Nelson, das Weihnachtskaetzchen
wünschte er sich, dass diese Figur nicht verkauft würde. Aber das war Unsinn. Er brauchte ja das Geld, seine Rente reichte kaum zum Leben. Er musste achtgeben, dass er einen würdigen Käufer für sie fand. Behutsam stellte er sie zurück an ihren Platz.
Er stieß einen Seufzer aus und nahm auf seinem Sessel am Öfchen Platz. Hier saß er nun mit seinen Figuren. Eigentlich war alles wie immer. Dennoch spürte er, dass etwas fehlte. Sein Blick wanderte hinaus zu den anderen Ständen. Aber die Katze, die ihn in den vergangenen Tagen besucht hatte, war nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich war sie wieder bei ihrem Besitzer, einem der Schausteller, wie Arthur vermutete. Das war wohl auch das Beste. Dennoch stand er auf und öffnete vorsichtshalber die Tür einen Spaltbreit. Falls die Katze ihn doch noch besuchen wollte, konnte sie nun hineingelangen.
Noch waren kaum Marktbesucher unterwegs. Es wäre nicht so schlimm, wenn er den Stand für ein paar Minuten verließ. Also trat er nach draußen, umrundete die kleine Holzhütte und sah sich etwas genauer um. Er blickte in die Marktgassen, sah zum Karussell hinüber und zu der großen Eislaufbahn rund um den Neptunbrunnen. Doch von der Katze war weit und breit keine Spur.
»Hey, Opa!«, kam es gut gelaunt vom Sockenstand. Arthur drehte sich um. Wieder dieser Junge, der schon letztens mit Frechheiten aufgefallen war. »Suchst du irgendwas?«
»Ich höre wohl nicht recht«, brummte er.
»Ich frage doch nur, ob du etwas verloren hast, Opa. Vielleicht kann ich helfen.«
»Ich bin nicht dein Opa, du Flegel! Gewöhn dir einen anderen Ton an, sonst bekommen wir noch Ärger miteinander!«
Der Bursche verdrehte die Augen und wandte sich wieder seinen Wollschals zu, die er auf einer Ablage stapelte.
»Dann halt nicht«, murmelte er vor sich hin.
Arthur hatte keine Lust mehr weiterzusuchen. Er kletterte zurück in seinen Stand.
»So ein Bengel«, murrte er.
Missmutig setzte er sich an sein Öfchen. Er nahm seine Tasche auf den Schoß und öffnete sie. Ein altes Sofakissen lag obenauf, das er von seinem Dachboden geholt hatte. Es war völlig zerschlissen und fransig. Sophie hatte es damals für ihr erstes Wohnzimmer gekauft, und deshalb hatte er es nie übers Herz gebracht, das Kissen wegzuwerfen, auch wenn er nichts mehr damit anfangen konnte. Doch für diesen Zweck schien es perfekt zu sein.
Aber wie es aussah, hatte er es umsonst mitgebracht, denn die Katze tauchte nicht auf. Trotzdem packte er es auf den Boden neben das Öfchen, dorthin, wo am Vortag das Kätzchen gelegen hatte.
Arthur nahm seine Zeitung in die Hand und begann zu lesen. Dabei blickte er immer wieder auf und hielt nach der Katze Ausschau. Falls sie doch noch auftauchte, sollte ihm das nicht entgehen.
Über den Rand der Zeitung hinweg beobachtete er, wie der junge Türke vom Sockenstand zum Maronenhäuschen schlenderte. Eine auffallend hübsche Verkäuferin feuerte dort gerade das Röstgerät an. Der Junge stellte sich zu ihr und flirtete drauflos, obwohl sie mindestens zehn Jahre älter war als er. Sie lachte und fühlte sich offenbar geschmeichelt, aber Arthur entging nicht, dass sie den Jungen mit seinem Gehabe, als würde ihm die Welt gehören, nicht besonders ernst nahm.
»Guten Morgen, Arthur Hummel!«
Liselotte Stubenrath passierte seinen Stand und winkte ihm freundlich zu.
»Guten Morgen«, sagte er. »Ähm … Liselotte?«
Die Märchenerzählerin blieb erstaunt stehen. Ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. »Ja, bitte?«
»Erinnern Sie sich an die Katze, die Sie neulich bei mir gesehen haben?«
»Ja, aber natürlich.«
»Ist sie … ich meine, haben Sie die Katze heute schon irgendwo gesehen?«
»Nein, das habe ich nicht. Ist sie etwa entlaufen?«
»Nein, sie … ach, nicht so wichtig.«
Doch Liselotte war jetzt ganz bei der Sache.
»Soll ich Ihnen bei der Suche helfen? Das mache ich gern, ich könnte …«
»Nein, nein. Vielen Dank, aber nein. Ich dachte nur … Ach was, vergessen Sie einfach, was ich gesagt habe.«
Arthur ärgerte sich über sich selbst. Er wollte ja gar keinen näheren Kontakt mit dieser Dame, die nur darauf zu lauern schien, dass er etwas von sich preisgab. Alles nur wegen dieser Katze. Sollte die doch bleiben, wo sie war. Arthur ging das alles nichts an, er wollte sich lieber nicht einmischen.
»Einen schönen Tag noch, Frau Stubenrath«, sagte er und griff demonstrativ zu seiner Zeitung.
Sie schien zu überlegen, ob sie noch etwas sagen sollte,
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