Nummer. Es klingelte, bis die Mailbox anging.
    »Na, liegst du wieder mit einem Haufen Bauarbeitern im Bett? Stehst auf behaarte Brüste, hm? Tjaja.« Ich unterbrach und wählte noch mal. Wieder klingelte es durch, die Mailbox sprang an. »Du weißt ja, Schwule können heiraten. Also, falls du und Schröder, falls ihr ’nen Trauzeugen braucht … ruft mich bitte nicht an.« Ich lachte und unterbrach. Musste der Restalkohol sein.
    Als ich wieder anrief, ging er beim zweiten Klingeln ran.
    »Sag mal, hast du deinen beschissenen Verstand verloren? Leg dich wieder hin, es ist Samstag!«
    Er legte auf. Ich wählte seine Nummer noch einmal. Beim fünften Klingeln ging er ran und klang richtig genervt.
    »Dicker, ich kann nur hoffen, dass es wichtig ist!«
    »Wir bringen die Band wieder zusammen.«
    »Die Band …«, stieß er verächtlich aus. »Drehst du jetzt durch, oder was?«
    »Vielleicht, aber scheiß drauf. Wird Zeit, dass du nicht mehr der einzige Spinner hier bist. Es dreht sich um Mors Geburtstagsgeschenk. Sie hat sich das zum Sechzigsten gewünscht.«
    »Verscheißerst du mich?«
    »Nein, im Ernst, Geburtstag. Weißt du, die Tage, wo du in deiner Kotze aufwachst und nicht mehr weißt, wie du heißt. Mor will lieber ein Gartenfest, und dort sollen wir auftreten.«
    Er schien drüber nachzudenken. Vielleicht, weil er Mor keinen Wunsch abschlagen wollte. Vielleicht fiel ihm auch ein, dass so ein Revival eine gute Möglichkeit war, sich mit der Bassistin zu versöhnen, doch er sagte nichts. Er war wie eine Fernbedienung mit alten Batterien. Man musste ihn zwischendurch mal rütteln, damit alles funktionierte.
    »Wäre eine Möglichkeit, dich mit Anita zu versöhnen«, half ich nach.
    »Ich überleg’s mir.«
    »Ach, ja? Dann überleg dir auch gleich das hier …« Ich ging ein paar Schritte vom Haus weg, legte meine Hand um die Ohrmuschel und schrie in den Hörer: »SIE VERLÄSST DICH!«
    Als er wieder sprach, klang er zumindest ein bisschen aufgerüttelt.
    »Hat sie das gesagt?«
    »Das brauchte sie nicht zu sagen. Hör zu, ich hab gestern Abend mit ihr gesprochen. Sie wirkt nachdenklich.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Nichts.«
    »Mann, jetzt reicht es aber!«
    »Nein, wirklich, nichts ! Sie will nicht darüber reden.Verstehst du? Sie ist eine Frau, die nicht mehr über ihre Beziehung reden will. Kapierst du, was ich sage? Dringt es zu dir durch? Eine Frau, die nicht über ihre Gefühle redet. Hallo!!«
    Es schien zu ihm durchzudringen, denn als ich ihm verriet, dass wir alle Neles Villa renovieren und auf seine Hilfe zählen würden, flippte er kaum aus, und letztlich versprach er, irgendwie vorbeizuschauen. Ich ließ das

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