Nelson DeMille
nackt, und es dauerte einen Moment, bis mir klarwurde, dass ihre Handgelenke und Knöchel an die Bettpfosten gefesselt waren. Dann bemerkte ich das weiße Klebeband über ihrem Mund.
Sie wandte mir den Kopf zu, und ich sah die Angst in ihrem Blick. Aber Gott sei Dank war sie am Leben.
Anthony schloss die Tür hinter mir und sagte: »Da ist sie also, John. Du wolltest sie sehn, und jetzt können du und ich alles von ihr sehn. Und wie ich sehe, ist sie ein echter Rotschopf.«
Ich starrte weiter auf Susan, und sie blickte zu mir, während ihr Tränen übers Gesicht liefen. Ich stand auf und wollte einen Schritt auf sie zugehen, aber ein Schlag traf mich in den Rücken, und ich stürzte zu Boden. Ich lag da, war nicht so benommen, wie ich tat, und versuchte abzuschätzen, wie weit Anthony von mir entfernt war.
»Steh auf!«
Ich merkte, dass er sich von mir entfernte, deshalb blieb ich reglos liegen und hoffte, dass er nahe genug herankam, um mich noch mal mit dem Gewehrkolben zu schlagen.
Stattdessen jagte er neben meinem Gesicht einen Schuss in den Boden, sodass ich zusammenfuhr. »Steh auf, sonst kriegst du den nächsten in den Arsch!«, schrie er.
Ich kniete mich hin, atmete tief durch und schaute zu Susan. Sie zerrte an ihren Fesseln, Nylonstricken, wie ich feststellte, weinte und versuchte zu schreien. Ich sah rote Male in ihrem Gesicht, wo er sie offenbar geschlagen hatte, und ich entdeckte einen Ledergürtel auf dem Bett - einen meiner Gürtel.
Anthony sagte: »Ich werde deine Frau vergewaltigen, und du kriegst 'nen Platz in der ersten Reihe.«
»Sie sind ein abartiger Mistkerl.«
»Nein. Ich bin ein netter Kerl. Ich hab dir doch gesagt, Frauen und Kinder kommen davon. Daher bring ich sie nicht um, aber wenn ich mit ihr fertig bin, werdet ihr zwei euch wünschen, ihr wärt tot.«
Ich sagte nichts, wusste aber, dass ich etwas unternehmen musste, selbst wenn es etwas Schlechtes war. Wo war die Schrotflinte? Sie stand nicht neben dem Nachttisch, wo ich sie hingelehnt hatte. Vielleicht war sie im Schrank.
Anthony ging zur anderen Seite des Bettes, drückte Susan die Mündung des Gewehrs an den Kopf und sagte zu mir: »Kriech rüber zum Heizkörper. Komm schon, du Arschloch. Beweg dich!«
Ich wusste, wenn ich zum Heizkörper kroch, würde er mich ans Rohr ketten, und damit wäre jede Chance dahin, den Spieß umzudrehen.
Anthony ergriff den Ledergürtel, trat einen Schritt zurück und schlug ihn hart auf Susans Schenkel. Sie bog den Rücken durch, und ich hörte einen dumpfen Schrei durch das Klebeband dringen.
Wieder hob er den Gürtel, und ich schrie: »Nein!« Auf allen vieren kroch ich zum Heizkörper unter dem Fenster. Während ich hinkrabbelte, blickte ich mich im Zimmer um. Mein Blick fiel auf Susans Morgenmantel und ihr Höschen, die am Boden lagen, außerdem sah ich, dass die beiden Koffer vom Gepäckständer geworfen worden waren und die Kleidung auf dem Teppich verstreut lag. Wo war die Schrotflinte?
»Knie dich mit dem Rücken zur Wand neben das Rohr. Ich will, dass du gute Sicht hast.«
Ich kniete mich neben den Heizkörper. Er löste ein weiteres Paar Handschellen von seinem Waffengurt, schleuderte sie mir zu und traf mich im Gesicht.
»Fessel dich an den Heizkörper.«
Ich zögerte, und er sagte: »Du willst mich verarschen, John. Ich will dich nicht umbringen. Ich will, dass du zuschaust. Verarsch mich nicht, sonst bist du selber im Arsch.«
Ich kettete mein linkes Handgelenk an den Heizkörper, kniete mich hin und starrte ihn an.
Anthony legte das Gewehr auf die Kommode und starrte zurück. »Okay, fangen wir mit dem Spaß an.«
Er stellte sich ans Fußende des Bettes und blickte auf Susan herab. »Tja, ich verstehe, warum mein Vater gern mit ihr gefickt hat. Gute Titten, schöner Arsch und klasse Beine.«
Anthony hatte ein Drehbuch im Kopf, wollte seine Phantasie austoben, und ich wusste, dass er alles genau geplant hatte. Ich hoffte, dass er wirklich nicht beabsichtigte, einen Doppelmord zu begehen.
Er zündete sich eine Zigarette an. »Bloß damit du weißt, worauf du dich freuen kannst, John - du wirst zuschaun, wie sie mir einen bläst, danach fick ich sie so hart, dass du nichts mehr mit ihr anfangen kannst.«
Als ich nichts erwiderte, sagte er: »Und du solltest lieber zuschaun, du Arschloch. Und wenn alles vorbei ist, werdet ihr zwei euer Scheißmaul halten und Gott danken, dass ihr am Leben seid. Wenn ihr zu den Bullen geht, bring ich sie um, das schwör ich beim Grab
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