Nelson DeMille
Anthony nicht gesagt hatte, etwas, mit dem ich nie richtig ins Reine gekommen war. »Als ich Frank bat, dir zu erklären, dass es aus sei, dachte oder hoffte ich, du würdest über ihn wegkommen ... aber vielleicht dachte ich auch, du würdest es ihm heimzahlen.« Ich holte tief Luft. »Aber vielleicht kam mir der Gedanke erst hinterher, weil... na ja, nachdem du ihn umgebracht hattest, war ich mir selbst nicht sicher, ob ich das gewollt oder erhofft hatte, als ich die Sache in Gang setzte ... ich war mir nicht sicher, ob ich mir ein Verdienst an seinem Tod zuschreiben oder ob ich ein schlechtes Gewissen haben und einen Teil der Schuld auf mich nehmen sollte ... und selbst heute bin ich mir dessen nicht sicher.«
Nun blickte Susan zu mir, aber ihre Miene war nach wie vor nichtssagend.
»Ich wollte dich wiederhaben, und ich wollte nicht, dass du ihn liebst... obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich nicht wollte, dass er tot ist. Aber wenn ja, dann hattest du diesbezüglich recht - ich hätte ihn selbst umbringen sollen.«
Sie blieb sitzen. Und ich sah, dass sie den Schock überwunden hatte, und ich war mir sicher, dass sie über die Ermordung eines Mannes nachdachte, der sie nach wie vor geliebt hatte, der sie nicht betrogen, sondern sich nur an meine Anweisungen gehalten hatte, um einen Gef allen zu vergelten - eine Ehren sache.
Ich konnte nicht einmal ansatzweise ermessen, wie ihr jetzt zumute war oder was sie von mir hielt.
Es gab nicht mehr viel hinzuzufügen, deshalb sagte ich: »Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich bei dir dafür entschuldigen muss, dass ich ihn gebeten habe, dich anzulügen - ihr beide habt mich oft genug belogen -, und ich werde dich bestimmt nicht darum bitten, mir zu vergeben. Aber ich möchte dir klarmachen, dass ich einen Teil der Schuld auf mich nehme.« »Ich habe ihn umgebracht. Nicht du.«
»In Ordnung. Aber - wenn du über all das nachdenkst -« »Ich glaube, er hat dich mehr geliebt als mich.«
»Er war mir einen Gefallen schuldig.«
Sie holte tief Luft und fuhr fort: »Er hat ständig von dir geredet, und mir war dabei unwohl, und ich ... wurde wütend ... und -«
»In Ordnung. Ich muss das nicht hören. Du hast allerhand zu bedenken, bevor du dich entscheidest... wie dir zumute ist. Ich bringe die Sache mit Mancuso zu Ende. Du musst nicht dabei sein.«
Ich ging zur Tür.
»John. «
Ich schaute zu ihr zurück, und sie fragte mich: »Wolltest du mich wirklich wiederhaben?« »Ja.«
»Warum hast du mich dann nicht wieder zu dir genommen, als er tot war?« »Ich hatte meine Meinung geändert.«
»Wieso?«
»Weil... mir hinterher klar wurde, dass ... Ich wollte, dass du ihn verlässt, weil du ihn verlassen wolltest - ich wollte, dass du zu mir zurückkommst, weil du mich mehr liebst als ihn ... dass er dich verlassen hatte und tot war, war nicht ganz das, was ich mir wünschte.«
Sie schwieg.
Ich wollte mich umdrehen und gehen, aber wieder sagte sie: »John. « »Ich muss los.«
»Du musst mir erklären, wieso wir nicht wieder zusammengekommen sind, nachdem ich ihn getötet hatte.«
»Das habe ich dir doch gerade erklärt.« »Nein, hast du nicht.«
Wie schon gesagt, Susan kennt mich, und ich kann zwar davonlaufen, aber verstecken kann ich mich nicht. Deshalb sagte ich: »Na schön. Ich war ... blamiert. In aller Öffentlichkeit. Wenn nur wir drei von deinem Verhältnis mit ihm gewusst hätten - und natürlich das FBI -, hätte ich dir vergeben können. Aber als landesweit in den Nachrichten darüber berichtet wurde, als man sich in der Boulevardpresse und in Umkleideräumen darüber lustig gemacht hat, da ...« Ich schaute sie an und sagte: »Und du fragst dich, warum ich in mein Boot gestiegen und schleunigst von hier abgehauen bin? Für was für einen Mann hältst du mich eigentlich?«
Sie schlug die Hände vors Gesicht, und ich hörte, dass sie weinte. Ich war mir nicht sicher, weswegen sie weinte - wegen des Mordes an Bellarosa, der nicht so gerechtfertigt gewesen war, wie sie bislang gedacht hatte? Oder weinte sie vielleicht, weil sie endlich begriff, in was für ein Chaos sie alle Menschen in ihrem Umfeld gestürzt hatte? Aber möglicherweise wurde ihr auch bewusst, dass mich Bedenken quälten, was unser erneutes Beisammensein anging.
Ich drehte mich um und verließ das Zimmer.
46
Felix Mancuso saß noch in meinem Büro und telefonierte mit seinem Handy.
Ich wartete, bis er fertig war, und sagte: »Mrs Sutter fühlt sich nicht wohl, deshalb sollten wir
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