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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Flohmarkt verkaufen«, schlug Anita vor.
    Ich sah sie an, tippte mir an die Stirn und folgte Nele. Sie schaute mal hier in eine Tüte, mal da in eine Kiste. Nach einer halben Runde hatte sie genug gesehen.
    »Ich behalte alle Fotos. Das andere kann weg.«
    »Alles?«
    Sie nickte und ging die Treppe runter. Ich folgte ihr.
    »Süße, ich find’s ja gut, dass du ausmisten willst, aber wenn die Sachen erst mal weg sind, sind sie für immer weg. Du solltest alles noch mal in Ruhe durchgehen, wer weiß, vielleicht ist da was Wichtiges dabei.«
    »Oder was Wertvolles«, sagte Anita.
    »Genau. Hans hing doch ständig über dieser Münzsammlung, weißt du noch? Die muss einiges wert sein.«
    »Die wird er doch verkauft haben.«
    »Und wenn nicht? Dann liegt sie hier noch irgendwo.«
    »Vielleicht ist der andere Kram auch was wert«, gab Anita ihren Senf dazu. »Ich kenne da jemanden, der Nachlässe auflöst, ich könnte ihn fragen.«
    Nele sah unentschlossen aus.
    »Meint ihr? Das dauert doch ewig …«
    Ich sah Anita an. Sie zückte ansatzlos ihr Handy und rief ihren Freund an. Er versprach ihr, gleich am nächsten Tag vorbeizukommen und sich die Sache anzuschauen. Ich dachte darüber nach, dass Anita die Nummer von einem Mann eingespeichert hatte, den ich nicht kannte, und was Rokko wohl davon halten würde.
    Wir bestellten zwei Container und zogen in die Schlacht. Zuerst nahmen wir uns das Wohnzimmer vor. Diegroßen Möbel räumten wir in die Mitte des Raumes, wo man sie besser zerlegen konnte. Hinter der Couch fand ich alte Jointstummel und ein leeres, vielsagendes Briefchen. Als alle Möbel auf einem Haufen versammelt waren, holte ich die Motorsäge. Die Mädchen wünschten mir Glück und zogen in die Küche. Ich warf die Motorsäge an, und die Hölle brach los. Die Ratten stoben aus allen Löchern und verließen das stinkende Schiff. Aus Kisten, Kleidersäcken, Schränken, sogar aus der Couch sprangen mir welche entgegen. Ein paar flüchteten in die Küche, was dort wildes Gekreische auslöste, doch die meisten verschwanden durch den Flur nach draußen, wo sie vermutlich auf November trafen, denn eine kam sogar wieder rein und wirkte reichlich gestresst. Sah lustig aus, wie sie auf der Stelle wieder kehrtmachte, als ich die Säge ansetzte. Sie verschwand erneut nach draußen und ward nie wieder gesehen.
    Ich platzierte den ersten Schnitt in der Couch, und sie gab freiwillig den Geist auf. Als das Teil in handlichen Stücken vor mir lag, nahm ich mir den Couchtisch vor. Er beschoss mich mit Spänen, doch ich ließ mich nicht einschüchtern. Danach kamen die Sessel dran.
    Von Zeit zu Zeit ließ ich die Motorsäge sinken, um mir den Schweiß von der Stirn zu wischen, jedes Mal hörte ich die beiden in der Küche plaudern oder lachen. Draußen hatte die Sonne endgültig die Regie übernommen, und durch die offenen Fenster strömte die heiße Luft. Die Säge wog nur fünf Kilo, aber schon nach dem Einbauschrank begannen meine Arme zu zittern. Ich machte Pause und trank einen Schluck Wasser. In der Küche war immer noch gute Stimmung.
    »He, hört mal! Kommt jetzt besser nicht rein! Es könnte gefährlich werden!«
    Die Mädchen riefen zurück, ich solle mir nichts abschneiden, man wüsste ja nie, wann man so etwas wieder gebrauchen könnte. Sie lachten.
    Ich packte die Säge und ging ins Schlafzimmer. Diesmal war ich schlau genug, die Tür hinter mir zu schließen. Dabei entdeckte ich ein Bild, das ich zuvor übersehen hatte. Es zeigte Neles Eltern im Urlaub am Strand. Neles Mutter war eine wunderschöne Frau gewesen, eine kleine, ruhige Französin, die schlecht Deutsch sprach und immer ein Lächeln auf den Lippen hatte.
    Ich legte das Bild in den Karton, riss die Matratze vom Bett und warf die Motorsäge an. Es dauerte nicht lange. Es folgten der Nachttisch, ein Regal, der Kleiderschrank, und nicht mal vor dem hölzernen Wäschekorb machte ich halt. Als im Schlafzimmer nichts mehr heile war, ließ ich die Säge sinken. Meine Arme zitterten bedenklich, dennoch schaute ich mich befriedigt um. Ich hatte ganz vergessen, wie gut körperliche Arbeit tat.
    Ich packte die Säge und ging in die Küche. Die Abstellfläche auf der Küchenzeile war frei, das schmutzige Geschirr darauf war ebenso verschwunden wie die Mädchen.
    »Wo seid ihr?!«
    »Oben! Wir gucken die Sachen durch«, hörte ich Neles Stimme. »Wir haben die Münzen gefunden!«
    »Gut! Bleibt jetzt besser aus der Küche weg!«
    Ich trat zur Küchenzeile, wischte eine

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