Nemti
gesteckt?«
»Eigene Beobachtung.«
»Aber es stimmt. Hier ist viel zu wenig Blut.«
»Eine Erklärung dafür, Chef?«
»Da weder Sie noch ich an Vampirismus glauben, kann ich das nur so deuten, dass der Täter das Blut mitgenommen haben muss.«
»Hölle, mit was für einem Perversen haben wir es zu tun?«
»Keine Ahnung, Herr Weinbrecht. Ein Sadist, der in Verzückung gerät, wenn er Blut riecht? Ein sadistisch geleiteter Blutfetischist, ein Kannibale?«
»Auf jeden Fall ist er ein Scheißkerl«, empörte sich Weinbrecht und trat gegen einen morschen Ast. Habermehl sah ihn die Augen rollen. Mit einem Kopfschütteln demonstrierte er seine Fassungslosigkeit. »Könnte auch ein Täter aus der Satanistenszene sein.«
»Darf ich Ihren Gedanken über die Abgründe des menschlichen Geistes einen weiteren Aspekt hinzufügen?« Ein Mann in einem weißen Tyvek-Schutzanzug trat an sie heran, Christian Engel von der Spurensicherung.
Habermehl wirbelte herum und setzte eine säuerliche Miene auf. »Verdammt. Müssen Sie uns so erschrecken?« Er wischte sich mit einem Tuch über den Nacken.
»Ich verstehe, dass Ihre Nerven blank liegen. Kein Wunder, bei einem solchen Anblick. Kommen Sie, hier können wir nichts mehr tun.«
Gemeinsam kämpften sie sich durch das Unterholz in Richtung des Wegs.
»Habt ihr einen Namen?«
Engel blieb abrupt stehen und hielt ihm wortlos zwei Plastiktüten unter die Nase. In der einen befand sich ein Personalausweis, in der anderen ein prall gefülltes Portemonnaie.
»Dann war es kein Raubmord«, stellte Weinbrecht scharfsinnig fest.
»Nein, hinter Geld oder anderen Wertgegenständen war der Täter nicht her.«
»Was steht auf dem Ausweis?«, fragte Habermehl.
»Armin Baertel aus Andernach.«
»Schreiben Sie die Adresse auf, Herr Weinbrecht. Und wie kommt der hierher? Irgendeine Idee?«
»Er trägt feste, halbhohe Schuhe, also ein Wanderer. Seinen Rucksack haben wir sichergestellt.«
»Ist sonst noch was? Ihr habt normalerweise immer eine Überraschung parat.«
»So auch heute. Ich hätte ein spannendes Schmankerl für Sie. Interessiert?«
»Ich liebe Überraschungen«, antwortete Habermehl.
»Sie haben es noch nicht gesehen?«
»Wenn Sie das Zeichen meinen, doch.«
»Sie wissen davon?« Engels Stimme klang enttäuscht. Er stellte den Spurensicherungskoffer ins Gras.
»Können Sie uns was dazu sagen?«
»Nur, dass es mit einem scharfen Messer, vielleicht einem Skalpell, in die Haut eingeritzt worden ist. Wollen Sie mal sehen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, schaltete Engel die Digitalkamera ein, die um seinen Hals hing. Auf dem kleinen Display präsentierte er das Bild.
Weinbrecht hatte sogleich eine Erklärung bei der Hand: »Sieht aus wie ein Hähnchenschenkel.«
»Das fällt Ihnen erst jetzt auf? Haben Sie vorhin nicht richtig hingesehen?«
»Sie wollten das Symbol im Original sehen, Chef. Ich nicht.«
Engel lachte kurz auf und zog die Schultern hoch. »Dazu kann ich nichts sagen. Die Deutung des Zeichens ist Ihr Job. Sie sind für das kriminalistische Denken zuständig. Wir sichern nur Beweise.«
Habermehl wusste in diesem Moment, das ihm das Symbol Kopfzerbrechen bereiten würde, ebenso die Frage nach dem Motiv für die Tat. Um das herauszufinden, brauchte er Hinweise, an denen er ansetzen konnte. Seine Hoffnung, wenigstens einige Antworten zu bekommen, ruhte auf den Kollegen der Spurensicherung, die er sehr schätzte. Sie arbeiteten gewissenhaft und effektiv. Auf ihn und sein Team kam in nächster Zeit eine Menge Arbeit zu.
»Ist für den Abtransport der Leiche gesorgt?«, fragte er nach einer Weile.
»Der Doktor hat sich darum gekümmert. Herr Baertel wird in die Rechtsmedizin nach Bonn gebracht.«
»In Ordnung. Wir bekommen Ihren Bericht so schnell wie möglich?«
»Wie lange kennen wir uns, Herr Habermehl?«
»Lange genug, um zu wissen, dass ich mich auf Sie verlassen kann.«
»Eben.« Engel nahm seinen Koffer auf und ging.
Habermehl rührte sich nicht vom Fleck und starrte einen Moment stumm in die Wipfel der Bäume. »Wir haben die unangenehme Aufgabe, Frau Baertel die Nachricht vom Ableben ihres Mannes zu überbringen.« Er setzte sich entschlossen in Bewegung. »Fahren wir.«
Auf dem Weg zum Wagen klingelte sein Mobiltelefon. Er drückte die Sprechtaste und meldete sich. Lukas Dux war am anderen Ende.
»Ich kann mir denken, warum Sie anrufen, Herr Dux. Wegen Ihres Praktikums.«
»Genau. Ist mittlerweile eine Entscheidung gefallen?«
»Ja. Heute
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