Nelson DeMille
der Schrotflinte auf ihn warten. »Wenigstens ist er morgen weg, und wir sind am Dienstag in London«, sagte ich zu Susan.
»John, meinst du, dass die Kinder in Gefahr sind? Ich gehe nicht nach London, wenn -« »Sie sind nicht in Gefahr.« Ich dachte an Anthonys hübschen, sauberen Auftragsmord in Giovanni's Ristorante, außerdem erinnerte ich mich daran, was Anthony in seinem Vorgarten zu mir gesagt hatte. »Frauen und Kinder lässt man davonkommen«, erklärte ich, »... na ja, die Kinder jedenfalls. Carolyn ist Bezirksstaatsanwältin und damit praktisch unberührbar.«
Susan nickte. »Na schön ... dann freue ich mich auf London.«
»Und danach kommt Paris.«
»Gut. Ich war nicht mehr außer Landes, seit... wir in Rom waren.«
Geizige Liebhaber. Oder Provinzheinis. Unterdessen war ich zehn Jahre außer Landes gewesen und wäre gern noch eine Weile hiergeblieben - aber okay, auf, zurück nach London!
»Wird mir London mit dir Spaß machen?«, fragte Susan.
»Das hoffe ich doch. Ich will dir das Imperial War Museum zeigen.«
»Ich kann's kaum erwarten. Werden in London Frauen anrufen oder an deiner Tür klopfen?«
»Frauen? Nein. Natürlich nicht. Aber vielleicht sollten wir in einem Hotel absteigen.«
»Das können wir uns nicht leisten.« Noch eine neue Tatsache.
Wir saßen im Büro und redeten über das, was Mancuso gesagt hatte, und darüber, wie wir diese Situation wirklich sahen. Susan war optimistisch, und auch ich war der Meinung, dass Anthony Bellarosa möglicherweise mehr Probleme mit seinen Paesanos hatte als wir mit Anthony. Aber mein Leben, beziehungsweise ihres, würde ich darauf nicht verwetten.
Wir hörten Edward vorfahren, und Susan ging zur Tür und öffnete ihm. Zu dritt setzten wir uns in den oberen Wohnraum und plauderten über den Tag, über Segelboote, darüber, dass Susan und ich ihn in Los Angeles besuchen und vielleicht Oma Harriet mitbringen sollten. Hoffentlich gefiel ihr L. A. Vielleicht blieb sie dort. Außerdem teilten wir Edward mit, dass wir ein paar Tage nach London verreisen wollten und von dort weiter durch Europa. Er musste nicht wissen, wohin, bis wir dort waren, und vielleicht nicht mal dann. Auch von dem Mafia-Mord in Brooklyn musste er im Moment nichts wissen. Wenn er in L.A. davon hörte, würde er wahrscheinlich eins und eins zusammenzählen, warum wir auf die Schnelle nach Europa reisten. Oder Carolyn rechnete es ihm vor.
»Wie ist es mit Oma und Opa gelaufen, nachdem wir weg waren?«, fragte Edward.
Das passte gut zum Thema Auslassung. Ich überließ Susan die Antwort, und sie sagte wahrheitsgemäß: »Nicht besonders gut. Aber wir sprechen morgen noch mal miteinander.«
»Warum wollen sie nicht, dass ihr heiratet?«
Ich war an der Reihe. »Sie mögen mich nicht.«
»Du heiratest doch nicht sie.«
»Gutes Argument«, pflichtete ich ihm bei, »aber sie sehen das in einem größeren Zusammenhang.«
Edward durchschaute den ganzen Blödsinn. »Es geht nur um ihr Geld.« »Leider«, gab ich zu, »geht es um ihr Geld. Aber nicht um mehr.« Susan sagte: »Wir - wir alle - werden infolge dieser Heirat möglicherweise finanzielle Verluste erleiden.« »Das ist mir klar.«
Ich sagte: »Deiner Mutter und mir geht es nicht um uns, aber wir sorgen uns um dich und Carolyn.«
»Ich habe mit Carolyn darüber gesprochen«, erklärte Edward. »Uns ist es auch egal.«
Susan und ich schauten einander an. »Mal sehen, was sie morgen sagen«, sagte Susan und erinnerte Edward: »Dein Flug geht in aller Frühe.«
Er stand auf. »Gute Nacht.« Dann fragte er: »Wie sind sie bloß so geworden?« Nun ja, als Arschloch wird man geboren, sonst wird man keins. »Ich weiß es nicht«, erwiderte Susan, »aber ich hoffe, es ist nicht erblich.« Wir lachten alle darüber.
»Ich möchte darüber wirklich nicht mit den Kindern sprechen«, sagte Susan zu mir.
»Sie sind keine Kinder mehr.«
»S ie sind unsere Kinder, John. Und es gefällt mir ganz und gar nicht, dass meine Eltern sie als Faustpfand einsetzen.«
Da sprach wieder der Mutterinstinkt. Sie machte sich Sorgen darüber, was aus Edward und Carolyn werden sollte, wenn sie in die kalte, grausame Welt geworfen wurden und für sich selber sorgen mussten wie die anderen neunundneunzig Prozent der Menschheit.
Ich teilte Susans Sorgen nicht - sie würden zurechtkommen, und sie wussten es auch, und ich war der Meinung, dass wir sie so erzogen hatten, dass sie für sich sorgen konnten -, aber ich hatte Verständnis für Susans
Weitere Kostenlose Bücher