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Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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versorgt habe, und wenn es bis zum Mittag dauert. Erspare uns bitte diese Posse!«
    Damit hatte er Erfolg. Sein neuer Begleiter atmete schwer, stieg aber aus dem Wasser und legte wortlos seine Kleidung ab. Gideon stieß ein entsetztes Keuchen aus, und Rhonan war nicht überrascht, als er sah, dass er tatsächlich aus zahlreichen Wunden blutete. Allerdings war nur eine Wunde an der rechten Schulter etwas tiefer, alle anderen waren kaum mehr als Kratzer. Er setzte sich und lehnte sich an die Höhlenwand.
    Der Verianer hockte sich vor ihn, tupfte, trug Salbe auf und legte Verbände an, wo es nötig war. »Schnitte, Quetschungen, Prellungen – wie passt das zusammen? ... An der Schulter sollte ich besser nähen.«
    »Dann näh!«
    Gideon schüttelte den Kopf ob der Verstocktheit des Prinzen, fädelte ein Pferdehaar in die Nadel aus Fischbein und machte sich ans Werk. »Erzähl mir derweil, was geschehen ist«, forderte er erneut.
    Der Prinz zuckte nicht einmal und schwieg.
    »Ich sehe es dir doch an: Dich quält etwas, und es sind nicht deine Wunden. Was immer auch da draußen geschehen ist, lass dich nicht auffressen davon. Ich bin dein Freund – zumindest wäre ich es gern. Du ...«
    Rhonan sah ihn wild an, packte die Hand, die die Nadel hielt, und unterbrach: »Rede nicht von Freundschaft, alter Mann! Wir reisen gezwungenermaßen eine Weile gemeinsam. Das war’s dann auch.« Er ließ die Hand wieder los, schloss die Augen und lehnte sich wieder an die Wand, als wäre nichts geschehen.
    Gideon schluckte schwer, setzte den nächsten Stich, schnitt das Pferdehaar durch und verknotete es. Während er neu einfädelte, räusperte er sich vernehmlich. »Es tut mir leid, wenn ich unserer ... Bekanntschaft mehr Bedeutung beigemessen habe. Das liegt daran, dass Verianer selbst keinerlei persönliche Beziehungen untereinander pflegen. Ich habe bisher nur über Freundschaft gelesen und mir oft gewünscht, sie zu erfahren.« Verlegen lachte er auf. »Natürlich sucht ein junger Krieger wie du keine Freundschaft zu einem alten Gelehrten. Verzeih mir meine Anmaßung!«
    Er stach die Nadel ins Fleisch, und Rhonan zuckte das erste Mal leicht und öffnete wieder die Augen.
    »Nur noch drei Stiche«, versprach Gideon.
    »Du hast mich falsch verstanden. Ich suche überhaupt keine Freundschaften. Und du tätest besser daran, noch einmal zu überdenken, ob du wirklich mit mir zusammen ins Wintergebirge willst. Es könnte sein, dass dir von mir mehr Gefahr droht als von Wölfen oder Horkas.«
    Der Blick des Verianers war immer verwirrter geworden. Tief runzelte er die Stirn. »Ich höre deine Worte, aber ich verstehe sie nicht. Warum drohst du mir? Habe ich dich vielleicht unbeabsichtigt beleidigt oder verletzt?«
    »Nein, im Gegenteil! Ich drohe dir auch nicht, ich warne dich.« Er atmete hörbar durch und fuhr mit nahezu unbeteiligter Stimme fort: »Mathew, mein ältester Bruder, klärte mich einst darüber auf, dass meine Familie mich für einen verfluchten Wechselbalg hielt. Kurze Zeit später waren alle tot ... nur ich nicht. Ein altes Ehepaar, kinderlose Fischer, fand und versorgte mich. Doch irgendwann wurde ich ihnen unheimlich, wie ich aus ihren nächtlichen Unterhaltungen erfuhr, und sie verkauften mich an die Minengilde. Auf dem Rückweg wurden sie von Minenwachen, die so ihren kargen Sold aufbesserten, erschlagen und ausgeraubt. Ich weiß nicht, wie lange ich in der Mine war, bis eines Tages der Stollen einbrach. Für eine Mine nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich war lediglich, dass ich überlebte. Ich muss mich dazu durch die Wachen gekämpft haben, die uns nicht glaubten und dachten, wir wollten fliehen. Ich weiß nicht einmal, was geschehen ist, aber während meine Kameraden den Tod fanden, wurde ich weit weg von der Mine von einem Tempelwächter gefunden. Deren Großmeister sprach von meiner dunklen Aura und sah es als seine Aufgabe an, mich auf den Weg der Erleuchtung zu führen. Wie es ihnen danach ergangen ist, weißt du ja.« Sein Blick, der sich in der Ferne verloren hatte, fixierte jetzt den Verianer, der gerade den letzten Faden verknotet hatte. »Gibt es dir nicht zu denken, dass meine bisherigen Weggefährten alle das gleiche Schicksal ereilte: Sie starben schnell und gewaltsam! Ich glaube mittlerweile, Mathew hatte recht. Ich bin verflucht.«
    Gideon wich dem Blick aus, verstaute umständlich seine Nähutensilien, um seine Gedanken zu ordnen, und fragte dann leise: »An keinem der Todesfälle trägst du

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