Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
kann ihr Frühstücksei schon selbst aufschlagen.«
Josie streikte bereits nach der Pasta: »Ich bin pappsatt!« Und kam erst zur Torte zurück an den Tisch: »Dafür ist noch Platz!«
Feierlich überreichte sie Sarah ein selbstgemaltes Bild einer rosaroten Prinzessin auf einem pinken Einhorn vor lilafarbenen Bergen.
Als Sarah Albertas Geschenk auspackte – ein gerahmtes Foto von Josie – und sich darüber freute, als wäre es ein wertvolles Kunstwerk, wurde mir mit einem Mal bewusst, was ich so lange erfolgreich verdrängt hatte: Ich saß am Esstisch einer der berühmtesten Schauspielerinnen Hollywoods. Und ausgerechnet sie war eine der natürlichsten Frauen, die ich je kennengelernt hatte.
Nicht zuletzt durch Randy weiß ich aus erster Hand von den Allüren der Stars. Oft werden im Vorfeld zu Dreharbeiten seitenlange Catering-Listen mit gewünschten Speisen durch die Manager eingereicht. Bei Hotelübernachtungen gibt es spezielle Anforderungen an die Ausstattungen der Zimmer, und teilweise dürfen die Stars nur in bestimmten Automodellen herumchauffiert werden.
Ich hasse diesen Zirkus, empfinde ihn als lächerlich und … ja, irgendwie beschämend. Entgegen sämtlicher Empfehlungen habe ich bislang nicht mal einen Manager. Maggie, Randy und meine Schwester beraten mich, wenn es um berufliche Entscheidungen geht. Denen kann ich wenigstens uneingeschränkt vertrauen. Sie wollen wirklich mein Bestes – und das ist in
ihren
Augen nicht mein Geld. Sarah hat zwar ihre Agenten, aber wie sehr sie deren Urteil vertraut und danach handelt, weiß ich ja, seitdem sie die Rolle der
Lea
in unserer Serie akzeptiert hat. Nein, Starallüren kennt Sarah nicht.
Sie legte die Geschenke von ihrer Tochter und Alberta zu dem Rosenstrauß ihres Mannes und zu meiner Sonnenblume auf die Anrichte. Sarah bemerkte nicht, wie genau ich sie dabei beobachtete. Ich sah, dass sie über den langen Stil meiner Blume strich und Albertas Bilderrahmen so zurechtrückte, dass Josies Bild dahinter stehen konnte und man ihr Kunstwerk sah. Sarah legte Hand an jedes einzelne Geschenk – nur Daniels Rosen blieben unberührt. Sein Strauß war perfekt, ihn musste sie nicht drapieren oder zurechtzupfen.
Nach dem Abendessen entführte mich Josie in ihr Kinderzimmer. »Hast du auch Kinder?«, fragte sie unbekümmert und versetzte mir damit einen tiefen Stich, von dem sie natürlich nichts wissen konnte.
»Nein«, erwiderte ich gepresst und schluckte hart, während Josie weiter fröhlich ihr Zimmer präsentierte. Kurz darauf wünschte ich der Kleinen eine gute Nacht und wartete dann im Wohnzimmer, bis Sarah ihre Tochter zu Bett gebracht hatte.
Neugierig sah ich mich um. Der Raum war groß, wie alles in diesem Haus. Helle Farben dominierten die Einrichtung, und als ich mich räusperte, hallte meine Stimme von den Wänden wider. Enttäuscht stellte ich fest, dass der Raum kühl wirkte, ohne jeden Charme. Unter dem Essensgeruch roch es nach Leder und frisch geputzten Fliesen. Beinahe steril. Ich kannte Daniel nicht, hatte ihn nur dieses eine Mal zwei Wochen zuvor erlebt, aber das musste sein Stil sein. Zu Sarah passte er jedenfalls nicht.
Den Blickfänger des Raums stellte ein schwarzer Flügel dar. Antik, von einem namhaften Hersteller, ein wahres Schmuckstück. Dennoch reichte der Charme des riesigen Instruments nicht mal im Ansatz aus, das Wohnzimmer zu beseelen.
Nur eine Ecke des großen Raums strahlte eine gewisse Gemütlichkeit aus. Dort stand ein brauner Lehnsessel vor einer modernen Stehlampe. Daneben, auf dem kleinen Beistelltisch, lagen eine Lesebrille und ein aufgeschlagenes Buch. Ich betrachtete die tiefen Falten in der Sitzfläche des Sessels sowie das Buch mit dem Titel
›La primavera dell’amore‹
und kam zu dem Schluss, dass dies wohl Albertas Stammplatz sein musste. Ich versuchte, mich an die wenigen Brocken Italienisch zu erinnern, die ich als kleiner Junge aufgeschnappt hatte, doch es gelang mir nicht, den Namen des Buches zu übersetzen. Meine Zeit in Italien war zu lange her. Für einen Moment dachte ich an das große gelbe Haus auf dem Berg, an den Ausblick über Küste und Meer und an die knorrigen Bäume, die schon im Winter die herrlichsten Mandarinen getragen hatten.
Ohne Halt schweiften meine Gedanken weiter zu dem Umzug nach England und ließen die Erinnerungen daran aufkochen, wie schwer mir diese Umstellung gefallen war. Schnell ignorierte ich das verhasste Gefühl und wanderte weiter durch den Raum.
Auf der
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