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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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nichts von dir gehört.«
    »Tut mir leid.«
    »Ist schon gut... dieser ... nach diesem Horror habe ich gedacht... dass uns aus heiterem Himmel schreckliche Dinge widerfahren können ... ohne jeden Grund. Bloß weil wir da sind und etwas Böses über uns gekommen ist. Es hat mich dazu gebracht, manches in die richtige Perspektive zu rücken, es war ein Weckruf... und dann habe ich zum ersten Mal daran gedacht, wieder hierher zu ziehen, um in der
    Nähe der Leute zu sein, mit denen ich aufgewachsen bin, und ... na ja, ich habe angefangen, an dich zu denken.«
    Ich schwieg eine ganze Weile, dann sagte ich wahrheitsgemäß: »Ich hatte ähnliche Gedanken.« Wie lange kann man seinen Groll aufrechterhalten? Tja, in meinem Fall eine ganze Weile. Der 11. September hatte mich nachdenklich gestimmt und möglicherweise auf den Weg gebracht, der mich hierher geführt, wie er auch Susan hierher geführt hatte.
    Sie setzte ihren Gedankengang fort und fragte: »Wie lange können wir auf Menschen wütend sein, die wir einst geliebt haben, angesichts von ... so viel fremden Hass und Bösartigkeit?«
    Das klang nach einer rhetorischen Frage, war es aber nicht, daher antwortete ich: »Die Wut ist verflogen. Selbst das Gefühl, betrogen worden zu sein, ist weg. Was geblieben ist... na ja, ein schwer getroffenes Ego und eine gewisse ... Verlegenheit darüber, dass mir so was passiert ist. In aller Öffentlichkeit.«
    »Und darüber bist du nicht weggekommen?«
    »Nein.«
    »Wirst du es jemals?« »Nein.«
    »Kann ich irgendetwas tun?« »Nein.«
    Sie holte tief Luft und sagte: »Er ist tot, John. Ich habe ihn getötet. Unsere twegen.«
    Ich musste mich der Sache endlich stellen, deshalb erwiderte ich: »Das hast du gesagt.«
    Sie blieb stehen, und ich ebenfalls. Wir schauten einander an, und sie sagte: »Ich war bereit, den Rest meines Lebens ins Gefängnis zu gehen, um dir deinen Stolz und deine Ehre wiederzugeben. Das war meine öffentliche Buße und meine öffentliche Demütigung, die ich auf mich genommen habe, weil ich hoffte, du würdest mich zurücknehmen.«
    Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte, versuchte es jedoch und sagte: »Susan ... einen Menschen zu ermorden ist kein -«
    »Er war böse.«
    Das war er in der Tat. Aber meiner Meinung nach wurde ihr das erst klar, nachdem er sie verstoßen hatte. Bis zu dem Zeitpunkt war sie, glaube ich, bereit, mit ihm nach Italien durchzubrennen, wohin ihn die Regierung im Zuge des Zeugenschutzprogramms schicken wollte. »Du musst mir erklären, warum du ihn erschossen hast.«
    »Ich hab's dir doch gerade gesagt.«
    Ich erkannte einen Teil der alten Susan, die leuchtend grünen Augen, verrückte Augen, und den Schmollmund, der zu einer schmalen, verkniffenen Linie wurde, dazu das vorgeschobene Kinn, als wollte sie sagen: »Wehe, du wagst es, mir zu widersprechen.«
    Aber genau das musste ich tun, und so sagte ich: »Das glaubst du vielleicht jetzt, zehn Jahre später. Aber deswegen hast du ihn nicht umgebracht. Nicht meinetwegen und nicht unseretwegen.«
    Sie starrte mich an, und ich starrte zurück. Ich hatte sie deswegen schon mal zur Rede gestellt, im Palmenhof von Alhambra, als Frank Bellarosa tot am Boden lag und ein Dutzend FBI-Agenten und Detectives der Bezirkspolizei Platz machten, damit Mrs Sutter, eine Mord verdächtige, und ihr Gatte, der zugleich ihr Anwalt war, ein Privatgespräch führen konnten. Und als ich sie seinerzeit fragte, warum sie ihn umgebracht habe, hatte sie mir die gleiche Antwort gegeben wie soeben. Hätte ich das damals so hingenommen, hätten wir unser Leben wieder aufbauen können.
    Aber es war nicht die richtige Antwort, und auf Lügen kann man nicht bauen.
    Die richtige Antwort, die wahrheitsgemäße, lautete ganz anders als das von Susan genannte Motiv. Genau genommen kommt nämlich auch mir eine gewisse Schuld zu oder ein gewisses Verdienst, wenn man es anders herum betrachtet.
    Wir starrten einander weiter an, und ich dachte an meinen Besuch in Alhambra, als Bellarosa grippekrank im Bett gelegen hatte und sich von den Folgen der Schrotflintenschüsse erholte, die ein paar Monate vorher vor Giulio's Restaurant auf ihn abgegeben worden waren.
    Es war nicht mein erster Besuch gewesen, doch es sollte mein letzter sein, denn ein paar Tage später war er tot. Er bezog sich damals auf sein Angebot, mir einen Gefallen zu tun dafür, dass ich ihm vor Guilio's das Leben gerettet hatte, als er sagte: »Ich denke über den Gefallen nach, den ich Ihnen

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