Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
stark und unglaublich männlich, hat herrlich feste Muskeln und einen flachen, harten Bauch. Seine Schenkel sind ...«
Dem Seher schoss die Röte ins Gesicht. Stotternd unterbrach er sie: »Ihr ... Ihr wisst, dass ich das ... also ... das nicht meinte! Was könnt Ihr mir noch sagen?«
Sie zog die Stirn kraus und spielte mit einem ihrer Zöpfe, wirkte nun wie ein Mädchen, das Eltern Rede und Antwort stehen musste. »Nicht viel! Er hat nie etwas über sich oder seine Vergangenheit erzählt. Aber er muss viel Schlimmes erlebt haben. Zumindest hatte er viele Narben.«
Dieses Bild verführerischer Weiblichkeit machte ihn verrückt, aber der letzte Satz ließ ihn aufhorchen. »Narben von Verbrennungen?«, fragte er, obwohl er sich bereits sicher war, auf der richtigen Spur zu sein.
Die junge Frau nickte. »Ja, auch.«
»Wohin ist er gegangen? Nach Kairan?«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte sie hastig, senkte den Blick und spielte wieder mit den Zöpfen.
»Ihr hattet ihn gern?«
Ein Nicken konnte er mehr erahnen, Schniefen war indes nicht zu überhören.
Ihr Kummer war so greifbar wie der Stuhl unter ihm. Hatte er bis gerade noch geglaubt, eine enttäuschte oder gar rachsüchtige Frau anzutreffen, die für ein paar Taler jede Auskunft geben würde, ging er nun davon aus, dass das Talermädchen Milla ihren Freier geliebt hatte und nicht an Verrat oder Vergeltung dachte. Demgemäß wählte er seine nächsten Worte. »Ihr könnt mir vertrauen. Ich bin hier, um ihm zu helfen. Er ist auf der Flucht vor Camoras Häschern.«
Freundlich fügte er an: »Der Grund für sein Verschwinden war sicher, dass die ihm zu nahe gekommen sind und er Euch nicht in Gefahr bringen wollte. Ich jedenfalls will ihn in Sicherheit bringen.«
»Und wer sagt mir, dass Ihr nicht selbst zu diesen Häschern gehört?«, gab sie zu bedenken und sah ihn jetzt wieder offen an.
»Habe ich Wölfe oder Folterknechte dabei? Ich kann Euch nur erneut bitten, mir zu vertrauen. Dieser Mann muss zu Fürst Darius gebracht werden.«
Gern gab er ihr einen weiteren Anreiz. »Wenn Ihr mir helft, würdet Ihr auch Fürst Darius einen großen Dienst erweisen. Er würde sich erkenntlich zeigen.«
»Reden könnt Ihr gut, aber das reicht mir nicht. Ihr verschwendet Eure Zeit.«
Meister Fergus sah sie länger an, griff seinen Wandersack und beförderte nach kurzem Wühlen einen Ring zutage. »Ob ich Euch damit überzeugen kann, weiß ich nicht, aber der Siegelring des Fürsten Darius würde unseren gemeinsamen Freund von meiner Redlichkeit überzeugen. Erkennt Ihr den Greifvogel, ... das Wappen? Ich bin Gesandter Latohors. Sagt Ihr mir jetzt, wohin er gegangen ist?«
Sie lachte geringschätzig auf und zeigte dabei strahlend weiße Zähne. »Einen Ring mit einem Adler kann sich jeder anfertigen lassen. Hätte ich Euch für einen Hordenreiter gehalten, wärt Ihr nicht hier. Ich weiß nur immer noch nicht, wofür ich Euch halten soll.« Bei diesen Worten stand sie auf, ging hüftschwingend durch den Raum und holte einen Krug und zwei Becher hinter dem Vorhang hervor.
»Wein?«, fragte sie und schenkte auf sein Nicken hin ein.
Der Seher nippte und war angenehm überrascht. In dieser Umgebung hatte er mit der sauren, ungenießbaren Nord-Traube gerechnet und nur zugestimmt, um sie nicht zu beleidigen, aber dieser Wein war frisch und fruchtig. Erfreut gönnte er sich noch einen weiteren Schluck, bevor er sich vorbeugte, ihr den Ring erneut hinhielt und erklärte: »Dieser Ring ist einmalig. Er sollte aus bestem Jaspis sein, aber hier in der Ecke ist eine kleine, kaum sichtbare Verunreinigung. Unser einstiger Großkönig hatte den Ring aus Dank eigens für Fürst Darius anfertigen lassen. Erst bei der Übergabe des Geschenks fiel der Makel auf. Der König war außer sich vor Zorn. Es ist zwar sehr lange her, aber ich denke, unser Freund wird sich noch daran erinnern können, wie König und Fürst an dem Ring zerrten. Der Fürst wollte ihn wegen seiner Einmaligkeit unbedingt haben – zumindest gab er das zum Wohle des Goldschmieds vor –, und dem König war es unangenehm, ein minderwertiges Geschenk überreicht zu haben. Über die nahezu kindische Rangelei der beiden Herrscher wurde in beiden Familien noch lange gelacht. Vertraut Ihr mir jetzt? Euer Freund wird es tun, denn er war wie ich seinerzeit dabei!«
Sie ließ ein dunkles Lachen hören. »Ja, ich denke, dass die Geschichte den Prinzen von der Redlichkeit des Überbringers überzeugen könnte. ... Seht mich
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