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Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Titel: Nelson, das Weihnachtskaetzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Steinbach
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doch dann verabschiedete sie sich und ging weiter. Arthur hob noch einmal den Blick und sah ihr nach. Die langen Wollkleider standen ihr gut, dachte er. Genau wie die Lederstiefelchen. Auch wenn sie ihm ein bisschen auf die Nerven ging, so musste er doch eingestehen, sie war durch und durch eine Dame.
    Sein Blick traf auf den des Jungen vom Sockenstand. Er hatte Arthur dabei beobachtet, wie er Liselotte hinterhersah, und grinste frech.
    »Unverschämter Bengel«, brummte Arthur und wandte sich wieder seiner Zeitung zu.
    Der weitere Tag verlief ohne größere Zwischenfälle. Arthur verkaufte einen ganzen Krippensatz und vier Einzelfiguren. Die Marienfigur, die ihm besonders am Herzen lag, stand jedoch noch vor ihm. Er war beinahe froh darüber. Er hatte auch so genug Geld für diesen Tag verdient.
    Immer wieder kamen Familien an seinem Stand vorbei. Eltern, die eng umschlungen an den Weihnachtsständen vorbeischlenderten, und deren Kinder, die mit großen Augen überall stehen blieben, um die Auslagen und den festlichen Schmuck zu bestaunen. Die Feierlichkeit des bevorstehenden Festes war überall zu spüren. Viele Familien rückten in dieser Zeit zusammen und erinnerten sich daran, wie wichtig ihnen die Gemeinschaft war. Wenigstens glaubte Arthur das.
    Er dachte an seine eigene Familie und wünschte sich, alles wäre anders verlaufen. Sophie hätte nicht so früh sterben dürfen. Nach ihrem Tod war er in ein tiefes schwarzes Loch gefallen. Er und seine Tochter hatten einen furchtbaren Streit gehabt, da war Sophie noch nicht einmal unter der Erde gewesen. Am Ende hatten sie Dinge gesagt, die zu schmerzhaft waren, um je verziehen werden zu können. Sie hatten unwiderruflich alles zunichtegemacht. Arthur erinnerte sich genau an seine Worte. »Du bist nicht mehr mein Kind! Hörst du das? Ich habe keine Tochter mehr!« Und: »Verschwinde von hier, ich will dich nie wieder sehen!« Er war so in Rage gewesen damals. Und was er gesagt hatte, waren alles Worte, die er heute gern ungesagt machen würde. Aber dafür war es zu spät.
    Für ihn gab es kein Weihnachten mehr, an dem die Familie zusammenrückte. Er spürte die Schwere seiner Einsamkeit. Nichts war ihm geblieben. Er hatte alles verloren.
    Ein leises Maunzen. Arthur blickte sich um. In der offenen Tür stand die Katze. Sie war doch zurückgekehrt. Offenbar wusste sie nicht, ob sie auch willkommen war, denn sie blieb zögernd auf der Schwelle stehen, sah mit großen Augen zu ihm herauf, hob zaghaft ein Pfötchen und miaute wieder.
    Arthur wunderte sich, wie groß seine Freude war.
    »Komm doch herein!«, rief er fröhlich. »Ich habe dir deinen Platz am Öfchen frei gehalten.«
    Die Katze trat vorsichtig näher. Sie sah völlig ausgehungert aus. Als hätte sie nichts mehr gegessen, seit sie seine Wurstscheiben verschlungen hatte. Vielleicht gehört sie ja tatsächlich niemandem, dachte er, und sie stromert ganz auf sich allein gestellt durch die Stadt?
    Arthur holte sein Vesperpaket hervor. Die Katze kam näher und strich ihm um die Beine. Arthur hatte ein Stück Wurst für sie eingepackt, nur für alle Fälle, und sie machte sich nun mit Heißhunger darüber her. Arthur nahm sich sein Käsebrot. Zufrieden betrachtete er das Tier.
    Nachdem sie die Wurst verdrückt hatte, ging die Katze auf Arthur zu. Sie blickte ihn aus großen Augen an und miaute kläglich, den Schwanz hatte sie senkrecht in die Luft gestreckt. Ein armes einsames Kätzchen, das viel zu klein und zu hilflos für die große böse Welt war.
    Arthur lachte. »Du weißt genau, wie man es machen muss, nicht wahr?«
    Er brach ein Stück von seinem Brot ab und gab es ihr. Das Weißbrot aß sie sofort, nur beim Käse musste sie erst einmal überlegen, ob er überhaupt das Richtige für sie war. Zögernd drehte sie ihn zwischen den Pfoten.
    Arthur lachte wieder. Nun beugte er sich hinab und streichelte sie. Es war das erste Mal, dass er die Katze anfasste. Sie genoss die Zuwendung und schmiegte ihren Kopf in seine Handfläche. Er kraulte ihre Brust und ertastete dabei ein Halsbändchen. Eine kleine Plakette hing daran.
    »Nanu, was hast du denn hier?«
    Er nahm die Katze mit beiden Händen und setzte sie auf seinen Schoß. Dann betrachtete er das Halsbändchen eingehender. Ein Name war auf der Plakette eingraviert. Er kniff die Augen zusammen und entzifferte ihn: Nelson.
    »Dann bist du also Nelson!«, sagte er gutgelaunt. »Keine Katze, sondern ein Kater – da muss ich mich wohl entschuldigen. Guten Tag, Herr

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