Nelson DeMille
niedergeschlagen erlebt.
Sie wandte den Blick ab. »Aber ... sein Angebot an dich steht, wenn du sofort darauf eingehst und morgen nach London fliegst... allein.«
»Na schön.« Ich wartete darauf, dass sie noch etwas sagte, was sie nicht tat, womit vermutlich noch eine weitere Frage beantwortet war. Und eigentlich konnte ich es ihr nicht verübeln. Liebe siegt leider nicht über alles. Beziehungsweise, um es freundlicher auszudrücken, Susans Liebe zu ihren Kindern - unseren Kindern - war stärker als die Liebe zu mir. Und mir ging es genauso. Derjenige, der gesagt hat, dass Kinder die Geiseln des Vermögens sind, muss einen Schwiegervater wie William Stanhope gehabt haben.
Ich wollte Susan erklären, dass rechtliche Garantien für sie und die Kinder nötig wären, weil ihr Vater sonst mit dem Geld machen konnte, was er wollte, unter anderem auch alles Peter überschreiben. Aber das hätte eigennützig geklungen, so als wollte ich sie davon überzeugen, dass mein Abgang ihr oder den Kindern nicht unbedingt ein finanziell abgesichertes Leben garantierte; er garantierte ihr lediglich, dass William weiter über ihr Leben bestimmte und vermutlich den nächsten Ehemann für sie aussuchte. Vielleicht wollte William, dass Sie Bob heiratete, den Sohn des toten Dan.
Zu diesem Thema fragte ich sie: »Was hat er dir angeboten?«
Sie zögerte, dann sagte sie wahrheitsgemäß: »Eine beträchtliche Aufstockung meiner Unterhaltszahlungen, wenn ich das Haus verkaufe und wieder nach Hilton Head ziehe.«
»Aha.« Tja, das Regiment von William dem Beherrscher geht weiter. Wie schon gesagt, ich nahm es Susan nicht übel und war auch davon überzeugt, dass sie ihre Eltern rausgeworfen hätte, wäre es nur um unser Leben gegangen. Ich hielt und würde auch in Zukunft nicht weniger von ihr halten, nur weil sie diese schwere Entscheidung traf. Ich hatte bereits die gleiche Entscheidung getroffen. Ich sagte zu ihr: »Bestell ihm, dass ich morgen abreise. Und richte ihm außerdem aus, dass er sein Schmiergeld nehmen und es sich in den Arsch stecken kann.«
Susan stand bloß da und senkte den Blick. »Tut mir leid ...«
»Das muss es nicht. Es ist unsere Entscheidung, nicht nur deine. Oder besser noch, schick ihn rein, dann sage ich's ihm selbst.«
Sie schüttelte den Kopf. »Er will dich nicht sehen ... er will nur eine Antwort von dir.«
»Meine Antwort lautet, dass ich morgen abreise, wenn er sofort in dieses Büro kommt.«
»Ich richte es ihm aus.« Sie schaute mich an. »Ich liebe dich.« »Das weiß ich.« »Liebst du mich auch?« »Ja.« Aber ich darf nicht.
Sie nickte wieder. »Wir hatten diese gemeinsame Zeit... und ich werde diese Woche nie vergessen.«
»Ich auch nicht. Du musst morgen irgendwohin fliegen, zusehen, dass du von hier wegkommst, bis sich die Lage beruhigt hat.«
»Ich weiß ... sie wollen, dass ich nach Hilton Head mitkomme. Aber ... Was soll ich bloß ohne dich machen?«
»Du wirst zurechtkommen. Ich warte hier auf deinen Vater.« Sie ging einen Schritt auf mich zu, aber ich sagte: »Sorge dafür.«
Sie wirkte verletzt und verloren. Ich wollte sie in die Arme nehmen, aber erst, wenn sie weg waren.
Sie stand reglos da, dann nickte sie und ging.
Ich starrte auf die Tür, hoffte, dass sie umkehren und zurückkommen würde, um mit mir gemeinsam ins Wohnzimmer zu gehen und die Stanhopes hinauszuwerfen. Aus unserem Haus. Gleichzeitig hoffte ich, dass sie diese Entscheidung nicht traf.
Ich hatte ... alle möglichen Gefühle. Wut mit Sicherheit. Aber hauptsächlich eine Art von Trauer, wie ich sie vor zehn Jahren empfunden hatte; die Erkenntnis, dass es vorbei war, und schlimmer noch, dass es nicht so sein sollte - dass zu viel Liebe zwischen uns herrschte, als dass man sie einfach wegwerfen konnte, aus Gründen, die nicht ausreichten, um die Trennung zu rechtfertigen. Und ich hatte auch das Gefühl, dass hier irgendetwas falsch war ... dass Susan recht und das Schicksal uns wieder zusammengeführt hatte. Warum also geschah das hier?
Ich blieb stehen und starrte die Tür an.
Ich konnte mich nur damit trösten, dass Susan, Edward und Carolyn jetzt William Stanhopes wahres Gesicht erkannten - und dass diese Erkenntnis im Lauf der Jahre besser für sie sein würde als sein Geld. Darüber hinaus tröstete mich auch die Überzeugung, dass William sich darüber im Klaren war, dass ich hinter den Kulissen wartete und wieder auftauchen würde, wenn er sich nicht an sein Versprechen hielt oder zumindest den
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