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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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Mutter niemals.
    Die dritte Person, der ich nicht über den Weg laufen wollte, war Reverend Hunnings, der unerträglich freundlich zu mir und jedem anderen war, der ihn nicht leiden konnte. Hunnings sprach immer, als wäre er auf einer Bühne, aber weder in seinem Tonfall noch in seinem Herzen war auch nur ein Hauch von Aufrichtigkeit. Doch falls ich ihn sehen würde, würde ich eine kleine Andeutung fallenlassen, dass Ethel St. Mark's in ihr Testament aufgenommen hatte. Dann würde ich zwinkern und nicken.
    Ich schaffte es zum Parkplatz, ohne jemandem über den Weg zu laufen, und wollte gerade in meinen Wagen steigen, als ich hörte, wie eine Autotür zugeschlagen wurde und eine Frau sagte: »John Sutter.«
    Das bin ich, deshalb drehte ich mich um und sah Elizabeth Allard mit einer kleinen Kuchenschachtel auf mich zukommen. Ich ging ihr entgegen. »Elizabeth. Wie geht es dir?«
    Wir schüttelten uns die Hand, dann umarmten wir uns in beiderseitigem Einvernehmen, wenn auch ein bisschen unbeholfen. »Du siehst großartig aus, John.«
    »Du ebenfalls.« Sie war eine attraktive Frau, und in jüngeren Jahren hatte sie genauso ausgesehen wie ihre Mutter auf dem Hochzeitsfoto über dem Kamin. Wie bereits erwähnt, ähnelte sie George so sehr, dass ich mir keine Gedanken machen musste, sie könnte ... was sein? Die illegitime Tochter des Großvaters meiner Exfrau, sodass meine Kinder irgendwie blutsverwandt mit ihr waren - und eine mögliche Erbin der Stanhopes.
    Eigentlich war mir klar, dass Elizabeth vom Alter her nicht der Affäre entstammen konnte, die ihre Mutter im Zweiten Weltkrieg hatte. Aber was war, wenn Augustus sie auch nach dem Krieg noch besprungen hatte? Ist das eine Stanhope-Nase ?
    »Kommst du oder gehst du?«, fragte sie.
    »Hä? Oh ... nun ja, ich weiß das nie.«
    Sie lächelte. Ein Stanhope-Mund.
    »Ich komme gerade von deiner Mutter«, sagte ich. »Sie sieht gut aus.« »Ich finde es sehr nett, dass du sie besucht hast.«
    »Nun ja ... ich kenne deine Mutter schon lange.« Ich lächelte. »Wir haben mal zusammengelebt.«
    Elizabeth lächelte ebenfalls, dann sagte sie: »John, die Sache mit deinem Vater tut mir leid. Ich hätte dir eine Karte schicken sollen.« »Ich war auf See«, erwiderte ich.
    »Ich weiß ... das muss sehr schwer für dich gewesen sein.«
    »Ja, das war es.« Und meine Mutter hat es mir noch schwerer gemacht. Ich frage mich, ob ihr jemals aufgefallen ist, wie ironisch es war, als sie mich einen Hundesohn nannte.
    Elizabeth sagte: »Ich wollte dir schreiben, als du in London warst. Deine Mutter hat mir die Adresse gegeben.«
    »Aha.« Ich fragte mich, ob Elizabeth um meine Adresse gebeten hatte oder ob sie ihr angeboten worden war. Wahrscheinlich Ersteres, wie ich Harriet kannte. Jedenfalls hatte Elizabeth diese Beileidsbekundung nie abgeschickt, aber wenn ja, was hätte sie geschrieben? Lieber John, tut mir leid, dass Du nicht zur Beerdigung Deines Vaters kommen konntest. Alle haben nach Dir gefragt.
    Ich fühlte mich auch nach acht Jahren immer noch ein bisschen schuldig, daher sagte ich: »Ich habe erst einen Monat später von seinem Tod erfahren.«
    Sie nickte.
    »Ich will sein Grab besuchen, bevor ich zurückkehre.« Wieder nickte sie, wechselte dann das Thema: »Und wie ist es in London?« »Gut.«
    »Wie lange bleibst du hier?«
    »Ich bin mir noch nicht sicher.« Ich war mir auch bezüglich meiner Beziehung zu Elizabeth nicht ganz sicher. Waren wir Freunde, weil ich ihren Vater und ihre Mutter jahrzehntelang kannte? Oder waren wir Bekannte, weil ich sie kaum gesehen hatte, außer bei der einen oder anderen Begegnung in der Ortschaft oder bei ein paar gesellschaftlichen Veranstaltungen und Familienfeiern? »Ich habe zu meinem Bedauern gehört, dass du geschieden bist«, sagte ich.
    Sie zuckte die Achseln. »Es war besser so.«
    Elizabeth Allard, die Tochter von Arbeitern auf einem großen Anwesen, hatte eine blendende Partie gemacht. Der Glückliche hieß Tom Corbet und stammte aus einer sogenannten »guten Familie«. Er hatte in Yale studiert, genau wie ich, und war an der Wall Street tätig, wie ich, und in meinem früheren Leben hatte ich ihn ab und zu im Zug gesehen. Elizabeth benutzte, wie ich mich entsann, geschäftlich ihren Mädchennamen, aber gesellschaftlich war sie Mrs Corbet. Mr und Mrs Corbet hatten zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen, und mittlerweile mussten beide auf dem College sein oder bereits ihren Abschluss gemacht haben. Tom Corbet war übrigens

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