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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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mitnehmen, bevor alles ausgeräumt wird.« »Gute Idee.«
    Ich warf einen Blick auf die Kuckucksuhr, die halb vier zeigte, und sagte: »Wie war's mit morgen früh?« »In Ordnung.«
    Ich dachte, unsere Hausbesichtigung wäre vorüber, deshalb sagte ich: »Wollen wir uns nicht auf den Patio setzen?« »Lass uns den ersten Stock ansehen.«
    Ich folgte ihr durch die Diele und die Treppe nach oben. Sie betrat Ethels Schlafzimmer und ging hinein. Die Vorhänge waren zugezogen, und das Zimmer war dunkel und roch muffig. Die Türen von Kleiderschrank und -kammer standen offen, ebenso die Schubladen, und der Großteil der Kleidung lag auf der blanken Matratze. Es war alles in allem ein bedrückender Anblick, der mich daran erinnerte, was der Priester bei Frank Bellarosas Beerdigung gesagt hatte, als er am Grab aus dem Timotheusbrief zitierte: Denn wir haben nichts in die Welt gebracht, darum werden wir auch nichts hinausbringen.
    Susan äußerte sich nicht zu Ethels Schlafzimmer, und wir gingen hinaus und schlossen die Tür.
    Sie warf einen Blick ins Badezimmer, sah den Haufen Handtücher am Boden und fragte: »Ist die Waschmaschine kaputt?« »Ich weiß es nicht. Wo ist sie?«
    »Ich schicke morgen meine Putzfrau her, damit sie hier aufräumt.«
    »Das ist sehr nett.« Wie konnte ich vergessen, dass ich zu meinem neuen Haus und meiner frischgebackenen Braut auch eine Putzfrau bekam?
    »Hat sie hier geduscht?«
    »Die Putzfrau?«
    »John.«
    »Ich glaube schon. Ja.«
    Susan ging in mein Schlafzimmer und blickte sich in aller Ruhe um. Sie starrte auf das Bett, bemerkte dann die leere Weinflasche auf dem Nachttisch und konzentrierte sich auf die beiden Weingläser, die ich hätte wegbringen sollen. »Wieso stehen hier zwei Gläser?«, erkundigte sie sich.
    Mir fielen mehrere Antworten ein, unter anderem auch, dass ich Susan von Elizabeths imaginärer Freundin aus Kindertagen erzählen könnte, die Wein trank, aber um es einfach zu machen und so nahe wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben, sagte ich: »Elizabeth wollte in ihrem alten Zimmer schlafen, deshalb haben wir uns einen Schlummertrunk genehmigt, bevor sie sich zurückzog.«
    »Das ist ja so was von lahm.«
    Ich holte tief Luft, dachte daran, dass die Wahrheit die letzte Zuflucht der Ertappten ist, und sagte: »Na schön ... also, wir ... haben ein bisschen zu viel Wein getrunken und daran gedacht, sind aber zu dem Schluss gekommen, dass es ein großer Fehler wäre.«
    Keine Antwort.
    Und so fuhr ich fort: »Dein Name ist gefallen, und Elizabeth war ... unwohl bei der Sache, weißt du, und mir, ehrlich gesagt, auch.« Wieder keine Antwort.
    Man sollte aufhören, wenn man vorn liegt, aber ich wusste nicht, ob ich vorn lag. Zur Sicherheit schloss ich: »Das ist die reine Wahrheit.«
    »Das ist nicht ganz das, was du mir vorhin erzählt hast.«
    »Stimmt, aber jetzt weißt du es ganz genau.« Ich ärgerte mich ein bisschen über mich selbst, weil ich mich verteidigte, bis mir einfiel, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Ich stellte fest: »Ich war letzte Nacht ein freier Mann, Susan, und selbst wenn ich mit ihr geschlafen hätte, ginge es dich nichts an.«
    Sie drehte sich um, verließ das Schlafzimmer und ging die Treppe hinab. Bei Susan kann man schwer sagen, ob sie wütend, gleichgültig oder von der Rolle ist. Manchmal braucht sie ein paar Minuten Zeit, um selber dahinterzukommen, deshalb nutzte ich die Gelegenheit und räumte auf.
    Ich hörte, wie sie rief: »Ich bin auf dem Patio.«
    Ich wartete noch eine Minute, stieg dann mit den zwei Gläsern und der leeren Weinflasche die Treppe hinab und warf sie in den Mülleimer unter der Spüle. Ich ging hinaus auf den Patio und sah Susan durch den Nutzgarten laufen. »Ich habe um vier einen Termin«, rief ich ihr zu. Sie antwortete nicht.
    »Aber ich muss vorher mit dir sprechen.«
    Sie warf mir einen Blick zu und fragte: »Worüber?« »Setz dich hierher, Susan. Es dauert nicht lange.«
    Sie kam auf den Patio. »Wohin musst du um vier?« »Darüber möchte ich mit dir sprechen. Nimm Platz.«
    Sie zögerte, dann setzte sie sich an den Tisch, und ich nahm den Sessel neben ihr. Ich fing an: »Das wird ... nun ja, ein bisschen unglaubwürdig klingen, aber wie ich dir schon gesagt habe -«
    »Du hast also nicht mit ihr geschlafen, weil du an mich gedacht hast?«
    Offenbar waren wir mit dem Thema noch nicht fertig, deshalb erwiderte ich: »Ganz recht.« Ich führte das weiter aus: »Ich hatte kein gutes Gefühl dabei. Vor

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