Nemti
fort: »Plötzlich stürzten sich diese ekelhaften fetten Fliegen auf mich. Immer wieder versuchten sie, sich auf meine Augen und meinen Mund zu setzen. Ich habe den Ast weggeworfen und versucht, die Viecher zu vertreiben. Dann bin ich gerannt.«
»Wohin sind Sie gelaufen?«
»Zum Museum. Kennen Sie sicher. Die Dame an der Kasse hat die Polizei verständigt.«
»Die Polizisten haben Sie dort abgeholt und sind mit Ihnen hierher gefahren?«
»Ja. Ich habe denen aber sofort gesagt, dass mich keine zehn Pferde dazu bewegen könnten, auszusteigen. Der Anblick des Toten hat sich für alle Zeit in mein Gehirn eingebrannt. Das wollte ich nicht noch einmal ertragen.«
»Ich versteh Sie vollkommen«, sagte Habermehl voll Anteilnahme. »Haben die Kollegen Ihre Personalien aufgenommen?«
»Ja, gleich am Anfang.«
»In Ordnung, wir sind fertig. Kann ich etwas für Sie tun?«
»Können Sie mich zum Kloster bringen lassen?«
»Ich sage den Beamten Bescheid, mit denen Sie hergekommen sind. Dauert einen Moment.«
»Geht in Ordnung.« Stankeit wischte sich mit einem Tuch über den Mund.
»Ich muss zurück zum Fundort. Sie warten bitte hier.«
»Was dachten Sie denn? Ich hab mir einen Wolf gelaufen und Blasen an den Füßen.«
Habermehl schlug die Autotür zu und ging zum abgesperrten Bereich.
Knappert und Stankeit hatten die Sankt-Anna-Kapelle am Nohlesberg bei Wehr erwähnt. Erinnerungen wurden wach. Durch Vandalismus waren wiederholt Zerstörungen an der Kapelle und in deren Innenraum vorgekommen. Er war damals ein junger Kommissar und mit den Ermittlungen betraut. Zum Glück hatte die Gemeinde die barocke Originalfigur der Mutter Anna mit Maria rechtzeitig durch eine Kopie ersetzt. Deshalb war der materielle Schaden nicht allzu groß.
Stankeit war ein wichtiger Zeuge, da er die Leiche gefunden hatte. Mit seiner Aussage konnten die Fundumstände geklärt und zu Protokoll genommen werden. Noch bedeutsamer erschien ihm der Hinweis, den Mattes Knappert gegeben hatte: Kräuter-Jupp. Konnte der etwas gesehen haben? Oder kam er gar als Täter infrage?
»Hallo, Chef.« Uwe Weinbrecht wartete hinter dem Absperrband. »Wir können zum Leichenfundort gehen. Die Spusi räumt gerade das Feld.«
»Sie gehen vor.«
Weinbrecht zwängte sich zwischen zwei Büschen hindurch. Er folgte ihm und bekam die zurückschnellenden Zweige zu spüren.
»Sie haben angeordnet, ich soll vorausgehen.«
»Habe ich irgendetwas gesagt?«, erwiderte Habermehl heftig und drängte die Zweige zur Seite. »Los, weiter.«
Sie kämpften sich etwa zwanzig Meter tief in den Wald und erblickten den Laubhaufen. Der Notarzt und die Kollegen der Spurensicherung hatten den Körper des Toten weitgehend freigelegt. Der Kopf lag unnatürlich verdreht auf einem Moospolster. Eindeutig, der Mann war nicht einfach so gestorben. Jemand hatte ihm auf brutale Art und Weise das Leben genommen.
Habermehl zog Einweghandschuhe über und drückte ein Taschentuch vor die Nase. Das unangenehm süßliche Parfüm des Todes schwebte in der Luft. Als er näher heranging, sah er das angetrocknete Blut, das aus einer übel aussehenden Halswunde hinausgetropft war. In der offenen Wundstelle bewegte sich etwas unter einem transparenten Hautfetzen. Unzählige Maden waren geschlüpft. Angewidert wandte er sich ab. Wie eine Lawine spürte er Kälte über seinen Rücken rollen.
»Können Sie das Symbol erkennen, von dem der Doc gesprochen hat?«, fragte Weinbrecht und reckte sich.
»Nein. Sein Kopf ist nach rechts geneigt. Wir müssen ihn drehen. Machen Sie das mal.«
Weinbrecht sah ihn ungläubig an. »Sie meinen, ich soll …?«
Habermehl zog die Augenbrauen hoch und nickte nachdrücklich. »Herr Beyer ist nicht da. Wen könnte ich sonst meinen?«
Widerstrebend streifte sich Weinbrecht Handschuhe über und beugte sich zu dem Leichnam hinunter. Behutsam drehte er den Kopf nach links.
»Greifen Sie ruhig zu, Sie können nichts mehr kaputt machen.« Habermehl begutachtete das Symbol aus verschiedenen Blickwinkeln. »Das reicht. Ich habe genug gesehen. Sie können ihn loslassen.«
Weinbrecht folgte der Anweisung umgehend und schüttelte sich.
Habermehl steckte das Tuch zurück in die Tasche. Er legte Weinbrecht eine Hand auf die Schulter und schob ihn vor sich her, weg von dem Toten. »Was ist Ihnen an der Leiche aufgefallen?«
»Ich habe erwartet, eine größere Menge Blut und mehr Blutspritzer im Umkreis vorzufinden.«
»Gut beobachtet oder hat Ihnen das der Doktor
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