Nelson DeMille
gute Nachricht.
Sie erging sich in einer kurzen Eloge auf ihren verstorbenen Gatten, die gut einstudiert klang und seine Qualitäten als Vater hervorhob, dann sagte sie: »Die Jungs vermissen ihn. In ein paar Wochen ist Vatertag, John. Die Jungs nehmen mich an jedem Vatertag mit zum Friedhof. Sie weinen an seinem Grab.«
»Es muss sehr traurig für sie sein.«
Sie ließ mich wissen, wie traurig es war. Sie sagte nichts Näheres darüber, ob Frank ein idealer Gatte gewesen war, aber sie sagte natürlich auch nichts Negatives und würde es auch nie tun.
Ich hatte sie bei Franks Beerdigung zum letzten Mal gesehen, und sie hatte mir in schwarzer Trauerkleidung und mit der verlaufenen Wimperntusche im Gesicht nicht gefallen. Aber eigentlich war sie eine attraktive Frau gewesen, die mich an eine Art Fruchtbarkeitsgöttin erinnerte - üppig, mit großem Busen, guter Haut unter dem Make-up, großen Augen und einem Mund wie der Bogen eines Cupidos. Ich fragte mich, was zehn Jahre und die Witwenschaft aus ihr gemacht hatten.
Während Anna weiterquasselte, warf ich einen Blick zu Anthony, der sich anscheinend ausgeblendet hatte und geistesabwesend auf sein Getränk starrte, das aussah wie Scotch on the Rocks und auch so roch. Ich machte ihn auf mich aufmerksam und deutete auf seinen Drink. Er nickte und rief die Bedienung.
Anna Bellarosa ließ sich gerade über ihr Leben ohne ihren heilig gesprochenen Gatten aus, erwähnte aber nicht, dass meine damalige Frau dem lieben Frank drei .38er Kugeln in den Leib gejagt hatte.
Es geschah übrigens auf dem Mezzanin über dem Palmenhofatrium von Alhambra. Frank trug einen Bademantel, und als er über das Geländer fiel und auf dem roten Fliesenboden darunter aufschlug, glitten die Stoffhälften auseinander, sodass ich später, als ich hinzukam, sehen konnte, dass Frank unter dem schwarzen Mantel nichts anhatte. Jetzt kam mir der Gedanke, dass sich dieser Anblick von ihm irgendwie auf meine Träume übertrug.
Anna sagte gerade: »Er hat Sie gemocht, John. Wirklich.« Warum hat er dann mit meiner Frau gefickt?
»Er hat mir immer erzählt, wie klug Sie wären. Wie sehr Sie ihm geholfen hätten, als man versucht hat, ihn anzuklagen.«
Ironischerweise wäre Frank im Gefängnis sicherer gewesen. »Nun ja, ich habe nur das getan, wofür er mich bezahlt hat.« Und er schuldet mir immer noch fünfzigtausend Dollar.
»Nein. Sie haben es getan, weil Sie ihn gemocht haben.«
»Sie haben recht.« Oder hatte ich die fünfzigtausend Dollar abgeschrieben und unter Erfahrungen verbucht? Ich meine mich zu erinnern, dass die FBIler seine sämtlichen Vermögenswerte und Scheckhefte beschlagnahmt hatten.
Anna schwafelte weiter. Die Bedienung kam, eine blutjunge Chinesin, und ich tippte an Anthonys Glas und deutete auf mich, worauf sie Anthonys Glas zu mir schob.
Anthony war anscheinend nicht amüsiert und zog sein Glas zurück, bestellte zwei Dewar's und murmelte auf Italienisch: »Stonata«, was, soweit ich mich entsann, so was Ähnliches wie »Dummkopf« bedeutete.
Aus heiterem Himmel fragte Anna: »Warum hat sie das getan, John?«
»Äh...«
»John. Warum?«
»Äh ... nun ja ...« Weil sie Liebeshändel hatten. Aber ich glaubte nicht, dass Anna das hören wollte, obwohl sie es natürlich wissen musste - es hatte in sämtlichen Zeitungen gestanden, von Radio, Fernsehen und den Supermarkt-Klatschblättern gar nicht zu sprechen - deshalb war es eine alberne Frage.
»S ie hätte es nicht tun müssen, John.«
»Ich weiß.« Aber Frank hatte ihr alles Mögliche versprochen, sein Versprechen jedoch gebrochen, worauf Susan, die es nicht gewohnt war, dass man ihr etwas ausschlug, ihn erschoss.
Als ich ihn sah, war das Blut rund um die drei Einschusslöcher geronnen wie rote Vanillesoße. Die Wunde in seinem Unterleib befand sich unter den Schamhaaren, und verkrustetes Blut bedeckte seine Genitalien. Sein Schädel war mit einer solchen Wucht auf den harten Boden aufgeschlagen, dass die Blutspritzer um seinen Kopf wie ein Heiligenschein wirkten. Seine Augen waren noch offen, deshalb schloss ich sie, was die Leute von der Spurensicherung und die Tatortfotografen auf die Palme brachte.
»John? Hat sie Ihnen gesagt, warum?«
»Nein.« Genau genommen schon, aber sie hat gelogen. »Warum ist sie wieder da?«
»Ich weiß es nicht.« »Haben Sie sie gesehen?« »Nein.«
»Sie soll in der Hölle schmoren.«
Allmählich wurde ich ein bisschen ungehalten über Annas Unterstellung, dass ihr
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