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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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möchte ihre Reaktion sehen.«
    Susan war eindeutig an einem Punkt in ihrem Leben und in ihrer seelischen Entwicklung angelangt, der sie zu einer verspäteten Rebellion wider die elterliche Autorität anstachelte. Das kam zwar ein paar Jahrzehnte zu spät, aber ich erkannte, dass sie es mit dieser Rebellion ernst meinte; sie musste sie nur noch durchziehen.
    Ich dachte auch daran, dass sie einen alten Freund ihres Vaters geheiratet hatte, Dan Hansen, und man musste keine große Analyse anstellen, um dahinterzukommen, dass es sich um eine arrangierte Ehe handelte, die sie eingegangen war, um Daddy eine Freude zu machen. Jetzt wollte sie Daddy das eine oder andere zeigen. Ich zweifelte nicht daran, dass sie mich liebte und meinetwegen ihre Eltern und ihr Geld aufgeben würde, aber sie wollte es Dad damit auch ein bisschen heimzahlen.
    Susan hatte eine gute Nachricht für mich: »Ich möchte ja nicht kalt klingen, aber sie haben nicht mehr allzu viele Jahre zu leben.«
    Ich ließ das auf sich beruhen und brachte ein verwandtes Thema zur Sprache: »Ich frage mich außerdem, ob sich unsere Heirat auf die Treuhandfonds und das Erbteil der Kinder auswirken wird.«
    Susan wirkte überrascht und erwiderte, ohne nachzudenken: »Das würden sie ihren Enkeln niemals antun.«
    Ich schwieg und wollte selbst daran glauben, aber ich kannte die Stanhopes gut genug und konnte mir die Frage selbst beantworten; William zumindest war so nachtragend, dass auf seinem Familienwappen, wenn er denn eins hätte, stehen könnte: »Ich schneide mich ins eigene Fleisch«, dazu ein Mann im Profil, der sich mit einem Messer das Gesicht verunstaltet.
    »Das Geld der Kinder ist in einem Treuhandfonds«, erinnerte mich Susan.
    Weil ich sie nicht aufregen wollte, sagte ich: »Das stimmt.« Aber ich hatte die Dokumente zu diesem Treuhandfonds gesehen und wusste, ohne mich in Rechtsfragen ergehen zu müssen, dass Großvater das, was Großvater gegeben hat, auch wieder nehmen konnte. Zudem war ihr nichtsnutziger Bruder Peter der Verwalter des Treuhandfonds, und William konnte über Peter den Fonds manipulieren und die monatlichen Zahlungen an die Kinder völlig einstellen. Außerdem konnte er dafür sorgen, dass Edward und Carolyn keinen Heller vom Grundkapital zu sehen bekamen, bis sie fünfzig waren. Und natürlich konnte er seine Enkel jederzeit enterben.
    Ich fühlte mich dazu verpflichtet, Susan all das klarzumachen, denn selbst wenn sie bereit war, auf ihr Erbteil und ihre Unterhaltszahlungen zu verzichten, wäre sie für Edward und Carolyn nicht dazu bereit. Wenn es darauf hinauslaufen sollte, dann musste John Sutter möglicherweise gehen. Und ich hätte Verständnis dafür.
    Unterdessen konnte ich nur hoffen, dass William seine Enkelso sehr liebte, dass er sie nicht für die Sünden seiner Tochter bestrafen würde, deshalb sagte ich: »Na schön, aber du bist dir doch darüber im Klaren, Susan, dass du womöglich deinen Unterhalt und dein Erbteil von einem Millionenvermögen verlierst?«
    »Ja, John, darüber bin ich mir im Klaren.«
    »Und du willst mich trotzdem heiraten?«, fragte ich, nicht ganz im Scherz. »Nicht mehr«, erwiderte sie. »Du kostest mich zu viel.« Ich nahm an, dass sie witzig sein wollte, deshalb sagte ich: »Das ist eine ernste Sache.«
    »Ich kann es kaum fassen, dass du mir so eine Frage stellst.« »Entschuldigung.« »Aber, Moment... sag mir noch mal, was für mich herausspringt.« »Bloß ich.«
    »Das ist alles? Ein Märchenprinz ohne Job und Geld?« »Ich habe ein Juradiplom.«
    »Kann ich das sehen?«
    Wir lächelten beide und nippten an unseren Drinks. Okay, ich hätte mich auch gewundert, wenn es anders ausgegangen wäre. Susan Stanhope Sutter war verliebt und wollte mich wiederhaben, und was Susan will, kriegt Susan auch. Ich war
    ebenfalls verliebt und hatte nie aufgehört, sie zu lieben, daher sollte die Sache klappen, theoretisch.
    Susan schlug die Beine übereinander, schaute aus dem Fenster und sagte wie zu sich selbst: »Die Liebe besiegt alles.«
    »Richtig.« Omnia vincit amor, wie Vergil sagte, was mich an mein nächstes Thema erinnerte, falls ich daran erinnert werden musste.
    29
    Nachdem die Problematik mit Familie Stanhope aus dem Weg beziehungsweise offen dargelegt war, wollte ich mit Susan über das Thema Anthony Bellarosa sprechen, und zwar in Bezug auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Aber Susan zog einen Spaziergang zum Pförtnerhaus vor, vielleicht um nachzusehen, ob irgendwo Höschen am

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