Nelson DeMille
ich nicht heiraten möchte?
Nun, ja. Er sagte: »Ich bin mir nicht sicher, ob du dich damit abfinden würdest, dass Susan eine ganze Reihe von Männern hatte. Dieser Umstand würde immer wieder sein hässliches Haupt heben - es könnte in Gesprächen auftauchen, oder sie könnte einen Brief oder Anruf von einem früheren Freund erhalten -, und das würde wahrscheinlich zu Streitigkeiten führen und irgendwann zu ... nun, weiterem Unglück. Für euch beide.«
Ich war mir ziemlich sicher, dass die meisten Väter ihren angehenden Schwiegersöhnen nicht dazu rieten, die Ehe zu überdenken, weil ihre Töchter eine sexuelle Vorgeschichte hatten, die eine kleine Bibliothek füllen würde. Aber William sah darin eine rasche und sichere Möglichkeit, meiner Leidenschaft für seine Tochter einen Dämpfer zu verpassen. Danach könnten wir uns wieder dem Geld zuwenden.
»Ich weiß deine Bedenken und deine Offenheit zu schätzen«, sagte ich. »Aber du musst dir darüber im Klaren sein, dass Susan und ich wissen, dass in den letzten zehn Jahren keiner von uns ein Heiliger war. Ehrlich gesagt, William, hatte ich in jedem Hafen eine Frau, und sogar ein paar im Binnenland. Was an Bord los war, darüber möchte ich gar nicht sprechen. Aber meine und ihre Vergangenheit sind für unsere Zukunft irrelevant.« Es sei denn, eins der Arschlöcher von Hilton Head hat sie besucht. »Folglich müssen wir dem nicht weiter nachgehen. Ich bin, offen gestanden, überrascht, dass du mit mir über das Sexualleben deiner Tochter sprichst.«
Daraufhin lief er rot an, und seine Augen zuckten. Er räusperte sich erneut - Streptokokken? - und sagte: »Nun, ich versuche nur, dir die rosarote Brille abzunehmen.«
Williams Klischees waren schon steinalt gewesen, als er noch ein Kind war. »Ich schaue immer hin, bevor ich springe«, erwiderte ich.
»Das will ich doch hoffen. Aber ich habe das Gefühl, dass du diese Ehe eingehen willst, trotz meiner und Charlottes Einwänden.«
Ich wurde albern und sagte: »Ich habe die Absicht, Mr Stanhope, Euch um die Hand Eurer Tochter zu bitten, und außerdem bitte ich Euch und Mrs Stanhope um Euren Segen.«
Möglicherweise erinnerte er sich daran noch vom letzten Mal, und als sentimentaler alter Trottel, der er ist, würde er feuchte Augen bekommen und sagen: »Ich bin stolz und geehrt, dich als meinen künftigen Schwiegersohn bezeichnen zu dürfen.«
Genau genommen schnaubte er.
»Sir?«
»Segen?« Er schnaubte erneut. »Wir werden dieser Ehe nie und nimmer unseren Segen geben.«
»Dann nehme ich an, dass auch eine großzügige Aussteuer nicht in Frage kommt.«
»Aussteuer? Das soll sicherlich ein Witz sein.«
»Nun ...ja.«
Da wir mit dem Thema Segen und heiliges Sakrament der Ehe befasst waren, sagte ich: »Ich bin ein bisschen ungehalten über dich, William, weil du mit Pater Hunnings darüber gesprochen hast.«
Allem Anschein nach überraschte es ihn nicht, dass ich davon wusste - wenn man ein Problem mit einem anderen Gemeindemitglied hat und sich damit an einen Priester wendet, ist es üblich, dass der Pater zwischen beiden vermittelt. Das ist der Sinn der Sache.
Ich glaube nicht, dass ich Priester sein möchte - alle möglichen Leute schütten einem ihr Herz aus, bitten einen um Rat oder Anleitung oder wollen, dass man Gott auf ihre Seite zieht, damit er ihnen einen Teil der schweren Aufgabe abnimmt.
Anscheinend hatte William über meine Aussage nachgedacht und sagte: »Du solltest nicht ungehalten über meinen Besuch bei Pater Hunnings sein, John. Du solltest das Angebot einer pastoralen Beratung begrüßen.«
»Du willst nicht, dass Susan und ich heiraten - von was für einer pastoralen Beratung reden wir eigentlich?«
»Von einer, bei der dir klar wird, dass dein Bestes nicht unbedingt auch das Beste für die angehende Braut ist.«
»Aha. Nun ja, ich glaube, das hast du mir schon mal gesagt. Warum ziehst du also Pater Hunnings in die Sache rein?«
»Ich hoffe doch, ich muss dir nicht erklären, dass in unserer Religion die voreheliche Beratung eine Voraussetzung für eine kirchliche Trauung ist.«
»Tja, es gibt zweierlei Arten von Beratung. Warum habe ich das Gefühl, dass du bereits irgendwas ausgeheckt hast?«
»Willst du damit andeuten, dass ich ... Pater Hunnings beeinflusst habe?«
»Ich glaube, >einflüstern< ist das treffendere Wort. Und möglicherweise hast du ihm einen Anreiz geboten, damit er Susan von der Ehe abrät.«
»Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung.«
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