Nelken fuers Knopfloch
charmanten Lächeln fügte er hinzu: »Von deinen Reizen habe ich Bugatzki so viel erzählt, daß er zu schlucken begann. Aber nun im Ernst, mein Kind, was hast du außer deiner reizvollen Figur zu bieten? Kannst du reiten?«
Sie zog für den Bruchteil einer Sekunde die dunklen, hochgeschwungenen Brauen über den schräggestellten Katzenaugen zusammen, bereit, bedingungslos ja zu sagen, und wenn es darum gehen sollte, sich innerhalb von acht Tagen zur perfekten Schul-reiterin ausbilden zu lassen. Pforten merkte es und hob warnend die Hand.
»Du kannst es also nicht!« stellte er fest.
Sie schüttelte den Kopf und biß sich auf die Lippen.
»Ich war immer eine gute Turnerin...«
»Ah, ich verstehe, du möchtest dich ans Trapez hängen. Nicht übel, aber eine kitzlige Geschichte...«
»Das Netz müßte ja nicht ins Bild kommen«, sagte sie, »und an Mut fehlt es mir gewiß nicht!«
Er spielte mit der Zigarettendose, die einst als Bonbonniere für Veilchenpastillen geformt worden war, und betrachtete die Schäferszene im Stil Watteaus, drei graziös hingelagerte Damen in Reifröcken, die etwas Strumpf auf runden Waden sehen ließen und damit einen apollinisch gewachsenen Naturburschen zu einem Paris-Urteil ermunterten.
»Mut... «, murmelte er, »du hast mir damit ein Stichwort gegeben. Warte einmal! — Warum sollst du nicht die Partnerin eines Kunstschützen oder Messerwerfers sein. Du weißt, die Dame am Brett, die sich den Umriß ihrer üppigen Kurven mit geworfenen Messern abstecken oder die sich die brennende Zigarette vor den Lippen wegschießen läßt...«
Er sah sie wohlgefällig an und hob ihr Kinn mit zwei Fingern zu sich empor.
»Daß diesen Drehbuchautoren doch nie etwas Gescheites einfällt!« sagte er empört und mit unüberhörbarer Selbstgefälligkeit. »Alles muß man selber machen, es ist eine Affenschande! Natürlich, die Partnerin eines Messerwerfers! Das ist ein ausgezeichneter Einfall, der der Story zudem noch die pikante Soße liefert und meiner Rolle den effektvollen Hintergrund gibt. Wer spannt schon einem Messerwerfer die Partnerin aus, zumal, wenn er annehmen muß, daß das Mädchen ihm mehr bedeutet als die Partnerin seiner Artistenkunststücke?«
»Und du meinst, Michael, du könntest mir diese Rolle verschaffen?«
Aus den Bildern, die sich in seinem Hirn abspulten, herausgerissen, starrte er sie für einen Augenblick an, als entdecke er erst jetzt, daß er für seinen Monolog einen Zuhörer gehabt habe.
»So weit geht mein Einfluß nicht, mein Kind. Aber ich habe dich Bugatzki empfohlen, und ich werde dich auch Ruhland empfehlen, der die Regie des Films übernommen hat. Den Rest mußt du schon selber besorgen.«
»Oh, Michael, du bist wundervoll!« Sie erhob sich, umarmte ihn feuriger, als es unter Bühnenleuten üblich ist, und preßte ihre Wange gegen sein Gesicht. Sie hätte ihn geküßt, wenn ihr Mund abgeschminkt gewesen wäre, aber sie fürchtete, daß der künstliche Fruchtgeschmack ihres Lippenstiftes ihn ebenso abstoßen könne wie ihren augenblicklichen Freund, einen splendiden Textilgroßhändler, der den Geschmack abscheulich fand. Eben wollte sie das Rouge vorsichtig entfernen, da fuhr das Läuten des Telefons hinein, und im gleichen Augenblick schlug in Pfortens Schlafzimmer, wo er es sich auf dem Teppich bequem gemacht hatte, der Hund Poldi drohend an; wahrscheinlich war er der Meinung, es habe geschellt. Er erschien in der Tür und sah Pforten an, als wolle er fragen, ob es erwünscht sei, daß er dem Besucher die Hosen herunterreißen solle.
»Um Himmels willen, was ist denn das?!« rief Simone Simpson.
»Es soll ein Hund sein«, antwortete Pforten ernsthaft und klopfte auf Poldis Flanke; »stelle dich mit ihm gut, denn er wird unser künftiger Partner. Wenn er Talent hat, und ich glaube, daß er sehr begabt ist, kann er es vielleicht einmal zum Ruhm und zu den Gagen von Rintintin bringen.«
Er ging zum Telefon und überließ es Simone, sich mit Poldi anzufreunden, aber sie betrachtete ihn wie eine Monstrosität aus dem Raritätenkabinett. Der Hund seinerseits sah Simone an, schnupperte, verzog die Nase, als fände er ihr Parfüm unausstehlich, und drehte sich um, um sich zu Pfortens Füßen neben dem Konsoltisch niederzulassen, auf dem das Telefon stand. Pforten nahm den Hörer auf, sein Blick glitt von den schmalen Fesseln Simones hinauf, verweilte ein wenig auf ihren erfreulichen Kurven, bemerkte den entschminkten Mund — und sein Hallo klang ein wenig
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