Nelken fuers Knopfloch
Brust und klopfte ihm den Rücken.
»Na, es wäre ja auch einen Affenschande, wenn du klebengeblieben wärest! Ich will ja nicht gerade behaupten, daß ich in meiner Schulzeit immer Primus war — aber daß ich so wie du immer erst mit dem letzten Anlauf in die nächste Klasse kam, nein, das hat es bei mir wahrhaftig nicht gegeben.«
»Ich hab’ eben nicht deinen Kopf, Paps«, Tom grinste. Er hatte Pfortens höchst mittelmäßige Schulzeugnisse in einer Speichertruhe längst entdeckt und behielt sich die Preisgabe dieser Kenntnisse nur für den Zeitpunkt vor, daß er auch einmal Sitzenbleiben sollte, was Pforten in der Untersekunda passiert war. »Du hast eben alles, was in dir drinsteckt, an Manfred verausgabt. Der hat einen Bierzettel, sage ich dir, da ist direkt ein Lorbeerkranz rumgarniert...«
Heliane, die inzwischen herbeigeeilt war, zog Thomas in ihre Arme und küßte ihn zärtlich ab, eine Prozedur, die Tom mit dem etwas peinlich berührten Ausdruck eines jungen Mannes über sich ergehen ließ, der nach harten indianischen Grundsätzen lebend weder Schmerz noch Freude zeigen durfte, aber Frauen gegenüber Nachsicht zu üben bereit war.
»Ach, Tom, mein Liebling, wie freue ich mich, euch beide wieder bei mir zu haben!«
»Schon gut, Mami- was gibt’s zum Abendessen? Onkel Marcel hat uns gestern Brathendl spendiert, ich muß schon sagen, große Klasse!«
Heliane hörte mit halbem Ohr Pfortens erschreckten Ausruf: »He, Manfred, was ist denn mit dir los?« — und drehte sich um.
»Um Gottes willen, Fredi!« schrie sie auf, als sie Manfreds verschwollenes Gesicht sah, in dem das rechte Auge, von einem roten Riß überquert, ins Blaue zu spielen begann. »Ist dir das beim Fliegen passiert?« Ihr Gesicht zeigte ein Entsetzen, als sähe sie ihn schon mit zerschmetterten Gliedern vor sich liegen.
»Aber nein, Mutsch«, er grinste und küßte sie mit den Lippen, die auch etwas abbekommen hatten, vorsichtig auf die Stirn. »Ich bin beim Hürdenlaufen gestürzt und ein bißchen blöd gefallen...«
»Ist er wirklich, Mami«, bestätigte Tom, »ich war dabei, wie der Dicke hinknallte und mit der Schnauze bremste...«
»Der Bengel hat wahrhaftig Ausdrücke wie ein Stallknecht!« knurrte Pforten. »Ich möchte bloß wissen, wo er sie her hat. Ist das vielleicht der Ton, der euch in Hartenstein beigebracht wird?«
»Ich nehme an, mein Lieber«, sagte Marcel und zwinkerte Pforten zu, »dieser Ton wird sich legen, wenn du deinem Sohn den ersten Rasierapparat kaufen mußt.«
Pforten verstand ihn im ersten Moment nicht.
»Ach so!« Er lachte. »Jaja, zwischen dem ersten Rasierapparat und der Lektüre Heinescher Gedichte besteht wahrhaftig ein Zusammenhang. Ich habe damals sogar selber Lyrik fabriziert...«
»Vielleicht kommst du demnächst wieder dahin«, bemerkte Heliane heiter und ging zwischen ihren Söhnen, die Arme um die Schultern der Jungen geschlungen, ins Haus. Aber sie benutzte den Kücheneingang.
Marcel konnte sich ihre Worte, die eine kleine Spitze zu enthalten schienen, erst erklären, als Pforten ihm Simone Simpson vorstellte. Später half er den Jungen, den Wagen und den Kofferraum des Wagens zu entleeren, fuhr den Fiat in die Garage und verschwand mit seinem eigenen Gepäck in seinem Zimmer, wo er sich erfrischte und umkleidete. Er fühlte sich erleichtert, daß die Begrüßungsszene so glatt vorübergegangen war. Manfred war auf der Heimfahrt von Hartenstein schweigsam gewesen, und Etienne hatte wohl bemerkt, wie nervös der Junge wurde, je mehr sie sich Sachrang näherten, so nervös, daß er insgeheim schon befürchtet hatte, es könne eine dramatische Szene geben. Nichts davon war geschehen. Aber er fragte sich mit einiger Sorge, was geschehen würde, wenn der Junge mit seinem Geheimnis herausplatzte. Vorläufig war dieses Fräulein Simpson im Hause, und ihre Gegenwart zwang Manfred, eine Aussprache hinauszuschieben.
Ein hübsches Ding, ohne Frage! Ein bißchen überkandidelt mit dem eisgrau gefärbten Haar... Eben Film! Blieb nur bemerkenswert, daß alle Mädchen, die Michael protegierte, so verteufelt hübsch waren. Es mußte doch auch Talente geben, die Mütterchen Natur nicht mit solch einer verschwenderischen Fülle äußerer Reize ausgestattet hatte!
Die Jungen schlüpften, kaum daß sie im Hause waren und Fräulein Babette begrüßt und sich bei ihr für den Abend ihre Lieblingsgerichte bestellt hatte, in die Badehosen. Auf der Terrasse machten sie vor Fräulein Simpson ihre
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