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Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Titel: Nelson, das Weihnachtskaetzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Steinbach
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hatte er kaum geschlafen. Natürlich war es nicht nur der Schlafmangel, der ihm zusetzte. Da war noch etwas anderes.
    Er verstand sich ja selbst nicht mehr. Er hatte doch immer gewusst: Nelson gehörte nicht zu ihm. Er hatte ein anderes Zuhause. Er würde nicht ewig bei ihm bleiben. Seine Anwesenheit wäre nur vorübergehend. Das war alles ganz selbstverständlich gewesen.
    Doch jetzt, wo Nelson zu seinen Besitzern zurückgekehrt war, da merkte Arthur: Er hatte sich etwas vorgemacht. Natürlich hatte er die ganze Zeit über gewollt, dass Nelson bei ihm blieb. Sie waren ein gutes Team gewesen. Das Tier war ihm ans Herz gewachsen. Viel mehr, als er es überhaupt für möglich gehalten hatte.
    Die Leere, die der Kater hinterlassen hatte, lastete schwer auf Arthur. Das hatte man also davon, wenn man sein Herz öffnete. Die Folge war, dass es einem die Beine wegschlug. Dabei hatte das Alleinsein für ihn in den letzten Jahren doch so gut funktioniert. Warum hatte er die Katze nicht gleich am Anfang davongejagt? Er hatte sich gut eingerichtet in seinem Leben, ihm hatte nichts gefehlt. Es war ihm trotz allem gut gegangen.
    Und jetzt das. Er fühlte sich, als wäre er krank. Wegen so eines blöden Tieres. In diesem Zustand konnte er auf keinen Fall zum Weihnachtsmarkt gehen. Dazu hatte er einfach nicht genügend Kraft. Er brauchte Zeit.
    Bedächtig zog er seine Brieftasche hervor und suchte den kleinen Zettel mit der Telefonnummer heraus, den er vor ein paar Tagen hineingesteckt hatte. Er stand auf und ging zum Telefon, dann nahm er den Hörer ab und wählte.
    »Ja, hallo?«, meldete sich eine Stimme.
    »Hallo, Bianca. Hier ist Arthur Hummel.«
    »Herr Hummel!«, rief sie freudig. »Was für eine Überraschung. Wie geht es Ihnen?«
    Sie viel Fröhlichkeit. So viel Wärme. Das Mädchen war gedanklich noch bei dem kleinen Komplott, mit dem sie und Murat Arthur ein Rendezvous verschafft hatten. Ihm selbst kam es jedoch vor, als wäre das schon Ewigkeiten her.
    Arthur ärgerte sich plötzlich. Er wollte nicht, dass diese fremde Studentin so viel über ihn wusste und sich ihm gegenüber so distanzlos verhielt. Er kannte sie doch kaum. Er war nicht ihr Freund, falls sie das glaubte.
    Er hatte bereits viel zu viel über sich preisgegeben, und das galt nicht nur für die Studentin. Nelson hatte ihn dazu verleitet. Er war selbst schuld.
    »Haben Sie neulich denn noch einen schönen Abend auf dem Weihnachtsmarkt gehabt?«, fragte sie.
    »Deshalb rufe ich nicht an«, sagte er ruppig. »Mich interessiert nur, ob Sie sich noch ein bisschen Geld dazuverdienen wollen.«
    Sie wirkte irritiert. Das Fröhliche war verflogen. »Ich … ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen.«
    »Ich brauche eine Vertretung. Bin krank. Sie kennen den Stand und die Arbeit ja. Der Stundenlohn wäre der gleiche wie bisher. Also, wie sieht’s aus?«
    »Ähm … ja … also, gern.« Sie wirkte immer noch völlig irritiert, doch Arthur beschloss, nicht weiter darauf einzugehen. Hier ging es nur um einen Geschäftskontakt, mehr nicht. Wenn diese junge Frau etwas anderes suchte, war sie bei ihm falsch.
    »Gut«, sagte er knapp. »Wann können Sie anfangen? Am liebsten so bald wie möglich.«
    Sie vereinbarten, dass sie sich gleich auf den Weg machen würde, um den Schlüssel zu holen. Dann könnte sie noch heute beginnen. Nachdem Arthur das Telefonat beendet hatte, ging er in die Küche. Dabei stieß er gegen den leeren Katzenkorb, der im Flur auf dem Boden stand. Er betrachtete ihn mit schwerem Herzen, ging weiter und ließ sich auf den Küchenstuhl sinken.
    Bianca würde viel Geld kosten. Geld, das er im Grunde gar nicht besaß. Noch stand er gut da, aber im Sommer würde er sich etwas anderes überlegen müssen. Vielleicht konnte er etwas anderes herstellen, was sich auf den Wochenmärkten verkaufen ließ. Oder er suchte sich eine Arbeit als Pförtner. Irgendwie würde es schon gehen.
    Sein Blick fiel auf das Familienfoto, das auf dem Gewürzregal stand. Sophie lachte auf ihn herab, darunter lugte Anna neugierig in die Kamera.
    Das Bild von Anna versetzte ihm einen Stich. Sie wollte sich mit ihm versöhnen, deshalb war sie hergekommen. Dabei war das seine Idee gewesen, diese Versöhnung. Jetzt fragte er sich aber, ob er überhaupt die Kraft dazu hatte. Wäre es nicht viel einfacher, so weiterzumachen wie bisher? Ihm hatte doch nichts gefehlt.
    Er brauchte Zeit. Er würde darüber nachdenken. Doch nicht heute. Heute fühlte er sich nicht stark genug, eine

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