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Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Titel: Neobooks - Das Leben in meinem Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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mein Kinn. Erst als sie das tut, merke ich, wie stark ich die Zähne aufeinanderpresse. »Nicht!«, sagt Sarah. »Es ist schon gut. Weißt du, ich habe kein Problem damit, denen zu begegnen. Früher oder später muss ich sowieso da durch. Besser, ich nehme ihnen so schnell wie möglich den Wind aus den Segeln und gehe in die Offensive. Aber so, wie ich im Moment aussehe … nein danke! Ein bisschen Würde möchte ich mir schon noch bewahren. Wenn ich nur meinen Schminkkoffer bei mir hätte, dann …«
    »Ich habe eine Idee«, verkünde ich. Es kommt nicht oft vor, dass ich ihr ins Wort falle. Und so verstummt Sarah sofort und beobachtet stumm, wie ich nach meinem Handy greife und eine der Kurzwahltasten betätige. »Ben!«, ruft Maggie nach dem ersten Freizeichen. Sie weiß Bescheid, das ist ihrer besorgten Stimme deutlich anzuhören.
    »Mag, wir brauchen dringend deine Hilfe!«
    »Ihr?«
    »Ja, Sarah und ich.«
    ***
    Nur wenige Minuten später öffne ich die Tür zu meinem Appartement.
    Der Schlafmangel macht sich mittlerweile in Form hämmernder Kopfschmerzen bemerkbar, in meinen Ohren dröhnt es, und hunderte von Gedanken wirbeln wild durch meinen Kopf. Es ist das erste Mal, dass Sarah meine Wohnung betritt.
    »Möchtest du etwas essen oder trinken?«
    Sie antwortet nicht. Lächelt einfach und schiebt sich an mir vorbei ins Wohnzimmer. Ich sehe mich um und entdecke einige Missstände, die ich vor dem Verlassen meines Apartments beseitigt hätte, hätte ich nur gewusst, dass sie mich auf meinem Weg zurück begleiten wird.
    Hier liegt noch das Handtuch, das ich nach dem Duschen benutzte und danach achtlos fallen ließ. Dort, auf dem kleinen Couchtisch, liegt das verknautschte Sofakissen, auf dem ich zuvor meine Füße abgelegt hatte. Auch Jacks Leine, die wie eine Schlingfalle mitten im Flur liegt, zeugt nicht unbedingt von übertriebenem Ordnungssinn.
    Sarah scheint von all dem keine Notiz zu nehmen – oder sie sieht großzügig darüber hinweg. Sie schaut sich neugierig um und reibt dabei ihre Oberarme. »Sehr gemütlich!«, sagt sie endlich … und scheint es sogar ernst zu meinen.
    »Ich mache uns etwas zu essen und einen Tee«, beschließe ich verlegen, da mit ihrer Antwort scheinbar nicht zu rechnen ist. »Mach es dir bequem!«
    Die Andeutung eines Lächelns umspielt ihre Mundwinkel. Sie nimmt auf der Couch Platz und beginnt, Jack zu streicheln, der das natürlich sofort als Aufforderung versteht, neben ihr auf die Sitzfläche springt und ihre Hand leckt.
    Ich wende mich nur schweren Herzens ab, verschwinde in der Küche und versuche verzweifelt, aus den kläglichen Innereien meines Kühlschranks etwas Essbares zu zaubern. Es reicht so gerade für Putenbrust-Sandwiches mit Remoulade und Tomatenscheiben. Während ich die Toasts bestreiche und belege, verfluche ich mich innerlich wohl zum tausendsten Mal, es immer noch nicht verlässlich zu schaffen, meinen Kühlschrank ordentlich zu bestücken. Als das aufgesetzte Wasser kocht, wühle ich in meiner Teebox und entscheide mich für die schwarze Mischung. Sarah trinkt ihren englisch, mit Milch und Zucker, also stelle ich beides zu den Tellern und Tassen auf das Tablett und trage schließlich alles zurück ins Wohnzimmer.
    »Du hast es wirklich sehr schön hier«, empfängt mich Sarah. Sie steht vor meinem Klavier.
    »Findest du?«
    Sie nickt und lässt ihren Blick noch einmal durch den Raum wandern. »Warme Töne, etwas mehr Inventar als das Nötigste, aber weit entfernt von Prunk und Überfluss«, fasst sie ihre Eindrücke zusammen.
    Skeptisch ziehe ich die Brauen zusammen und versuche, den Raum mit ihren Augen zu sehen.
    Die Couchgarnitur, auf der sie anfangs Platz genommen hatte, ist zwar schon ein wenig älter, aber sehr bequem. Eine gestreifte Wolldecke aus unserer Zeit in Indien hängt über der Lehne, und auf dem kleinen Tisch davor stapeln sich einige meiner unzähligen Bücher.
    Als hätte sie meinen Blick verfolgt, deutet nun auch Sarah auf den Stapel. »Du liest sehr viel, nicht wahr? Am Set greifst du in jeder Pause nach einem Buch.«
    Ich nicke und senke meinen Kopf, weil ich ihrem offenen Blick nicht länger standhalten kann. Dass diese Bücher der Ablenkung dienen und ich sie am Set nur deshalb ständig zur Hand nehme, um der Sehnsucht nach ihr Herr zu werden, kann Sarah schließlich nicht ahnen.
    Sie geht ein paar Schritte durch den Raum, streicht dabei über den antiken Mahagoni-Sekretär und bleibt vor dem angrenzenden Bücherregal stehen.

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