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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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breitschlagen und nahm Wünsche entgegen. Halt dich an deiner Liebe fest … Wir sangen den Horizont in Brand. Ich fühlte mich glücklich und satt. Gelächter und Gesang erhoben sich in die Dämmerung. Mein Leben hatte sich ewig nicht mehr so voll angefühlt. Ich legte den Kopf in den Nacken und lächelte. Liebe umhüllte mich wie ein Kokon. Als ich die Augen schloss, erreichte ich Nirwana.

sechs
    Die Morgendämmerung kroch über den Fußboden und erreichte das Bett. Neles Kopf lag auf meinem Arm. Ihr Gesicht war entspannt, ihr Mund leicht geöffnet. Wenn mich jemand in diesem Moment nach meinem größten Wunsch gefragt hätte, dann wäre es der, noch zehntausendmal neben ihr aufzuwachen. Sofort meldeten sich wieder die Stimmen in meinem Kopf. Ich zog meinen Arm vorsichtig unter ihrem Kopf hervor, rutschte zur Bettkante, schwang die Beine aus dem Bett und versuchte, nicht zu ächzen. Ich hatte gedacht, in Form zu sein, aber meine Schultern und Arme widersprachen dem eindringlich.
    Mit einem Kaffee in der Hand trat ich in den Garten und kniff die Augen gegen die morgendliche Helligkeit zusammen. Über den Feldern kündigte sich ein weiterer Saunatag an, aber noch war es lau und still, und die Luft schmeckte wie Wein. Ich warf ein Auge auf den Gemüsegarten. Der Zaun hatte dem nächtlichen Ansturm der Karnickeltruppen nicht nachgegeben. Sie saßen frustriert auf den Wiesen herum und behielten mich im Auge. Vielleicht hielten sie Ausschau nach Freunden, aber November war noch nicht auf den Beinen, obwohl er mich gehört haben musste. Die Veränderungen gingen auch an ihm nicht spurlos vorbei.
    Ich trank noch einen Schluck und atmete tief durch. Diese frühen Morgenstunden – ob Stadtbewohner die auch so liebten? Standen auch in den Metropolen dieser Welt Menschen mit Kaffeetassen herum und witterten in den Tag?Vielleicht gab es solche Oasen überall auf der Welt? Vielleicht gab es da draußen Orte, die diesem mehr als gerecht wurden. Vielleicht gab es Marsmenschen.
    Tapsende Schritte. November kam aus dem Haus getrottet und schaute sich gähnend um. Seine Zunge ragte steif aus dem Maul, nur die Spitze zitterte wie ein Technowurm. Er kam zu mir rüber, lehnte sich gegen meine Beine und schleckte meine Knie. Ich streichelte ihn zwischen den Seidenohren.
    »Na, gut geschlafen?«
    Er gähnte wieder. Ich trank noch einen Schluck. Als ich mir vorstellte, morgens ohne Mor und November aufzuwachen, setzte mein Herz einen Schlag aus. November schien etwas zu spüren und verpasste mir noch einen Knieschleck. Ich streichelte ihn weiter, trank Kaffee und hörte den Stimmen zu. Was hätte ich dafür gegeben, wieder zu Nele unter die Decke zu gleiten und ihre Ferse zwischen meine Waden zu nehmen, aber Dienstag war schon übermorgen. Es wurde Zeit, in die Gänge zu kommen. Heute würde ich den Mottek auspacken.

    Die Haustür schwang auf, und November schoss wie eine Rakete in den Flur. Ich rief ihn zurück und erklärte ihm die Situation. Er trottete beleidigt wieder nach draußen. Ich machte einen Rundgang und stieß alle Fenster auf. Dann packte ich den Vorschlaghammer aus und legte los. Mit schönem Hüftschwung riss ich das zehn Kilo schwere Ding herum und ließ es in die ungeschützte Flanke der Küchenwand krachen. Der Kopf vergrub sich fünf Zentimeter tief, Splitter flogen, Gips staubte. Ich stemmte meine Beine in den Boden, holte aus und schlug wieder zu. Mit jedem Schlag erzeugte ich faustgroße Löcher. Ein Splitter erwischte mich an der Hand. Das erste Blut floss. Ich machte weiter. Schon bald war ich durchgeschwitzt, und der feine Staub ließ mich husten. Völliger Blödsinn, so etwas imHochsommer zu tun. Außer natürlich, man war verliebt. Ich grinste die Wand an und verpasste ihr das nächste Loch.
    Eine kleine Stunde später war die Küchenwand zur Hälfte eingeebnet. Ich goss mir einen Liter Mineralwasser über den Oberkörper und kam mir vor wie eingegipst. Der Gipsstaub hatte sich in jede Pore gesetzt und sich dort mit Schweiß und Blut vereinigt, aber die Sache hatte sich jetzt schon gelohnt: Durch das Küchenfenster fielen erste Sonnenstrahlen ins Wohnzimmer und warfen ein neues Licht auf die Sache. Es würde ein Traumraum werden.
    Ich begutachtete gerade einen leicht gequetschten Daumen, als Nele hereinkam. Sie trug Arbeitskleidung, Schlaf in den Augen, eine Kaffeetasse in der Hand und sah zum Anbeißen süß aus. Sie drückte mir einen warmen, weichen Kaffeekuss auf den Mund.
    »Gut geschlafen?«
    »Ja. Und

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