Nelson DeMille
halten.«
Ich nickte und fragte: »Warum haben Sie am Telefon zu mir gesagt, dass Ihrer Meinung nach keine unmittelbare Gefahr besteht?«
Ein paar Sekunden lang antwortete er nicht, dann sagte er: »Es ist ein bisschen kompliziert, aber es hat etwas mit John Gottis Tod zu tun, mit Salvatore D'Alessio und ein paar Veränderungen, die sich in den nächsten Wochen ergeben werden.«
»Mit anderen Worten, Anthony Bellarosa ist anderweitig beschäftigt.«
»So sieht es aus. Anthony Bellarosa hat seinerseits ein paar Sicherheitsprobleme, und das ist möglicherweise der Hauptgrund für sein Verschwinden. Es geht das Gerücht, dass sich einer von ihnen - Bellarosa oder D'Alessio - innerhalb von ein paar Wochen zurückziehen wird. Die Tradition will es, dass eine Vendetta während der Totenwache und der Beerdigungsfeierlichkeiten ruht.«
»Ein sehr zivilisierter Brauch. Bezieht sich das auch auf irgendwelche Vendettas wider die Sutters?«
»Nein. Aber es beschert Anthony und Sal eine ruhige Woche im Umgang miteinander.«
»Das freut mich zu hören. Warum wurde diese Sache nicht vor zehn Jahren beigelegt?«
»Auch das hat etwas mit Gottis Tod zu tun und mit dem Waffenstillstand, den er nach dem Vorfall vor Giulio's aushandelte«, erwiderte Mancuso und erklärte: »Dem organisierten Verbrechen geht es ums Geldverdienen - nicht um Bandenkriege, Schlagzeilen oder bunte Bilder im Fernsehen, die die Allgemeinheit beunruhigen. Und deshalb haben Anthony und sein Onkel all die Jahre koexistiert. Aber jetzt... nun, es ist genauso wie bei Ihnen, Mr Sutter. Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen.«
Ich erwiderte nichts.
Mr Mancuso fügte seiner Erklärung einen weiteren Vergleich aus der Landwirtschaft hinzu: »Was wir säen, das ernten wir auch.«
Das war nicht genau das, was ich von Felix Mancuso hören wollte, den ich eher für einen weißen Ritter hielt als für den Sensenmann. Aber vielleicht bezog er sich nur auf Anthony und Onkel Sal, nicht auf Susan und mich.
Er schloss seine Erklärung zum derzeitigen Stand der Dinge mit den Worten ab: »Sie und Mrs Sutter haben für Anthony nicht die höchste Priorität, vielleicht nicht einmal die zweithöchste. Aber wenn er sich um seine anderen Angelegenheiten mit Freunden und Verwandten gekümmert hat - oder sie sich um ihn gekümmert haben -, dann muss er die Rechnung mit Mrs Sutter begleichen. Das ist etwas Persönliches, aber im Hinblick auf sein Ansehen ist es auch etwas Geschäftliches.« Ich dachte schon, er würde fragen: »Capisce?«, aber er sagte: »So sieht unserer Meinung nach derzeit die Lage aus.«
»Aha.« Ich dachte einen Moment nach, bevor ich sagte: »Aber Sie könnten sich auch irren.«
»Möglicherweise, deshalb sollten Sie nicht nachlässig werden.« »Das hatte ich nicht vor.«
»Gut. Und noch etwas ... falls Salvatore D'Alessio verschwinden oder ermordet werden sollte, dann sollte das für uns alle ein Zeichen sein, dass Anthony Bellarosa am Leben ist und ein paar Rechnungen begleicht. Und falls Anthony tot aufgefunden wird, dann können Sie, Salvatore D'Alessio und ein paar andere durchatmen.«
»Ich verstehe. Ich drücke Sally Da-da die Daumen.« Mr Mancuso gab keinen Kommentar dazu ab.
Ich dachte über all das nach und sagte: »Tja, aus naheliegenden Gründen müssen wir diese Woche hier bleiben, aber -«
»Ich würde Ihnen raten, diese Woche Ihren ganz normalen Angelegenheiten nachzugehen. Sie haben Besuch und werden bei Totenwache und Beerdigung unter Leuten sein, und wie schon gesagt, erst müssen Anthony Bellarosa und sein Onkel ihre Meinungsverschiedenheiten beilegen. Das ist die einzig sinnvolle Strategie.«
»Okay.« Aber ich war mir sicher, dass niemand Anthony bezichtigte, er wäre ebenso logisch und intelligent wie sein Vater. Ich fragte Mancuso: »Sie glauben also nicht, dass irgendeine Gefahr für meine Hausgäste besteht... meine Kinder?«
»Ich kann das nicht mit hundertprozentiger Gewissheit sagen, aber ich bezweifle ernsthaft, dass Anthony irgendetwas tun würde, das die Allgemeinheit schockiert, ihn die ganze Macht des Gesetzes spüren lässt oder, was noch wichtiger ist, seine Freunde und Komplizen so verärgert, dass sie sich gegen ihn wenden. Und Ihre Tochter ist stellvertretende Bezirksstaatsanwältin. Damit ist sie unantastbar. Er hat es auf Mrs Sutter abgesehen und möglicherweise auch auf Sie, und nur dafür hat er die Erlaubnis der Organisation. Wer immer den Auftrag für Frank Bellarosas Tod erteilt hat - sagen
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