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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Tasche. Es war der Innenteil einer verbreiteten Abendzeitung, die viel Gesellschaftsklatsch brachte und ihre Nachrichten, wenn sie schon wenig Sensationen boten, wenigstens sensationell aufmachte. Er deutete mit dem Finger auf eine Spalte und reichte das Blatt Etienne hinüber, der nach seiner Brille griff und sie aufsetzte.
    »Lies das einmal, Onkel Marcel...«
    Der Name Michael Pforten sprang Etienne sofort in die Augen und er las:

    Michael Pforten, als Förderer junger Talente bekannt, hat sich wieder einmal selbstlos eines Starlets angenommen, das bisher als Sternchen siebzehnter Größe selbst in den stärksten Teleskopen nur als schwacher Lichtschimmer auszumachen war. Soviel bekannt, ist dieser Stern bisher fotografisch nur von Liebhaber-Astronomen aufgenommen worden. Es scheint sich bei ihm aber um einen Himmelskörper zu handeln, der sich der Erde in rascher Fahrt nähert, denn er nimmt täglich an Glanz und Lichtstärke zu. Sein Name ist Simone Simpson. In Michael Pfortens neuem Film >Punch & Poldi< spielt Simone Simpson neben einem Hund undefinierbarer Rasse die Hauptrolle. Beide aber scheinen sich in Michael Pfortens weißem Thunderbird sehr wohl zu fühlen. Ob der Hund allerdings etwas von den kulinarischen Genüssen abbekommt, die Star Pforten dem Starlet Simone vorzugsweise in >Mirkos Taverne< auftischen läßt, ist dem >Sterngucker< nicht bekannt.

    Etienne nahm die Brille ab, er legte sie auf den Tisch zurück und reichte Manfred die Zeitung.
    »Was sagst du dazu, Onkel Marcel?« fragte der Junge leise und faltete das Blatt wieder zusammen.
    »Ich finde es außerordentlich schmierig«, antwortete Etienne und wischte sich die Fingerspitzen an seinem Pullover ab, als hätte er etwas Schmutz abbekommen.
    »Natürlich ist es schmierig!« sagte der Junge heftig. »Aber schmierig oder nicht schmierig, der Kerl, der das geschrieben hat, kann es sich doch nicht aus den Fingern gesogen haben!« Er blickte auf und sah Etienne voll ins Gesicht. »Onkel Marcel, ich bin jetzt fast siebzehn Jahre alt...«
    »Ich weiß es!« sagte Etienne ohne Sarkasmus. »Ich kann zu dir als Mann zum Mann sprechen. Und nun willst du mich fragen, ob dein Vater etwas mit diesem Mädchen hat, nicht wahr?«
    »Mein Vater...«, murmelte Manfred, »das Wort kommt mir auf einmal so komisch vor...«
    »Das ist eine andere Sache!« sagte Etienne mit einiger Schärfe, »darüber können wir uns auch noch unterhalten. Im Augenblick aber geht es um eine andere Frage...«
    Manfred sah Etienne an und schwieg.
    »Hat deine Mutter diese Zeitung gelesen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber sie hat das Blatt abonniert. Sie scheint es amüsant zu finden...«Er machte ein Gesicht, als könne er es auf keinen Fall verstehen, wie man dieses Blättchen für amüsant halten konnte.
    »Das ist ihre Sache«, sagte Etienne. »Sie lebt hier sehr einsam und zurückgezogen. Und ein bißchen Klatsch braucht der Mensch zur Unterhaltung. — Und was die Frage betrifft, die du an mich stellst — , wir sollten die Antwort deiner Mutter überlassen!«
    Manfred zerriß die Zeitung in kleine Fetzen. Der Papierkorb neben Etiennes Schreibtisch stand in Reichweite, er brauchte nicht aufzustehen, um die Schnitzel hineinzuwerfen.
    Etienne nickte ihm beifällig zu. »Das ist das beste, was man mit solchen Sachen macht. Dazu sind die Papierkörbe da. Aber um dich zu beruhigen, mein Junge, ich glaube nicht, daß zwischen Michael Pforten und Fräulein Simpson irgendeine intime Beziehung besteht. — Pforten ist ein Mann, der sich gern eine Nelke ins Knopfloch steckt, um dadurch flott zu wirken. Im Augenblick ist Fräulein Simpson dieses Knopflochblümchen...«
    »Ich verstehe dich ganz genau...«, murmelte der Junge.
    »Deine Mutter ist eine sehr großzügige Frau. Zumindest deinem Vater gegenüber. Sie gönnt ihm solch kleine Freuden, die er zur Erhöhung seines Lebensgefühls braucht. Er ist schließlich Künstler, er ist sogar ein großer Künstler, und man kann ihn nicht mit dem Maßstab messen, den man anlegen müßte, wenn er Postsekretär oder wie ich Altertumsforscher wäre...«
    Er griff nach der ledernen Falttasche, in der er seinen Virginiatabak verwahrte, stopfte sich umständlich die Pfeife und entzündete sie mit paffenden Zügen. Und die Glut mit dem Daumen zusammendrückend, fuhr er fort: »Wenn deine Mutter das Gefühl hätte - und du wirst es in deinem Leben noch erfahren, mein Junge, daß Frauen in dieser Hinsicht erstaunlich hellsichtig sind — , daß

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