Nemti
gefundenes Fressen für die Nachrichtenmedien. Es dürfte sich wie ein Lauffeuer herumsprechen und die Öffentlichkeit würde äußerst nervös reagieren. Sie mussten den Täter schnellstens dingfest machen.
»Ist die Spurensicherung vor Ort?«, rief er einem Polizeibeamten zu, der aus dem Wald heraustrat. Der Mann nickte. Die Spezialisten der Spusi sollten ihrer Arbeit ungestört nachgehen, erst dann würde er den Leichenfundort aufsuchen.
Habermehl tauchte unter dem Flatterband hindurch und ging auf den alten Mann zu, der ihn nicht bemerkte. Er klopfte mit seinem Spazierstock auf dem Waldboden herum, vermutlich im Takt eines Liedes. Sein Kopf wiegte hin und her, die Augen hielt er geschlossen.
»Sie sind Herr Knappert?«
Noch einige rhythmische Bewegungen mit dem Stock, dann hielt er inne und öffnete die Augen.
»Bin ich. Mattes Knappert.« Er rückte zur Seite und klopfte auf die Sitzfläche. »Flanz dich hin. Was bis du denn für einer? Bist du de Boss?«
»Wenn Sie so wollen, ja, der bin ich. Kriminalhauptkommissar Fritz Habermehl, Kripo Mayen.«
Er nahm neben dem Alten Platz. Seine dunklen Haare besaßen die Farbe der Augen, die ihn mit einem listigen Wieselblick musterten.
»Ein Beamter hat mir erzählt, dass Sie fast täglich hier vorbeikommen.«
»Wie alt schätzte mich?«
»Zwischen fünfundsechzig und siebzig.«
»Ha, fünfundachtzig bin ich und topfit. Und seit über fünfzig Jahre in der hiesigen Karnevalsgesellschaft tätig.«
»Respekt. Sie haben sich gut gehalten. Beantworten Sie nun bitte meine Fragen.«
»Ja, wat willste denn wissen?«
»Ist Ihnen in den letzten Tagen hier oder in der Nähe etwas aufgefallen?«
»Gestern hab ich Kräuter-Jupp gesehen.« Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
»Wer bitte ist Kräuter-Jupp?«
»Das ist der Tünnes, der mit seinem roten Bulldog över de Büsch fährt.« Knappert gab sich sichtlich Mühe, Hochdeutsch zu sprechen, ließ aber immer wieder Wörter des ortsüblichen Dialekts einfließen. »Der schwätzt den Leuten Kräuter und Heilwasser auf. Sollen angeblich jedes Wehwehchen heilen. Ich war an der Sankt-Anna-Kapelle und hab ihn auf einem Feldweg an der Autobahn gesehen.«
»In welche Richtung ist er gefahren?«
»In Richtung Wehr. Das weiß ich genau. Der wollte mir was verticken.«
»Dann haben Sie mit dem Mann gesprochen?«
»Nein. Er wollte mit mir schwätzen, ich hatte aber keine Zeit.«
»Und worüber wollte er reden?«
»Ich weiß nicht, was er wollte.«
»Schade. Wie heißt der gute Mann korrekt?«
»Ich kenn den nur als Kräuter-Jupp. Wo er wohnt, weiß ich nicht. Das musst du schon selber herausfinden.«
»Das werden wir. Haben Sie eine Ahnung, wie wir an Kräuter-Jupp herankommen? Wir müssen uns mit ihm unterhalten.«
Knappert antwortete nicht. Er spießte seinen Stock energisch in den weichen Boden neben dem Weg, wo er senkrecht stecken blieb. Aus einer Tasche kramte er ein zusammengefaltetes Blatt hervor.
»Der hat mir den Zettel gegeben. Da steht drauf, wann und wo er seine Kräuter vertickt.«
Habermehl blickte auf den Zettel. »Kann ich das Blatt behalten?«
»Klar doch.« Knappert beugte sich zu ihm hin. Seine Neugierde war nicht zu übersehen. »Sag mal, hat der was angestellt?«
»Kann ich noch nicht sagen. Aber möglicherweise haben Sie uns einen wichtigen Tipp gegeben. Ich danke Ihnen auf alle Fälle, Herr Knappert.«
»Hat mich gefreut.« Der alte Mann stieß ihm den Ellbogen in die Seite und fragte mit gedämpfter Stimme: »Was ist eigentlich los? Ist was Schlimmes passiert?« Er schlug ein Kreuzzeichen.
»Weiß ich noch nicht. Bevor wir selbst nichts Genaues wissen, werden wir nichts sagen.«
»Ich verstehe, du darfst nix sagen. Gib mir doch einen Tipp. Ich sag auch nix weiter.«
»Ich auch nicht, Herr Knappert. Ich weiß, wie schnell sich ein Gerücht in der Eifel herumspricht.«
Habermehl sah den Alten von der Seite an, konnte aber kein Anzeichen erkennen, dass er eingeschnappt war. »Soll Sie jemand nach Hause fahren?«
»Wenn du mir schon nix sagst, dann fahr mich wenigstens heim. Ich will aber früher aussteigen. Es soll keiner aus der Nachbarschaft mitkriegen, dass ich mit der Polizei zu tun habe.«
»Versteh ich gut.« Habermehl lächelte. »Ihnen ist in den letzten Tagen hier am Laacher Kopf nichts weiter aufgefallen? Sie waren doch hier?«
»Was willste damit sagen?«, fragte Knappert lauernd. »Was auch passiert ist, ich hab mit der ganzen Amborage nix zu tun.«
»Das will
Weitere Kostenlose Bücher