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Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Titel: Nelson, das Weihnachtskaetzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Steinbach
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konnten. Mit dem knallgelben Ford Taunus ging es über die Transitstrecke quer durch die ddr und dann zu den westdeutschen Urlaubsgebieten. Da waren die Dünen und das Meer, ihre Mutter im Sommerkleid und die kleine Anna, die durchs Wattenmeer stiefelte und Muscheln sammelte. War das Meer damals schöner gewesen als heute? Es schien irgendwie so.
    Ein anderes Bild überraschte sie. Darauf war sie als Jugendliche zu sehen, mit Leggins, ausgeleierten Wollpullovern und der typischen Dauerwelle der Achtziger. Sie war damals furchtbar aufmüpfig gewesen, und es hatte zu Hause häufig Ärger gegeben. Auf diesem Foto aber saß sie gemeinsam mit ihrer Mutter am Tisch, hatte den Arm um ihre Schultern gelegt und lachte fröhlich. Ein seltsames Foto. Trotz ihrer Pubertät und den vielen Streitereien hatte Anna ein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter gehabt. Ganz anders als Laura heute. Das machte sie traurig. Eilig legte sie das Bild aus der Hand.
    Was folgte, waren Weihnachtsfotos. Der Christbaum ihrer Kindheit war mit Strohsternen und Bienenwachskerzen geschmückt gewesen. Die kleine Anna stand im Schlafanzug davor und sah den Baum ganz andächtig an. So viel festlichen Schmuck gab es sonst nicht in der kargen Zweizimmerwohnung. Der Baum aber war der ganze Stolz ihres Vaters gewesen. Auf einem der Fotos konnte man auch die Krippe erkennen. Schon damals hatte ihr Vater die Figuren selbst geschnitzt. Er hatte nie viel Aufheben um seine Schnitzereien gemacht, doch für ihre Mutter waren es kleine Heiligtümer gewesen. Und tatsächlich, auf dem Foto war deutlich erkennen, wie wunderschön sie waren. Anna seufzte und blinzelte eine Träne weg.
    Sie waren eine glückliche Familie gewesen. Arthur, Sophie und Anna Hummel. Wie hatte das alles kaputtgehen können? Sie und ihr Vater hatten keinen Kontakt mehr zueinander. Dabei lebte er in der gleichen Stadt wie sie, und wenn sie gewollt hätte, dann hätte sie ihn jeden Tag besuchen können. Aber das war undenkbar. Anna dachte an den furchtbaren Streit. Danach war alles auseinandergebrochen. Was war da nicht alles gesagt worden! Das konnte keiner vergeben. Zu tief saßen die Verletzungen. Und zu schwer wog die Schuld.
    Lieber erzählte sie den Kindern, ihr Opa lebe in München in einem Altersheim und der Weg sei zu weit, um sie zu besuchen. Auch damit lud Anna schwere Schuld auf sich. Doch es ging nicht anders. Es gab keinen Ausweg.
    Sie hörte ein Geräusch, draußen in der Auffahrt. Klaus kam von der Arbeit. Er war heute besonders früh dran. Anna legte die Fotos zurück in die Kiste und brachte sie eilig ins Wohnzimmer. Gerade als sie die Schranktür geschlossen hatte, öffnete sich die Tür, und ihr Mann trat ein. Er entdeckte sie, wie sie dort stand, runzelte die Stirn und betrachtete dann nachdenklich den Schrank.
    »Hallo, Schatz. Alles in Ordnung?«
    »Ja. Ich habe nur … ach, nichts.«
    Er nahm sie in den Arm.
    »Hast du etwa geweint?«
    »Nein, ich …«
    »Was ist los, Anna?«
    Sie wollte ihm vom Weihnachtsmarkt erzählen und von ihrem Vater, den sie dort getroffen hatte. Von den Gefühlen, die das in ihr hervorgerufen hatte. Aber sie hatte Angst, wieder weinen zu müssen, wenn sie erst davon anfing. Und vielleicht konnte sie nicht mehr aufhören zu weinen, wenn die Tränen erst einmal begonnen hatten zu fließen.
    »Ich habe …«, begann sie und schluckte.
    Da schlug die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss.
    »Mama?« Das war Max. Seine Stimme klang aufgeregt. »Mama, wo bist du? Ich hab grad mit dem Skateboard eine Beule ins Auto von Herrn Brinkmann gefahren. Der dreht total durch, und das wegen so einer kleinen Beule. Wo bist du denn?«
    Anna und Klaus lächelten sich resigniert an.
    »Wir reden später, Anna?«
    »Ja. Wir reden später.«
    Dann gingen sie zu Max, um sich gemeinsam der Beule und dem wütenden Nachbarn zu stellen.
    Nach ein paar Flocken war es wieder vorbei mit den Niederschlägen. Der Himmel klarte auf, und die Sterne funkelten am Himmel. Für die Nacht war strenger Frost vorhergesagt, aber kein weiterer Schnee.
    Nach dem Abendessen räumte Anna den Tisch ab. Sie blickte auf die Uhr. Laura war noch immer nicht zu Hause, dabei war die Probe in der Theaterwerkstatt schon seit über einer Stunde vorbei. Anna griff zum Telefon und versuchte, sie auf dem Handy anzurufen. Doch es nahm keiner ab.
    »Bestimmt hat sie sich mit ihren Freundinnen verquatscht«, meinte Klaus. »Du kennst sie doch.«
    Anna hatte mit ihrer Tochter vereinbart, dass sie Bescheid

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