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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Schritte, die sich ihrer Tür näherten, stockten — und sich wieder entfernten. Es klang so hart, als stapfe er in einer klirrenden Rüstung davon. In den langen Jahren ihrer Ehe geschah es zum erstenmal, daß eine Verstimmung zwischen ihnen die Nacht überdauerte. Verstimmung... Es war diesesmal mehr. Heliane spürte, daß der Schmerz anhielt, und in der Erinnerung an die Kränkung, die Michael ihr zugefügt hatte, flammte eine Empörung in ihr auf, die ihr das Blut ins Gesicht trieb.
    Pforten ging zu den Zimmern hinüber, in denen die Jungen schliefen, und öffnete Manfreds Tür. Der Junge lag, das Gesicht halb im Kissen vergraben, die Haare wirr in der Stirn und von der Decke nur bis zu den Hüften eingehüllt, in seinem Bett. Er schlief fest. Pforten näherte sich seinem Lager, als hätte er die Absicht, Manfred zuzudecken, denn das Fenster stand offen und die Morgenluft wehte kühl herein, aber er unterließ es, um den Jungen nicht zu wecken.
    Poldi, der bei Pfortens Eintritt den Kopf gehoben und Pforten mit einem kurzen Wedeln des buschigen Schwanzes begrüßt hatte, erhob sich von seiner Decke, als Pforten ihn heranwinkte.
    »Komm, Poldi«, flüsterte er, »du hast heute deinen großen Auftritt!«
    Der Hund folgte ihm gemächlich in das Frühstückszimmer, wo Simone Simpson bereits am Tisch Platz genommen hatte und dabei war, die Brotscheiben zu rösten. Mit einem sehr engen weißen Rock und einem straff anliegenden Pullover bekleidet, dessen leuchtendes Rot wie Flammenschein in ihrem Gesicht spielte, sah sie sehr jung und frisch aus.
    »Guten Morgen, Simone, Sie strahlen ja förmlich! Man sieht Ihnen an, daß Sie gut geschlafen haben.«
    »Wie ein Murmeltier. Diese himmlische Ruhe hier draußen... Als ich das erstemal nach Sachrang kam, empfand ich die ungewohnte Stille in der Nacht fast beängstigend. Aber jetzt verstehe ich, weshalb Sie sich so weit außerhalb der Stadt niedergelassen haben. Man wacht wie neugeboren auf.«
    »Sie würden es noch mehr zu schätzen wissen, wenn Sie so alt wären wie ich, mein Kind.«
    »Kokettieren Sie doch nicht mit Ihren Jahren, Michael, Sie nehmen es doch mit jedem Jungen auf!«
    Er zog ihre Hand an die Lippen und schluckte die dicke Schmeichelei, sie ging ihm glatt herunter.
    Pforten frühstückte nach englischer Art mit einem Glas Tomatensaft, Porridge, Schinken mit Ei, Tee und Toasts, zu denen er Butter und Honig nahm. Schließlich hatte er einen langen und anstrengenden Tag vor sich.
    »Leider ist der Wetterbericht miserabel. Ich werde ein paar Tage im Hotel bleiben. Außerdem habe ich in der Stadt eine Menge wichtiger Sachen zu erledigen...« Er reichte ihr seine Tasse hinüber und ließ sich den Tee einschenken. »Das heißt natürlich nicht, daß wir uns am Abend nicht sehen werden, vorausgesetzt, daß Sie Lust haben, mit mir ein wenig zu bummeln?«
    »Wie können Sie fragen, Michael! Aber dann will ich mein Köfferchen sogleich packen...«
    »Lassen Sie, Simone, das Packen kann Margot besorgen.« Er läutete nach dem Mädchen und gab ihm den Auftrag, Fräulein Simpsons Gepäck zum Wagen zu bringen.
    Er reichte Simone das Sahnekännchen hinüber: »Übrigens läßt meine Frau Sie herzlich grüßen und bittet Sie, zu entschuldigen, daß sie sich nicht von Ihnen verabschiedet. Sie fühlt sich nicht ganz wohl — und außerdem sehen Sie sich ja in den nächsten Tagen wieder.« Er brachte Helianes Grüße und Entschuldigung völlig natürlich und unbefangen heraus, im leichten Plauderton eines Gesellschaftsstückes, aber Simone sah ihn, während sie den Zucker in ihrem Tee verrührte, mit einem dunklen Blick unter dunklen Wimpern an.
    »Sei ehrlich, Michael«, flüsterte sie fast stimmlos, als befürchte sie ein geheimes Mikrofon unter dem Tisch, »hat sie etwas gemerkt?«
    Er hob mit vollendet gespielter Überraschung den Kopf. »Aber Kleines! Wie kommst du auf diese absurde Idee? Natürlich hat Heliane nichts bemerkt. Und wenn sie etwas gemerkt hätte, dann wäre sie viel zu großzügig, um sich etwas anmerken zu lassen. Aber sie kann ja gar nichts gemerkt haben...« Er sah ihren warnenden Blick und verstummte, denn das Mädchen trat mit Simones kleinem Koffer ins Zimmer und fragte, ob Pforten sonst noch irgendwelche Wünsche habe.
    »Ja, Margot, führen Sie den Hund in die Küche und lassen Sie ihm von Fräulein Babette etwas zu fressen geben. Auch er hat heute einen langen und schweren Tag vor sich.«
    Das Mädchen bückte sich nach der Leine und führte den Hund,

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