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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Lazar
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warmes Bett in einem gut geheizten Haus zu verlassen, besonders, wenn es draußen kalt war.
    Thatcher redete oft davon, sich irgendwann zur Ruhe zu setzen, doch im Lauf der Jahre wurde diese Möglichkeit immer unwahrscheinlicher. Er würde arbeiten müssen, bis er fünfundsechzig Jahre alt war, und etwas anderes als LKW fahren konnte er nicht. Eine Frau, die ihn heiraten würde, obwohl er den größten Teil seiner Zeit unterwegs und nicht zu Hause war, kannte er nicht. Und so begnügte er sich mit den vier oder fünf zärtlichen Begegnungen im Monat, die er mit einer seiner altbekannten Liebschaften oder einer Frau für eine Nacht unterwegs verbrachte.
    Als Nelson an diesem Sommermorgen von Thatchers Gesang geweckt wurde, lagen bereits viele Kilometer zwischen ihm und Katey in Albany, und jede Minute wurden es mehr. Nachdem er noch einmal den überwältigenden Grasgeruch genossen hatte, der von draußen ins Führerhaus strömte, erschnupperte er Thatchers kleinen Schlafbereich, in dem er die letzte Nacht verbracht hatte. Die Couch selbst roch nach altem, abgewetztem Leder, und die Decke war längere Zeit nicht mehr gewaschen worden. Thatchers Duft hing überall. Da war auch noch der Geruch der frischen kubanischen Zigarren, die in einer kleinen Holzkiste unter dem Sofa verstaut waren, und der schwache Geruch verbrannten Tabaks in den Decken und der Polsterung, die an mehreren Stellen durch das brüchige Leder quoll.
    Nelson schnüffelte an den Überresten seines vorbendlichen Burger-Festmahls, an den Schokoladenkeksen, den Chips und dem Studentenfutter. Der Geruch der frischen Wäsche, die Thatcher vor ein paar Tagen aus einem Waschsalon geholt hatte, erinnerte ihn an zu Hause. Das war ein Grund, warum er bei Thatcher bleiben wollte, als würde ihn das irgendwie zu Katey zurückbringen. Auch ein paar Flaschen billiges Aftershave standen irgendwo herum, ebenso mehrere Seifenstücke und Flaschen mit Shampoo. Das alles waren die Düfte, die Nelson mit zu Hause assoziierte, und sie beruhigten den jungen Hund.
    Vor ihm schlug Thatcher im Takt die Hände aufs Steuer und sang ein Lied aus dem Country-Sender mit. Nelson roch das Glücksgefühl, das in der Luft hing, und es war ein guter Geruch. Mit einem Satz sprang er auf den Beifahrersitz neben Thatcher. Thatcher schien sich zu freuen, als er den kleinen Hund sah, und streichelte ihn. Nelson leckte ihm die Finger ab, wedelte mit dem Schwanz und schaute zu ihm hoch.
    Die Düfte der Landschaft, die draußen an ihnen vorbeizog, drangen auch ins Innere des Führerhauses. Thatcher fuhr schnell, und der Geruch neuer Bäume und Pflanzen stieg Nelson in die Nase. Nach dem Gestank von Rauch und Müll, an den sich Nelson im vergangenen Monat gewöhnt hatte, hatte er jetzt das Gefühl, sein Inneres würde sauber geschrubbt und rieche wieder frisch. Schon bald hatte sich die Angst der letzten Nacht verflüchtigt, und der junge Hund fühlte sich wie neugeboren.
    Ein paar Stunden später fuhren sie zu einer Tankstelle für Lastwagen. Thatcher nahm Nelson auf den Arm, und diesmal ließ der Hund ihn gewähren. Er nahm auch ein Stück Seife und ein Handtuch mit, und kurz darauf fand sich Nelson in einer Duschkabine wieder. Thatcher schrubbte ihn gründlich ab und ging dabei nicht ganz so sanft mit dem kleinen Hund um wie Katey beim Baden, doch dem Hund gefiel es trotzdem. Als Nelson sauber war, duschte Thatcher ebenfalls, und der Hund wartete zu seinen Füßen. Dann trocknete sich Thatcher ab und benutzte anschließend sein Handtuch, um Nelson abzurubbeln. Anstatt ihn nur trocken zu reiben, hatte Katey ihn immer geföhnt, doch Nelson gefiel das frische Gefühl, das er jetzt hatte. Er schüttelte sich nach Hundeart und wedelte fröhlich mit seiner großen, flauschigen Rute. Thatcher kicherte vergnügt.
    Thatcher kaufte nie eine Leine für Nelson. Entweder trug er ihn, oder er ließ Nelson hinter sich gehen. Dabei behielt er den jungen Hund immer im Auge und rief ihn mit einem Pfiff zu sich, wenn er sich mehr als ein paar Meter von ihm entfernte. In dem Hund erkannte er die gleiche unbelehrbare Neugier, die er auch als sein eigenes hervorstechendstes Merkmal betrachtete. Neugier, das wusste er, hatte ihm einige der wundervollsten Dinge in seinem Leben beschert, doch sie konnte auch zum Problem werden.
    Nach dem Duschen ging Thatcher zum Mittagessen. In den meisten Restaurants auf den Rastplätzen, die er besuchte, waren Haustiere eigentlich nicht erlaubt, doch er war dort beliebt, auch wenn

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