Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
Vom Netzwerk:
ist da eben passiert?«
    »Ich hab mein T-Shirt ausgezogen? Achtung, gleich ziehe ich die Hose aus, pass auf … jetzt!« Sie warf die Hose auf das Shirt und breitete die Arme vor mir aus. »Dadahhh.«
    Als sie mein Gesicht sah, verblasste ihr Lächeln. Sie kam näher, legte ihre Hände auf meine Schultern und sah mich bekümmert an.
    »Was ist mit dir? Hast du einen Geist gesehen?«
    »Was haben wir heute Abend gemacht? Ich war laufen, du bist mit Mor, Rokko und Anita hiergeblieben. Was passierte dann?«
    Sie blinzelte ein paarmal und leckte sich über die Lippen. »Du willst es wirklich wissen?«
    »Ja.«
    Sie dachte nach.
    »Rokko und Anita fuhren nach Hause. Ich glaube, heute versöhnen sie sich endlich.« Sie lächelte. »Als sie weg waren, hab ich mich mit Mor vor die Kiste gesetzt und ein paar Wein getrunken.«
    »Du warst nicht mehr draußen?«
    Sie kniff die Augen zusammen und schien wirklich darüber nachzudenken.
    »Doch, klar, ich bin mal in den Garten gegangen, um Luft zu schnappen. Sagst du mir jetzt, was los ist?«
    »Jemand hat das Licht in der Villa angelassen.«
    Sie schaute überrascht drein und musste dann lachen.
    »Und deswegen der Aufstand?« Sie umarmte mich. »Auf die paar Cent kommt es nicht mehr an, ich bin eh völlig pleite.« Sie begann, an meinem Shirt zu ziehen, und funkelte mich an. »Also, was ist? Baden und massieren?«
    Ich hielt ihre Hände fest.
    »Du weißt nicht, dass du eben völlig weggetreten warst?« Sie musterte mich verwirrt.
    »Wieso denn weggetreten?«
    »Ich hab dich vor fünfzehn Minuten oben in der Villa gefunden. Du lagst auf dem Boden und warst nicht ansprechbar. Deswegen hab ich dich hergetragen.«
    Sie suchte mein Gesicht nach einem Anzeichen ab, dass ich scherzte.
    »Paul …«
    »Ich wollte gerade einen Arzt rufen.«
    Ihr Lächeln verblasste endgültig. Sie zog ihre Schultern hoch.
    »Ich weiß nur noch, dass … genau!« Sie kniff die Augen zusammen. »Ich bin hochgegangen, um das Licht auszuschalten und dann …« Sie dachte einen Moment nach, dann zog sie ihre Schultern wieder hoch. »Ich weiß nicht … Ich lag auf dem Boden?«
    »Ja. Wie fühlst du dich? Ist dir schlecht? Hast du irgendwelche Schmerzen?«
    »Nein, ich bin nur total müde. Kann sein, dass es die letzte Zeit ein bisschen zu viel war.« Sie sah an mir vorbei und nickte langsam. »Die letzten Wochen mit Papa und … alles. Jetzt wieder hier zu sein, nach all der Zeit, die Villa, Papa, Mama, mein altes Leben. Mor, November …« Sie sah mich an. »Du.«
    Sie streckte ihre Hand aus. Ich steckte meine Finger zwischen ihre. Sie sah wieder an mir vorbei, ihre Schultern hoben sich, als sie tief einatmete.
    »Ich habe mich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt,gleichzeitig fühle ich mich … seltsam. Ich bin traurig und glücklich und dankbar und wütend und manchmal alles auf einmal. Und ich denke viel an früher.« Sie sah mir in die Augen und drückte meine Hand. »Und an später …«
    Ich versuchte erst gar nicht, cool rüberzukommen.
    »Ach, wirklich?«
    Wir musterten uns einen Augenblick, und plötzlich lag Scheu in ihren Augen.
    »Ich hätte gerne …«
    Sie verstummte und heftete ihren Blick auf mein Kinn.
    »Hm?«
    Sie zupfte an meinem Shirt, ohne mich anzusehen. So verlegen war sie schon als Teenager gewesen, wenn sie mich nach einem pubertären Streit gefragt hatte, ob ich wieder mit ihr gehen will. Nur, dass sie nicht mit mir, sondern ich mit ihr gehen sollte.
    »Du willst, dass ich mich ausziehe, damit du alles Mögliche an mir massieren kannst?«
    Ein kleines Lächeln erschien um ihren Mund. Sie zupfte diesmal energischer an meinem Shirt.
    »Ja, wenn der Dorf bulle sich endlich auszieht, kann das Model ihn ein bisschen verwöhnen. Da freut es sich schon den ganzen Tag drauf.«
    »Dann«, sagte ich, »will ich mal nicht so sein …«
    Wir zogen mich aus. Dann rutschten wir zusammen in das heiße Badewasser. Während ich mich entspannte, massierte sie meine Füße. Ich machte mir so meine Gedanken und behielt sie im Auge, doch bald taten das heiße Wasser und ihre Hände ihre Wirkung. Ich vergaß alle Welten außerhalb der Wanne.

    Der Mond schien ins Zimmer. Draußen schrie eine Eule. Ein Lichtstreifen wanderte langsam über Neles Schulter. Sie lag mit dem Gesicht zur Wand. Ich klebte an ihrem Rücken und lauschte ihren Atemzügen. Im Bad und auchspäter, als wir ins Bett gingen, war sie völlig normal gewesen. Kein Anzeichen davon, dass sie zwei Stunden zuvor zusammengebrochen war.

Weitere Kostenlose Bücher