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Nemesis 05 - Die Stunde des Wolfs

Nemesis 05 - Die Stunde des Wolfs

Titel: Nemesis 05 - Die Stunde des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
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des Empfangssaales fiel die schwere, hölzerne Tür zum Burghof ins Schloss, kaum dass ich den Fuß auf die letzte Stufe gesetzt hatte. Wer war das? Rannte jemand vor mir davon? Und wenn ja: Warum?
    Die Tür zur Küche war verschlossen. Trotzdem mischte sich aus ihrer Richtung der Duft von gekochtem Blumenkohl zwischen den der verschiedensten Reinigungs- und Desinfektionsmittel. Mir wurde übel. Ich hasste Blumenkohl, hatte ihn immer gehasst, mehr noch als Aal. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals dazu gezwungen worden zu sein, dieses Gemüse zu essen, hatte aber Zeit meines Lebens einen sofortigen Brechreiz verspürt, wenn ich das Zeug auch nur gerochen hatte. Nun war es noch schlimmer: Ich konnte den gleichsam bitteren wie scharfen und trotzdem irgendwie wässrigfaden Geschmack von erbrochenem Blumenkohl in meinem Mund wahrnehmen, als hätte ich mich tatsächlich gerade erst übergeben. Ich hielt den Atem an und legte den Weg durch die Empfangshalle im Laufschritt zurück, um die Tür aufzureißen und einen kleinen Moment lang auf den steinernen Stufen, die zum Haupthaus hinaufführten, mit geschlossenen Augen zu verharren und gierig die klare, frische Luft in mich hineinzusaugen, die mich auf dem Hof empfing. Als ich die Lider wieder hob, erkannte ich, dass der Knabe, dessen Schritten ich gefolgt war und der die schwere Tür zum Haupthaus hinter sich ins Schloss geworfen hatte, die gegenüberliegende Seite des kopfsteingepflasterten Hofes bereits erreicht hatte und in dieser Sekunde vor der steinernen Treppe zum Lehrerhaus innehielt, um einen gehetzten Blick über die Schulter zurückzuwerfen. Obwohl es noch lange nicht dunkel war, sondern gerade erst zu dämmern begonnen hatte, konnte ich sein Gesicht nicht erkennen, denn zusätzlich zu der Kürze des Augenblicks taten sich meine Augen schwer damit, sich nach dem gleißenden Licht, welches das Innere des Haupthauses in nahezu schattenlose Helligkeit getaucht hatte, an das verhältnismäßig schwache, natürliche Licht hier draußen zu gewöhnen. Doch aus seiner Größe und Statur schloss ich, dass er etwa dreizehn, vielleicht vierzehn Jahre alt sein musste. Er trug eine Pfadfinderuniform wie jene, die die Kinder auf dem verblassten Foto aus dem Geheimfach in Klaus Sängers Schreibtisch getragen hatten. Um den Hals hatte er ein albernes rotes Tuch gebunden. Ich konnte spüren, wie der Knoten unangenehm auf meinen Kehlkopf drückte.
    Ich konnte ... was?!
    Verunsichert tastete ich nach meiner Kehle, aber da war nichts. Ich trug dieselben Kleider, die ich getragen hatte, als die dröhnenden Bassboxen mich meines Bewusstseins beraubt hatten: ein T-Shirt, schlichte Bluejeans und ausgetretene Turnschuhe. Aber die Schuhe drückten auf einmal, und mein Oberteil fühlte sich seltsam steif an und kratzte auf meiner Haut, als sei es mit mehreren Litern Wäschestärke behandelt worden, während ich schlief.
    Der Junge auf der anderen Seite des Hofes legte die letzten Schritte, die ihn vom Eingang trennten, im Sprint zurück und verschwand in dem kleinen, verwinkelten Lehrerhaus. Ich folgte ihm.
    Ohne mein bewusstes Zutun warf ich einen sichernden Blick über die Schulter zurück, als ich den Hof überquert hatte, so, als befürchtete ich, beobachtet und meinerseits verfolgt zu werden. Man durfte mich nicht erwischen. Ich hatte hier nichts verloren! Als ich den Flur erreichte, schob ich leise die Tür hinter mir zu. Ich hatte nicht sehen können, in welche Richtung der Junge sich gewandt hatte, steuerte aber instinktiv die Kellertreppe an. Die Tür, an die sie grenzte, stand offen. Ich zog auch sie hinter mir zu und konnte erst dann wieder die Schritte des Knaben wahrnehmen. Eilig legte ich die Treppe hinter mir zurück und wandte mich nach rechts, genau den Weg entlang, den zuletzt Carl mich gewaltsam getrieben hatte.
    Nichts hatte sich geändert: Die Angst, die ich empfunden hatte, als ich diesen Abschnitt des unterirdischen Labyrinths zuletzt betreten hatte, war von gleicher Intensität.
    Wieder zitterten meine Knie und wieder spürte ich, wie sich kalter Angstschweiß in meinem Nacken sammelte.
    Der Keller war derselbe geblieben, nur wirkte er etwas sauberer. Es roch weniger muffig, sondern im Gegenteil sogar ein bisschen nach frischer Wandfarbe und nicht gänzlich ausgetrocknetem Zement, und er war hell erleuchtet. In regelmäßigen Abständen spendeten nackte Glühbirnen, die hinter feinmaschigen Drahtgittern unter der Decke angebracht waren, gleichmäßiges

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