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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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abgehängt und in einem Karton verstaut. Ich stellte ihn in die Ecke hinter dem Bett und ging nach draußen, um Anita zu begrüßen. Die Mädchen standen vor dem Haus. Auf Anitas Motorradsattel lagen ein Helm und eine Lederjacke. Anita stand da und lächelte mir entgegen. Sie trug Jeans, Turnschuhe und ein enges blaues T-Shirt. Die Haare hatte sie sich hochgesteckt, aus ihrer Gesäßtasche schauten ein paar Lederhandschuhe hervor. Sie trug wie immer Ringe unter den Augen und sah so sexy aus, dass ich lachen musste. Rokko war ein Vollidiot, dass er diese Sache offenließ.
    Die beiden scherzten über meine gestrige Auszeit, und während wir durchs Haus gingen, wiederholten sie ein paar meiner nächtlichen Kernaussagen, die ich so bestimmtnicht von mir gegeben hatte. Aber wer war ich, lachende Mädchen zu unterbrechen. Schließlich landeten wir im oberen Stockwerk und blieben vor Neles Kinderzimmer stehen. Nele hielt sich gut, vielleicht auch wegen der Musik. Anita hatte einen Gettoblaster mitgebracht. Ich fragte mich, wieso ich nicht auf diese Idee gekommen war. Die Fantastischen Vier knallten durchs Haus und ließen sich von gar nichts einschüchtern. Ein fetter Beat, eine Band, die abgeht, das waren harte Gegner für jede Erinnerung, sogar die Ratten gaben auf. Die Mädchen kreischten, wenn mal wieder etwas Pelziges um die Ecke strich und zur Treppe flitzte, und ich musste an mich halten, um nicht mitzuschreien, als wir die Tür öffneten und Neles altes Zimmer betraten. Das Zimmer war bis unter die Decke mit Plunder vollgestopft. Alte Verpackungen, Möbel, Umzugskartons, zusammengerollte Teppiche, ein altes Fahrrad und dutzende Kisten mit Schallplatten und VHS-Kassetten.
    Ich drängelte mich durch Kartons und Kleidersäcke und ineinander verkantete Möbel. Staubwolken wirbelten durch die Luft. Ich musste niesen, erreichte die andere Wand und stieß das Fenster auf. Mit dem Tageslicht kamen die Metallicfarben besser zur Geltung. Getto Gangsta hatte sich auch hier oben ausgetobt.
    »Was für ein Chaos«, sagte Anita.
    Nele stöberte herum. Wir sahen zu, wie sie mal hier eine Schublade aufzog, mal dort ein Buch aus dem Regal nahm. Dann plötzlich drehte sie sich um und ging wortlos hinaus. Anita sah mich an. Ich sah sie an. Dann folgten wir Nele in den Flur. Sie stand vor der letzten Tür, dem Aufgang zum Dachboden.
    »Bereit für das Finale?«
    »Und los«, sagte Anita.
    Nele stieß die Tür auf, und während wir versuchten, unsere Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, kam der Gestank. Kein Gestank, wie er uns unten begegnet war, sondernein schleichender, fieser, den man erst nicht roch, dann nicht glauben konnte und schließlich nie mehr vergaß. Es stank, als hätte jemand im vorletzten Sommer fünftausend Cheeseburger liegen lassen.
    Anita hielt sich die Nase zu.
    »Jesus Maria!«
    Nele lugte mit zusammengekniffenen Augen in den dunklen Raum.
    »Vielleicht hat er hier oben Rattengift ausgelegt. Die toten sind dann liegen geblieben.«
    »Die, die nicht von ihren Verwandten verspeist wurden«, ergänzte ich. »Mann, wie groß müssen die Überlebenden heute wohl – AHHH!«
    Ich sprang zur Seite. Nele war das kaum einen Seitenblick wert, aber Anita kreischte und hüpfte mehrere Schritte zurück, während ihre Augen über den Boden flitzten. Dann sah sie mein Grinsen und drohte mir mit der Faust.
    »Du Arsch!«
    »Lallende Typen abfüllen, aber vor Ratten Angst haben.«
    »Die Viecher sind ekelhaft!«
    Mir lag ein Witz über Rokkos Sexualpraktiken auf der Zunge, aber ich riss mich zusammen und linste in den Raum. Die Kids hatten auch hier mit Farbe gespielt, und auch dieser Raum war vollgestellt. Kartons, Kartons und noch mehr Kartons, diesmal vor allem mit Büchern. Es lagen jede Menge blaue Altkleidersäcke und Magazinstapel herum. Einen davon identifizierte ich als die gesammelten Jahrgänge von Spiegel und Stern . In einer Ecke lag eine Schachtel, die verdächtig nach Rattengift aussah. Wie aufs Stichwort kam November die Treppe hochgetapst und sah sich tatendurstig um. Ich schickte ihn wieder die Treppe runter.
    »Was soll ich bloß mit dem ganzen Kram machen?«, fragte Nele und sah in die Runde.
    »Sprengen?«
    Die Mädchen warfen mir einen Blick zu. Ich hob die Hände. »Wollte nur helfen.«
    »Jetzt schau dir das an …« Nele ging ein paar Schritte in den Raum und besah sich ein Kinderfahrrad. »Mein erstes Rad. Nicht zu fassen … Papa hat wirklich alles aufgehoben.«
    »Wir könnten die Sachen auf dem

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