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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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ließ sie eintreten.
    »Hier sieht es ja aus wie in einem Wohnzimmer«, sagte Habermehl überrascht.
    »Ich verbringe mehr Zeit an meinem Arbeitsplatz als zu Hause. Astronom zu sein bedeutet reichlich Nachtarbeit. Oft schlafe ich auch hier. Nehmen Sie bitte Platz.« Er wies auf eine Sitzgruppe am Fenster.
    Habermehl setzte sich mit dem Rücken zum Schreibtisch in einen Sessel, Lukas ließ sich ihm gegenüber nieder.
    »Was ist Ihr Anliegen?«
    »Wir möchten uns mit Ihnen unterhalten.«
    »Bestimmt nicht über Astrophysik. Wenn die Polizei kommt, ist irgendetwas im Busch. Nach dem elften September werden Leute meines Aussehens und meiner Herkunft sehr kritisch beäugt.« El Hadary breitete die Arme aus. »Stehe ich unter irgendeinem Verdacht?«
    »Nein. Wir haben nur ein paar Fragen.«
    »Sie würden keine Fragen stellen, wenn Sie nicht einen Hintergedanken hätten.« Seine Stimme klang lauernd.
    »Rauchen Sie, Herr Doktor?«, fragte Habermehl.
    »Gelegentlich eine Pfeife. Warum?«
    Habermehl überhörte die Frage und fuhr unbeirrt fort. »Wie eng sind Ihre Beziehungen zum Heimatland Ihres Vaters?«
    »Woher wissen Sie, woher mein Vater stammt?«
    »Herr Dux hat es mir erzählt.«
    Lukas fing einen abschätzigen Blick von el Hadary auf.
    »Ich stelle fest, Sie haben sich eingehend mit mir beschäftigt.«
    »Wir wissen nur, was Sie Herrn Dux berichtet haben.«
    »Okay. Um auf Ihre Frage zurückzukommen, ein Großteil meiner Familie lebt in Ägypten. Wir schreiben uns Briefe oder E-Mails.«
    »Besuchen Sie Ihre Verwandten auch?«
    »Nicht oft. Meine Arbeit nimmt mich sehr in Anspruch.«
    »Interessieren Sie sich für ägyptische Geschichte und Mythologie?«
    »Gewiss fesselt mich die altägyptische Kultur, ihre Errungenschaften, die Lebens- und Geisteswelt. Sie ist ein Teil meiner Identität.«
    »Sagt Ihnen der Name Seth etwas?«
    »Eine Gottheit mit schlechtem Ruf.«
    »Ein bisschen wenig für jemanden, der sich in der Mythologie auskennt. Schon einmal von der Waffe des Seth gehört?«
    »Sicher kenne ich die wohl bekannteste Legende Altägyptens. Damit hat es sich aber auch. Ich bin Astrophysiker und kein Historiker.«
    »Was bedeutet das Kulturerbe für Sie?«
    »Es erfüllt mich mit Stolz, was meine Vorfahren vor Tausenden von Jahren mit primitiven Mitteln erschaffen haben.« Er öffnete ein Kästchen, das vor ihm auf dem Tisch stand, und entnahm einen Streifen Kaugummi. »Was soll die Fragerei eigentlich? Kommen Sie auf den Punkt. Ich habe nicht ewig Zeit.«
    »Wir werden weder unsere noch die Zeit der Leute verschwenden, wenn wir unsere Fragen nicht für wichtig hielten. Sie haben von den Mordfällen gehört?«
    »Dachte ich mir, dass Sie darauf abzielen.« El Hadary warf den Kaugummi unausgepackt auf den Tisch und kam aus seinem Sessel hoch. Mit geballten Fäusten trat er ans Fenster. Der Oberkörper hob und senkte sich im Takt seiner sich steigernden Entrüstung. »Was kommt als Nächstes? Verlangen Sie Alibis von mir?«
    Lukas spürte, dass es el Hadary schwerfiel, die Fassung zu bewahren. Seine Körpersprache drückte aus, dass ihm die Befragung gehörig gegen den Strich ging.
    »Wenn Sie es ansprechen. Lassen Sie hören.«
    El Hadary fuhr herum. Seine Augen verschossen Blitze. »Wann immer es die Arbeit zulässt, verbringe ich meine Freizeit mit meiner Freundin Samira.«
    »Bitte geben Sie uns ihren Namen, Adresse und Telefonnummer.«
    Habermehl notierte sich die Angaben.
    »Da steht das Telefon. Rufen Sie im koptischen Gemeindezentrum Bitburg an. Da arbeitet sie nämlich.«
    »Später, Herr Doktor.« Habermehl kritzelte weiter auf seinem Block herum. »Wo waren Sie am elften September, ab dem frühen Nachmittag?«
    »Bei meiner Freundin.«
    »Können das auch andere Leute bestätigen?«
    »Das dürfte kaum nötig sein. Die Aussage meiner Freundin sollte genügen.«
    Habermehl nickte Lukas kurz zu. Er wählte Samiras Nummer. Sie bestätigte, zur fraglichen Zeit mit ihrem Freund zusammen gewesen zu sein.
    »Warum mache ich das eigentlich mit? Ich muss nicht mit Ihnen reden.« El Hadary knetete mit der Linken die Finger der rechten Hand. Sein Blick ging ins Leere.
    »Wir stellen nur Fragen. Die können Sie doch guten Gewissens beantworten.«
    Er schien über Habermehls Worte nachzudenken.
    Lukas nutzte die Pause zu einer Bemerkung. »Hinter Ihrem Schreibtisch hängt eine Glasvitrine mit interessanten Messern. Sind die echt?«
    Es dauerte eine Weile, bis el Hadary antwortete. »Natürlich. Erinnerungsstücke

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