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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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den Ausfall der Haare und Zähne und schließlich auch den Tod für eine dumme Angewohnheit alter Leute. Aber wenn man an der Schwelle steht, dann merkt man plötzlich, daß das Altern keinen Menschen verschont, und man versucht, noch einmal den Saft aus den Früchten zu pressen, die man bald zu verlieren fürchtet. Man hat ein sehr treffendes Wort dafür gefunden, es heißt Torschlußpanik. Sie ist keine Krankheit, aber sie hat die Symptome einer Krankheit. Und es gibt auch kein Mittel dagegen. Sie geht ganz von selbst vorbei.«
    Er streckte die Beine, in denen die Blutzirkulation durch das lange Sitzen in der nicht gerade bequemen Haltung stockte, und erhob sich. Mit ihm stand auch Manfred auf.
    »Das ist ein langer Vortrag gewesen«, murmelte Etienne, als müsse er sich entschuldigen, allzu weitschweifig geworden zu sein.
    Manfred stand neben dem Sessel. Er ließ die Arme hängen und starrte auf den Teppich. Etienne hörte seinen Atem.
    »Gute Nacht, Onkel Marcel«, sagte er schließlich, drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort zur Treppe und auf sein Zimmer.
    Etienne hustete sich einen Belag von der Kehle. Es war ein verdammter Blödsinn von ihm gewesen, sich einzubilden, es könne ihm gelingen, den Jungen mit solchen Vorträgen zu Michael Pforten zurückzuführen. Er erinnerte sich seiner eigenen Jugend und verzog das Gesicht, als er daran dachte, wie hart und kompromißlos er selber mit siebzehn Jahren in seinen Urteilen gewesen war. Sehr wahrscheinlich war der einzige Erfolg seiner langatmigen Ausführungen, daß er selber bei Manfred an Gesicht verloren hatte. Er glaubte den Jungen vor sich zu sehen und die leise Verachtung für Leute in seinen Augen zu lesen, die es sich in ihrer laxen Moral mit dem >Alles verstehen heißt alles verzeihen< allzu bequem machten. Deshalb ging er unzufrieden mit sich selbst auf sein Zimmer.
    Manfred kam auch am nächsten Tage, als sie sich sogleich nach dem Frühstück zum ersten Start des >Roten Blitz< an den Garagen einfanden, nicht auf das Gespräch zurück, aber er begegnete Etienne mit der gleichen offenen Herzlichkeit, die er ihm immer gezeigt hatte. Etienne hütete sich, von sich aus auf den gestrigen Abend zurückzukommen.
    Der Motor des Rennwagens, durch Riemenantrieb mit den Hinterrädern verbunden, während die Steuerung der Vorderräder durch zwei starke Stricke erfolgte, die rechts und links an der Vorderachse befestigt waren und von Tom wie Zügel gehalten wurden, sprang nach dem dritten Versuch tatsächlich an. Der junge Konstrukteur hatte für den ersten Start eine Stunde gewählt, in der er seine Mutter außer Hause wußte. Heliane war mit Babette ins Dorf gefahren, um Besorgungen zu machen und bei dem Schmied neue Rahmen für die Frühbeetfenster zu bestellen. Da der Auspufftopf des Mopeds, dessen ausgeschlachtete Teile Tom für die Konstruktion seines Sportmodells verwendet hatte, völlig rostzerfressen war und fast nur noch aus Löchern bestand, vollführte der Motor einen Höllenkrach, aber gerade das schien Thomas zu imponieren. Woher er den Sturzhelm hatte, den er aufsetzte, als der Motor ein paar Minuten lang pannenlos gelaufen war, blieb sein Geheimnis. Er hatte ihn übrigens mit der gleichen Ölfarbe, die er für die Karosserie verwendet hatte, leuchtend rot angestrichen, und es schien ihn nicht zu stören, daß der Helm für seinen Kopf etwa fünf Nummern zu groß war. Den ärgsten Unterschied hatte er durch ein Poster von Holzwolle ausgeglichen, die unter dem Rand hervorquoll und Späne auf sein grünes Trikothemd rieseln ließ. Immerhin empfand Etienne den Helm als sehr beruhigend.
    »Was sagst du jetzt, Onkel Marcel?!« schrie Tom, als er in die Rennmaschine hineinkletterte und die Zügel in seine zerschundenen Jungenfäuste nahm. »Gell, grad zittern tut er vor Kraft!«
    »Ich zittere auch...«, murmelte Marcel, aber der Lärm des Motors übertönte seine Worte.
    Da Gas, Kupplung und Gangschaltung mit der Hand bedient werden mußten, hatte Tom die Steuerungszügel an die Enden eines Kleiderbügels geknüpft, um eine Hand für diese Hebel wenigstens beim Start frei zu haben. Im letzten Moment fiel Etienne etwas ein, was er nicht für ganz unwichtig hielt.
    »Wo ist die Bremse?« schrie er durch den Lärm.
    »Brauch ich nicht, mach ich alles mit dem Gas!«
    »Halt an!« brüllte Etienne.
    Aber es war zu spät. Thomas gab Gas, und wenn die Kiste im ersten der beiden Gänge auch nicht viel mehr als zwanzig Kilometer machte, so gelang es Etienne

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