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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Lazar
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der Geruch nach Drogen in der Luft. Ratten, Rauch und Müll machten die üble Geruchsmischung komplett.
    Plötzlich stieg Nelson aus nur wenigen Blocks Entfernung der fleischige Duft von Hamburgern und Zwiebeln auf einem Grill in die Nase. Hungrig war er nicht, aber es war der einzige Geruch, der für ihn Sicherheit von den nächtlichen Angriffen bedeuten konnte. Nelson lief schneller, und so näherte er sich im Laufschritt dem kleinen Restaurant, das noch spätnachts offen hatte. Als er es fast erreicht hatte, sah er zwanzig, dreißig Lastwagen, die in einer Reihe auf riesigen Parkplätzen standen. Auch der Duft von Waren, die zum Transport bereit waren, drang in sein Bewusstsein – frisches Gemüse und neue Kleidung, rohes Fleisch, und alles auf großen Holzpaletten oder in Plastik verpackt. Die Gerüche waren das genaue Gegenteil von Müll. Es waren die Gerüche von Dingen, die zum menschlichen Gebrauch bereit sind, lange bevor das, was als Abfall von ihnen übrig war, weggeworfen und auf eine Müllhalde irgendwo auf der Welt gebracht würde.
    Das kleine Restaurant am Fernfahrerrastplatz war bis spät in die Nacht offen, der Grund dafür lag auf der Hand. Selbst um zwei Uhr morgens konnten hier Lastwagenfahrer einkehren, die gerade von einem langen Trip aus dem Westen zurückkamen oder nach einem durchzechten Abend vor einer großen Fahrt mit neuer Ladung noch Lust auf einen Happen zu essen hatten.
    Thatcher Stevens kam aus dem Restaurant, in der Hand eine braune Papiertüte mit einem Hamburger mit Käse und Ei darin. Einen solchen Hamburger hatte er gerade gegessen. Die Burger waren in diesem kleinen Diner besonders gut, und wann immer er in Albany war, nahm er sich die Zeit, hier vorbeizufahren und einzukehren. Den zweiten wollte er sich für das morgige Frühstück aufheben. Er würde ihn in der kleinen Mikrowelle aufwärmen, die beim Fahren in der Kabine hinter ihm klapperte.
    Er war auf dem Weg zu seinem Lastwagen, als er den kleinen Mischlingshund sah, der zitternd unter den riesigen Rädern eines anderen Lastwagens hockte. Thatcher war seit seiner Kindheit, als er im Haus seiner Großmutter drei schwarze Labradore als Spielkameraden hatte, immer gerne mit Hunden zusammen gewesen. Besessen hatte er nie einen, doch manchmal hatte er mit dem Gedanken gespielt, sich einen anzuschaffen. Aber es war nie etwas daraus geworden, denn außer dem kleinen Haus im Staate New York, das seine Eltern ihm vererbt hatten und wo er sich höchstens drei oder vier Wochen im Jahr aufhielt, besaß er kein festes Zuhause.
    Thatcher pfiff nach dem kleinen Hund, der sich jedoch rasch in die Dunkelheit zurückzog. Thatcher zuckte mit den Schultern und ging weiter zu seinem Lastwagen. Er kletterte in das große Führerhaus und legte sich auf die schmale Pritsche, auf der er die meisten Nächte verbrachte. Im Fernsehen liefen Wiederholungen einer alten Polizeiserie, was für ihn die ideale Einschlafhilfe war.
    Aus Gründen, die ihm selbst nicht ganz klar waren, schlief Thatcher in dieser Nacht nicht so schnell ein wie sonst. Der Hund ging ihm nicht aus dem Kopf. Da war etwas an seinen Augen und an der Art und Weise gewesen, wie er zu ihm aufblickte, an das er immer wieder denken musste. Irgendwann mitten in der Nacht sprang er von seinem Führerhaus herunter und suchte mit einer Taschenlampe zwischen den anderen Lastwagen nach dem kleinen Mischling.
    Nelson hatte sich in der vergangenen Stunde nicht gerührt. Die Düfte aus dem Diner waren tröstlich, doch er hatte keinen Hunger. Er würde einfach nur still hier sitzen, was ihn irgendwie beruhigen würde. Als der große Mann mit dem Pferdeschwanz und dem Ziegenbärtchen zum zweiten Mal auf ihn zukam und ihn anzulocken versuchte, war sein natürlicher Instinkt, vor ihm zurückzuweichen. Keiner der Menschen, denen er in den vergangenen Wochen begegnet war, war besonders freundlich zu ihm gewesen.
    Doch dann begann der Mann ganz leise für ihn zu singen, während er die Hand ausstreckte. Seine warme und etwa heisere Stimme schwebte in der Nachtluft, und sie beruhigte Nelson ebenso, wie Kateys Klavierspiel ihn immer beruhigt hatte. Außerdem lag in der Stimme weder die Wut, die Frustration oder der Wahnsinn der anderen menschlichen Wesen, auf die er in den vergangenen Monaten getroffen war. Als der Mann nur noch einen Meter weit von dem Hund entfernt war, wagte sich Nelson nach vorn und beschnüffelte seine Hand. Sie roch warm und gut, ganz ähnlich wie die von Vernon. Nelson leckte

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