Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
hatte in ihrer Verzweiflung den ganzen Tag gekocht. Und so strömt, kaum dass sich meine Eingangstür öffnet, der wunderbare Geruch von Lasagne, frittiertem Gemüse, gefüllten Artischocken und sonstigen italienischen Köstlichkeiten in meine Wohnung.
Wir essen gemeinsam an meinem Esstisch, der nur für diese seltenen Anlässe seine Daseinsberechtigung hat.
Sarah wirkt erschöpft. Da sie vor Josie natürlich nicht von den Details ihres Nachmittages berichten will, sind wir alle bemüht, die Themen möglichst leicht und locker zu halten. Die Frauen haben der Kleinen erzählt, dass sie gemeinsam bei mir Urlaub machen wollen. Und im Urlaub ist schlechte Laune fehl am Platz.
Später, als Alberta Josie bettfertig macht, berichtet Maggie schnell, wie selbstbewusst Sarah den Paparazzi entgegengetreten war. Dass sie sogar die Ruhe bewahrt hatte, obwohl einige dieser
›Blutsauger‹,
wie Mag sie nennt, provokativ versucht hatten, Sarah aus der Fassung zu bringen.
Nichts anderes hatte ich erwartet, trotzdem verspüre ich einen gewissen Stolz. Sarah ist eine starke Frau, die sich von niemandem so leicht in die Enge treiben lässt.
Sie selbst lauscht dem Bericht und wirkt dabei so teilnahmslos, als würde Maggie von einer anderen, einer fremden Frau erzählen. Von einer, deren Leben an diesem Tag ins Schwanken gekommen ist. In diesen Minuten begreife ich, dass sie die Geschehnisse des Tages noch nicht so recht realisiert hat. Grübelnd sitzt sie an dem Esstisch, während Maggie und ich die Spülmaschine einräumen. Schließlich erhebt sie sich. Ihr Stuhl schabt geräuschvoll über den Holzboden, bevor sie hinter mir erscheint und mir ihr Glas reicht.
»Bist du mir böse, wenn ich in mein Zimmer gehe und kurz meine Tasche ausräume?«
Ich schüttele den Kopf. Es ist an der Zeit, etwas klarzustellen: »Ich bin dir nur böse, wenn du jetzt andauernd fragst, ob das, was du tust, in Ordnung für mich ist. Du willst zur Ruhe kommen? Dann fühl dich hier bitte wie zu Hause! Einverstanden?«
Sie antwortet nicht. Schenkt mir nur einen dankbaren und zugleich erschöpften Blick, streichelt meinen Oberarm und wendet sich dann ab.
Alberta und Josie kommen zurück in die Küche, Sarah nicht. Als ich sie suche, finde ich sie schlafend auf ihrem Bett. Ich hole die indische Wolldecke von meiner Couch und breite sie über Sarah.
Maggie verabschiedet sich wenig später.
»Nehme Esse mit!«, befiehlt Alberta, doch Maggie winkt ab und erklärt mit einem Augenzwinkern zu mir, sie müsse noch Platz für ein
›nettes Häppchen Frischfleisch‹
lassen. Alberta kann mit dieser Metapher nichts anfangen. Sofort springt die rundliche Frau auf und beginnt freudig, die dünnen Scheiben Rindfleisch in eine der nun leeren Aluschalen zu verpacken.
»Certo, isse ganze frische, die Fleische. Könnene Sie auck essene später, Signorina.«
Für zwei Sekunden bleibt es still, dann brechen Maggie und ich in schallendes Gelächter aus. »Oh Alberta!«, ruft Mag und schlingt ihre Arme um die verdutzte Frau.
Ich begleite Maggie noch zur Tür, bedanke mich bei ihr und drücke sie fest an mich. »Du hast etwas gut bei mir«, flüstere ich ihr zu.
»Bei dir?«, flüstert sie zurück.
»Ja, weil du sofort da warst. Wie immer…«
Sie sieht mich keck an. »Hm! Wie immer, ja, ja … Versprich mir nur, dass du nichts Unüberlegtes tust.«
Ich komme nicht mehr dazu, sie zu fragen, was sie meint. Schon ist sie aus der Tür geschlüpft.
Alberta steht im Wohnzimmer und sieht ein wenig verloren aus. Ich wechsle ein paar unbeholfene Sätze mit ihr und beobachte, wie sie sich dabei mindestens dreimal das Gähnen verkneift. Auch Josie rollt sich schon auf der Couch zusammen und bringt sich in eindeutige Schlafpose. Zu ihren Füßen schnarcht Jack bereits.
»Was hältst du davon, wenn ich Josie ins Bett bringe? Dann kannst du dich schon mal fertigmachen, wenn du magst«, schlage ich Alberta vor, die das Angebot dankbar annimmt. Dieser Tag mit seinen einschneidenden Ereignissen hat uns alle geschafft.
Ich hebe Josie auf meinen Arm und trage sie in ihr Zimmer. Sie protestiert nicht einmal, so müde ist sie. Es verstreichen stille Minuten, bis sie mir mit einer kleinen Frage zeigt, dass es nicht nur ihre Müdigkeit war, die sie so lange schweigen ließ.
»Warum ist Mommy denn so traurig?«, fragt die Kleine. Ihren ständigen Begleiter, den dunkelbraunen Teddy, fest an sich gedrückt, lässt sie offenbar den Tag Revue passieren. Die ungewohnt trüben Augen ihrer
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