Nelken fuers Knopfloch
vorschlagen, Fräulein Simpson lieber häufiger in >Mirkos Taverne< zum Essen einzuladen als sie Tag für Tag nach Sachrang zu bringen.«
»He! Frau Pforten!« rief er verblüfft.
»Ich merke nämlich, daß sie dich beobachten, Micha. — Und wer dich mit der kleinen Simpson beobachtet, könnte leicht zu falschen Schlüssen über das Verhältnis kommen, in dem du zu ihr stehst.«
»Aber Heliane, ich bitte dich! Ich... ich... ich...«
»Warum stotterst du eigentlich, Michael? Du hast doch nichts mit ihr!« sagte sie sanft und öffnete den Haarvorhang mit einem Finger von innen spaltbreit, um ihm mit einem Auge anzuschauen.
»Natürlich nicht!« rief er entrüstet. »Und das weißt du auch ganz genau! Aber wie kommst du auf >Mirkos Taverne«
»Ganz einfach, durch die Zeitung. Es ist dein Pech, daß du zu der Prominenz gehörst, die den >Sterngucker< interessiert. Es wird dir auch nicht viel nützen, wenn du das Lokal wechselst...«
»Diese Schmierfinken!« knurrte er.
»Auf einmal? Sonst sagst du doch immer, diese Presseleute wären reizende Burschen, die geradezu rührend für deine Publicity sorgen. Willst du ihnen jetzt die Schnäpse entziehen, die du ihnen sonst spendiert hast?«
Er starrte Heliane an, die ihr Haar wieder zurückbürstete.
»Was sind das für neue Töne?« fragte er verblüfft. »Heliane! Bist du etwa auf dieses Mädchen eifersüchtig?«
»Aber, Micha, wie kommst du darauf? Du hast mir doch soeben selber erklärt, daß ich dazu auch nicht den geringsten Grund habe. Und das will ich dir glauben. — Ich habe dir ja auch bisher immer geglaubt. Wenn ich dich bat, Fräulein Simpson nicht mehr so häufig nach Sachrang mitzubringen, dann doch nur deshalb, weil ich den Kindern deinen Anblick ersparen möchte. Balzende Hähne haben doch immer so etwas Komisches an sich...«
Pforten griff sich an den Hals, es sah aus, als litte er plötzlich unter Luftmangel.
»Balzende Hähne...!« stieß er hervor. »Das geht zu weit, Heliane! Das geht wirklich zu weit! Das verbitte ich mir ganz energisch! Ich bin kein balzender Hahn, zum Donnerwetter!«
»Doch, Micha, du bist es«, sagte Heliane sanft und liebenswürdig, »du selber merkst es nur nicht. Und mich stört es nicht, denn schließlich bist du mir in dieser Rolle ja nicht ganz neu. Ich amüsiere mich dabei. Aber ich möchte unbedingt vermeiden, daß du dich vor den Jungen und vor Marcel lächerlich machst.«
Pfortens Gesicht färbte sich dunkel. Er kaute sekundenlang an seiner Oberlippe und sah Heliane mit einem düsteren Blick an, als nähme er Anlauf zu einer jener heftigen Szenen, in denen er sich voll ausspielen und alle Register seines Temperamentes ziehen konnte. Diese Szenen waren selten, aber manchmal führte er sie mit Genuß herbei.
»Nicht doch, Micha«, bat Heliane und legte den Zeigefinger vor die Lippen, »bis auf Marcel schläft das ganze Haus. Heb dir deinen großen Auftritt für ein anderesmal auf. — Was mich im Augenblick am meisten interessiert, ist die Frage, was du eigentlich an diesem Mädchen so bemerkenswert findest. Zugegeben, sie ist recht hübsch, aber ich finde ihre Aufmachung aufdringlich und nicht sehr geschmackvoll. Sie paßt sicherlich ausgezeichnet zu der Zirkusrolle. Aber du warst früher anspruchsvoller...«
Er starrte Heliane an, als zähle er die ersten grauen Haare, die sie an ihren Schläfen entdeckt hatte, und als zähle er die winzigen Falten, die sich in ihrem Gesicht zu bilden begannen. Er war blaß vor Zorn, und seine Stimme bebte.
»Sie ist jung!« sagte er und seine Augen glitzerten eisig. »Sie ist wunderbar jung!!«
Er drehte sich plötzlich um und marschierte aus Helianes Zimmer. Die Tür warf er mit einem harten Knall hinter sich zu. Heliane schloß die Augen und ließ den Kopf sinken. Sie atmete flach, und es dauerte lange, ehe sie das Gesicht wieder hob und die Nachtcreme mit einem Wattebausch von der Haut entfernte.
»Das war häßlich und böse, Michael!« sagte sie laut. »Das war gemein und geschmacklos. Und ich fürchte, es wird sehr lange dauern, bis ich das vergesse.«
12
Margot, das hübsche Hausmädchen, klopfte um sechs Uhr morgens im Gästeflügel des Hauses an Simone Simpsons Tür. Dann ging sie herüber, um auch Pforten zu wecken. Heliane hörte das Klopfen, sie hörte das Plätschern der Dusche und Pfortens Stöhnen, als er sich das eiskalte Wasser über Brust und Rücken rieseln ließ. Sie hörte das Schnurren seines Rasierapparates, und sie hörte auch seine
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