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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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ich damit nicht gesagt haben. Wann waren Sie gestern hier, bevor Sie Kräuter-Jupp gesehen haben oder danach?«
    »Gar nicht. Gestern war mir nicht gut, als ich am Kapellchen war. Weiter bin ich nicht gekommen. Heute fühl ich mich wieder besser. Wart mal.«
    Knappert griff in die Innentasche seiner Jacke und holte einen Flachmann hervor. Er gönnte sich einen kräftigen Schluck. »Schmeckt gut.« Er schnalzte mit der Zunge.
    Habermehl spürte, dass Knappert zögerte, auch ihm einen Schluck anzubieten. Erst nach einer Weile sagte er: »Willste auch einen? Ist ein Aufgesetzter mit Schlehen. Hann ich selbst jemacht.«
    »Nein, danke, ich bin im Dienst«, lehnte Habermehl ab.
    Er rief einen jungen Beamten heran und bat ihn, Mattes Knappert nach Wehr zu fahren.
    Ganz in der Nähe parkte der Streifenwagen, in dem der Mann saß, der den Leichnam entdeckt hatte. Bevor er ihn erreichte, vernahm er das Fahrgeräusch eines Autos und trat zur Seite. Der Polizeiwagen rollte langsam an ihm vorbei. Auf der Rückbank saß Mattes Knappert, der sich wie ein König zu fühlen schien. Das war an seinem Gesichtsausdruck deutlich abzulesen. Durch das heruntergekurbelte Fenster winkte er ihm lachend zu und rief: »Tschö, on mach et jot!«
    Habermehl ging um das Polizeiauto herum zur hinteren Tür und öffnete sie. Der Mann fuhr erschrocken zusammen.
    »Pardon, ich wollte Sie nicht erschrecken, Herr …«
    »Kurt Stankeit.«
    »Habermehl, Kripo Mayen. Sie haben den Toten gefunden?«
    »Leider ja.«
    »Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    »Bringen wir es hinter uns und fragen Sie.«
    »In Ordnung. Sie waren bei der Leiche?«
    Stankeit stöhnte auf. »Mir wird jetzt noch schlecht, wenn ich daran denke.«
    »Haben Sie die Leiche angefasst?«
    »Um Himmels willen, nein.«
    »Trotzdem brauchen wir Ihre DNS.«
    »Warum denn das? Sagen Sie bloß nicht, Sie halten mich für einen Mörder.«
    »Nein«, beschwichtigte ihn Habermehl. »Aber nur so können wir Spuren, die Sie möglicherweise hinterlassen haben, von denen des Täters abgrenzen.«
    »Verstehe. Dann stecken Sie mir das Wattestäbchen mal in den Mund. Ich weiß aus dem Fernsehen, wie das geht.«
    Habermehl rief einen Kollegen der Spurensicherung herbei, der die Speichelprobe nahm. Trotz der psychischen Schieflage, in der sich der Mann befinden musste, machte er einen gefassten Eindruck. »Erzählen Sie mal, Herr Stankeit.«
    »Ich bin heute Morgen in Galenberg losgegangen. Der Jakobsweg über Wehr nach Maria Laach hat mich schon lange gereizt. Ich bin mit meinen achtundsechzig nicht mehr der Jüngste und habe mir Zeit gelassen. An der Sankt-Anna-Kapelle legte ich eine Rast ein.«
    »Kommen Sie bitte auf das Wesentliche zu sprechen«, unterbrach er Stankeits Redefluss.
    »Ich bin weitergegangen, unter der Autobahn durch bis in den Wald. Da verspürte ich ein menschliches Bedürfnis. Also runter vom Weg und in die Büsche. Aber etwas stimmte nicht. Je weiter ich in den Wald hineinging, desto unangenehmer stank es. Und dann die eigenartigen Geräusche, kaum wahrnehmbar. Summen und leises Schmatzen lagen in der Luft.«
    »Einbildung oder haben Sie das wirklich gehört?«
    »Wenn Sie mich so fragen, Herr Kommissar, ich weiß es nicht.«
    »Was war dann?«
    Stankeit schluckte schwer. Die Erinnerung an das Erlebte musste ihm zu schaffen machen. Seine Gelassenheit begann zu bröckeln.
    »Ich drückte Zweige auseinander und stand plötzlich vor einem Laubhaufen. Aber etwas störte mich daran. Es sah aus, als wäre er mit Absicht aufgehäuft worden. Es stank widerwärtig.« Der Mann presste die Worte mühsam hervor, als drohte er, an ihnen zu ersticken.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl?«, fragte Habermehl.
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Ihre Gesichtsfarbe hat zu einem ungesunden Grüngrau gewechselt.«
    »Quatsch.« Mit einer abweisenden Handbewegung wischte Stankeit seinen Einwand weg und atmete tief ein. »Ich hob einen Ast auf und habe im trockenen Laub herumgestochert. Und dann …« Die Stimme des Mannes brach. Er erstarrte, fing sich aber schnell wieder. »Ich dachte, eiskalte Hände griffen nach mir und drückten meine Brust zusammen. Scheußlich. Zuerst sah ich nur eine Schulter, dann ein Gesicht. Dicke Fliegen krabbelten aus dem Laub, andere flogen hinein, ein ständiges Kommen und Gehen.« Stankeit verzog angeekelt den Mund.
    »Sollen wir eine Pause machen?«
    »Nein. Das muss man sich mal vorstellen. Da lag eine Leiche.« Stankeit schluckte zum wiederholten Mal und fuhr

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