Nelson sucht das Glück
langsam die Seitenstraße entlang und kippte die vollen Tonnen in seinen großen Bauch. Nelson hatte Angst vor dem großen, lärmenden Fahrzeug und verkroch sich unter ein paar Büschen, ehe das Müllfahrzeug die Couch erreichte, auf der er die Nacht verbracht hatte. Er hörte die Müllmänner fluchen, als sie sahen, was für ein Durcheinander er angerichtet hatte. Stück für Stück warfen sie den Müll aus der schwarzen Tüte in den Müllwagen, dann leerten sie die übrigen Tonnen.
Nelson roch den fauligen Gestank des Müllwagens, der, voller Abfall, eine besonders intensive Geruchsmischung abgab. Seine Mahlzeit am Tag zuvor hatte ihm geschmeckt, und seine Nase sagte ihm, dass in dem Müllwagen noch viele, viele Mahlzeiten steckten. Einen Moment lang überlegte er, ob er nicht einfach in den Müllwagen hineinspringen sollte, doch er hatte Angst vor den Müllmännern. Dennoch waren ab jetzt für den jungen Hund Abfall und Fressen ein und dieselbe Sache.
In den darauffolgenden Wochen wurde der Geruch nach Müll zu der Duftnote, nach der der junge Hund ständig auf der Suche war. Immer wenn er eine Mahlzeit beendet hatte und langsam in einen unruhigen Schlaf hinüberglitt, dachte er an Katey, hob schnüffelnd die Nase und hoffte, sie würde bald kommen. Doch seine Sehnsucht nach Katey wurde rasch von der Suche nach der nächsten Mülltonne verdrängt. Manchmal fand er leicht etwas zu fressen, doch es kam auch vor, dass er einen ganzen Tag ohne Fressen war, manchmal sogar länger. Gelegentlich fand er etwas, das ihm schmeckte, Reste eines Abendessens vom Tag zuvor. Nelson liebte Brathuhn oder die Reste von Hamburgern, auch kalte Pizza, die ihn an Don erinnerte. Manchmal jedoch gab es nur wenig in einem Müllhaufen, das wirklich essbar war, und mehrfach wurde Nelson furchtbar schlecht von einer Mahlzeit, besonders wenn Menschen irgendwelche Reste zu lange im Kühlschrank aufbewahrt hatten. Auch lernte Nelson, Schokolade zu meiden. Zweimal hatte er ein Schokoladenpapier abgeleckt und sich eine Stunde später übergeben. Auch nachdem er eine nur halb abgegessene Traube verspeist hatte, wurde ihm übel. Er würde nie wieder Trauben essen, obwohl ihr Geruch sehr verlockend war.
Wenn der junge Hund dem Geruch von Müll folgte, war er oft viele Kilometer am Tag unterwegs. Schon bald gab es keinerlei Duftspuren mehr, die ihn auch nur vage an zu Hause erinnerten. Sein Zuhause war weg, etwas, das nur noch in seinen nächtlichen Träumen existierte. Er schlief unter Büschen oder Bäumen, manchmal auch auf einem schmutzigen alten Polster oder einem Kleidungsstück, das jemand draußen bei den Mülltonnen abgelegt hatte. Dann kuschelte er sich so eng zusammen, wie es nur ging, um sich warm zu halten, rollte sich zu einer kleinen Kugel zusammen und stellte sich dabei vor, es sei Kateys warmer Körper, an den er sich presste.
Aus seinem Erlebnis auf dem Boulevard hatte Nelson gelernt, Autos so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen, und hielt sich lieber auf Gehsteigen, in Seitenstraßen und menschenleeren Gässchen auf. Zehn Tage, nachdem er von Kateys Haus ausgerissen war, befand er sich am äußersten Rand von Albany, in einem der ärmeren, heruntergekommenen Viertel. Hier lag oft der Geruch von Aggression und Angst in der Luft. Auch der Geruch der Müllwagen war da, wurde sogar immer konzentrierter. Langsam spürte er, dass er sich einem Ort näherte, an dem es riesige Berge von Müll gab, Abfall, so weit das Auge reichte, ein Paradies, in dem es endlos zu fressen gab. Nelson wusste, dort musste er hin, und so verbrachte der kleine Hund mit den großen Augen und dem edlen Herzen jeden Tag mehrere Stunden damit, diesen herrlichen Platz zu finden. Nur kurze Zeit später stand er schließlich tatsächlich am Eingang der städtischen Müllhalde. Es war ziemlich genau so, wie er es sich vorgestellt hatte: Kilometer um Kilometer von Müll. Der Gestank war überwältigend, aber inmitten dieses Gestanks konnte Nelson mit seinem feinen Geruchssinn bereits jetzt vieles erschnuppern, was essbar war. Sein Herz schlug schneller.
Auf einer Seite der Müllhalde schoben riesige Räumfahrzeuge den Müll zusammen und pressten ihn zu dem Material, das dann von LKWs zur Deponie gebracht wurde. Sie brummten die ganze Nacht. In der ersten Nacht schlief Nelson in ihrer Nähe auf der Müllhalde, denn dort war es warm. Er schlief friedlich, weil er es wärmer hatte als in den Wochen zuvor.
In zwei Wochen legte Nelson fast fünfzig Kilometer
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