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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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frischen Flasche zu mir rüber. Jedes Mal bekam ich einen Kuss. Es hatte einen gewissen Suchtfaktor.
    Zwischen Die kleine Straße und Wärst du doch in Düsseldorf geblieben setzte Anita sich zu mir, und so erfuhr ich, dass Rokko Hausverbot hatte. Sie kleidete das nicht weiter aus, aber so hatte ich sie noch nie erlebt. Mir wurde klar, dass ich Rokko den Ernst der Lage begreiflich machen musste. Manche Frauen gab es nur einmal. Niemand wusste das besser als ich.
    Aus Abend wurde Nacht, aus Nacht Zustand. Neles Euphorie war ansteckend. So, wie ein Mann bisweilen eine durchsoffene Nacht brauchte, um die Dinge im rechten Licht zu sehen, schien ein Mädchen manchmal dieGesellschaft eines anderen Mädchens zu benötigen, um sich zu regenerieren. In dieser Nacht bekamen wir beide, was wir brauchten.

    Ich flog über grüne Landschaften und sah auf unseren Hof hinunter. Mor saß im Garten und las ein Buch. Ich winkte, als ich über sie hinwegschwebte, sie winkte zurück. Ich flog immer höher. Mit meinen Gedanken konnte ich alles steuern. Vögel zogen an mir vorbei. Wir grüßten uns. Ich kam so hoch, dass das Blaue ins Schwarze überging und ich die ganze Erde überblicken konnte. Als ich mich fragte, wie ich hier oben atmen konnte, wurde ich wach. Ich blieb mit geschlossenen Augen liegen und versuchte, wieder einzuschlafen. Seit Jahrzehnten war ich nicht mehr geflogen und jetzt schon das zweite Mal innerhalb von nur zwei Nächten. Ich wollte weiterfliegen, aber der Traum zog sich zurück wie ein Wurmloch.
    Ich schlug die Augen auf. Im Zimmer war es dunkel, und ich lag alleine im Bett. Nele saß am Fenster. Sie war nackt, im Mondlicht wirkte sie wie eine griechische Statue. Im selben Moment brach eine Welle der Übelkeit über mich herein. Obwohl ich keinen Schnaps vertrug, hatte ich mich von Anita breitschlagen lassen und am Ende ein paar Tequila mit ihr getrunken.
    Nele drehte mir ihr Gesicht zu.
    »Bist du wach?«, flüsterte sie.
    »Nicht wirklich.«
    »Du hast gelacht.«
    »Hab geträumt, dass ich fliege.«
    »Ach, wie schön.« Sie stand auf, kam zum Bett und legte sich neben mich. »Leih mir einen Traum«, flüsterte sie und schob ihre Hand in meine.
    Ich wollte etwas sagen. Mir fiel nichts ein. Mein Schädel hämmerte, und mein Magen drehte sich.
    Nele schob mir ihre Ferse zwischen die Waden. Ich bliebregungslos liegen und versuchte, die Übelkeit wegzuatmen. Neles Atemzüge wurden tiefer, und ich wurde richtig wach. Ich rollte mich vorsichtig aus dem Bett. Als ich Neles Hand losließ, öffnete sie ein verschlafenes Auge.
    »Geh nicht weg.«
    »Ich glaube, ich muss kotzen.«
    Das änderte die Sache. Sie schloss das Auge. Ich ging ins Bad und brauchte ewig, bis ich Aspirin fand. Während die Tabletten sich auflösten, nutzte ich die Gelegenheit, mir die Zähne zu putzen. Als ich aus dem Bad zurückkam, fühlte ich mich ein bisschen besser.
    Nele hatte die fünf Minuten genutzt, um das ganze Bett einzunehmen. Sie hatte Kissen und Laken erobert und an einer Ecke das Laken von der Matratze gezogen. Ich legte mich neben sie und lauschte ihren Atemzügen. Sie zuckte, drehte sich und stöhnte. Manchmal erwischte mich eine Hand oder ein Fuß. Der Traumverleih schien nicht geklappt zu haben, aber ich ließ mich nicht einschüchtern. Es hieß, die alltagsfähige Liebe beweise sich in Kleinigkeiten. Ich hatte ihre furchtbare Art zu schlafen vermisst.
    »Flieg, Süße, flieg«, flüsterte ich.
    Die Nacht verstarb vor meinen Augen. Ich sah das Morgengrauen, ohne es gebührend wahrzunehmen. Der Augenblick beschenkte mich mit merkwürdigen Ideen, und als die Hähne auf den Feldern krähten, hatte ich einen Plan.

sieben
    Nach einer durchsoffenen Nacht aufzustehen war eines dieser Dinge, mit denen ich mich früher leichter getan hatte. Ich wollte mir das Kissen aufs Gesicht drücken, aber so ist das manchmal: Hatte man kein Mädchen, gab es keinen Grund, im Bett zu bleiben, und hatte man dann endlich eins, gab es einen aufzustehen.
    Neles Nasenflügel reagierten auf den Kaffee wie Plutos Nüstern in einem Zeichentrickfilm. Als sie die Augen aufschlug, war ihr Blick verschleiert, als käme sie von weit her zurück. Ich brauchte sie nicht zu fragen, wie sie geschlafen hatte.
    »Guten Morgen.«
    »Morgen«, murmelte sie.
    Ich wartete, bis sie sich aufgerichtet, ein Kissen in den Rücken gestopft und die Tasse angenommen hatte, bevor ich das Geheimnis lüftete.
    »Ich hab ’ne Idee.«
    Sie hielt die Tasse in beiden Händen und

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