Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
die große Dala hier weilt?«
Palema zog bei dem Wort »große« zwar die Brauen hoch, nickte aber. »Deine Ahnfrau wird dich unterrichten.«
Der Verianer war so überwältigt, dass er sich gern gesetzt hätte, was er in Anwesenheit einer stehenden Frau selbstverständlich nicht tat.
Rhonan nahm zur Kenntnis, dass Gideon also doch der Weise der Berge war. Trotz dessen Versuchen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, war er allerdings von Anfang an auch davon ausgegangen. Überrascht war er daher nicht. Außerdem beschäftigte ihn eine ganz andere Frage, die er umgehend stellte: »Wäre es nicht sinnvoller, Ihr würdet diese Aufgabe erneut erledigen? Warum sollen drei Lehrlinge wie wir sie übernehmen?«
Palema ließ sich auf einen Stuhl sinken und lud die Herren mit einer Geste ein, sich ebenfalls zu setzen. »Die Antwort, mein junger Prinz, ist denkbar einfach. Wir können es nicht mehr. Nur noch hier im ewigen Eis verfügen wir über unsere einstige Stärke. Es ist daher an euch, die Welt erneut vor dem Bösen zu retten.«
So feierlich klang ihre Stimme, dass Caitlin sie nur mit großen Augen ansah, und Gideon schluckte.
Rhonan war offensichtlich nicht so sehr für Stimmungen empfänglich, sondern räusperte sich vernehmlich. »Das geht mir alles ein bisschen schnell. Ich hätte da mehrere Fragen.«
»Dann stelle sie!« Huldvoll neigte sie das Haupt.
»Also, was seid Ihr überhaupt? Ihr sagt, Ihr seid keine Göttin, aber für einen Menschen, selbst für einen Verianer, müsstet Ihr nach Eurer Erzählung zu alt sein.«
Ihr Gesicht verdunkelte sich kurz, bevor sie mit volltönender Stimme antwortete: »Als Menschen geboren, wurde meiner Familie von den Göttern Unsterblichkeit geschenkt. Wir wurden gesegnet.«
Der Prinz runzelte die Stirn. »Dafür müsst Ihr aber im Eis leben?! Eine seltsame Segnung!«
Gideon hüstelte, weil Palemas Gesicht erneut Ärger zeigte und er es nicht für angemessen hielt, eine von den Göttern auserkorene Unsterbliche zu reizen.
Caitlin nickte dagegen. »Hier ist es ja sehr hübsch, aber doch bestimmt einsam ... und langweilig ... so auf Dauer gesehen.«
»Das mag einem jungen Mädchen so erscheinen«, gab Palema zu, wandte sich aber wieder an den Prinzen. »Hast du weitere Fragen?«
»Ja! Was ist in der Höhle?«
Längere Zeit sah sie ihn an, bevor sie erwiderte: »Unser dunkles Spiegelbild! Nenn es, wie du willst! Das Böse, die Verderbnis, ... einen Dämon? Mir gefällt die letzte Bezeichnung am besten. Euer Schwarzer Fürst strahlt hell im Vergleich zur Dunkelheit, die über die Reiche fiele, würde das Tor zur Höhle sich ganz öffnen. Mit all unserer Macht gelang es uns nicht, den Schattendämon zu vertreiben. Wir konnten ihn lediglich überlisten und einsperren. Und wir taten es, obwohl unsere weltliche Stärke dadurch verloren ging.« Sie sah, wie Rhonan erneut die Stirn runzelte und Gideon den Mund öffnete, und sprach weiter: »So sind die göttlichen Gesetze. Zu jedem Gewicht gibt es ein Gegengewicht, zu jedem Tag gehört die Nacht. Es gibt kein Licht ohne Schatten. Die Macht des Dämons auf der Erde war gebrochen, und damit verloren auch wir dort unsere Stärke. Hätte Dala nicht aus uralten Schriften von diesem magischen Ort erfahren, würden unsere unsterblichen Seelen längst im ewigen Wind treiben. Wir waren bereit, dieses Opfer zum Wohle der Menschen zu bringen. Bist auch du bereit, ein Opfer zu bringen?«
Rhonan zuckte lediglich die Achseln.
Also fuhr sie fort: »Genauso, wie wir im Eis überlebten, lebte auch der Dämon weiter. Genau wie wir überdauerte er Jahrhunderte. Doch während wir den Frieden suchten, arbeitete er ohne Unterlass daran, sein Gefängnis zu sprengen. Das wird ihm in naher Zukunft gelingen, wenn ihr die Siegel nicht erneuert. Es ist ...«
Sie wurde unterbrochen, denn zwei weitere Frauen erschienen aus dem Nichts.
Eine von ihnen war hager, in ein zerknittertes, blaues Gewand gekleidet und trug ihr Haar zu einem Zopf geflochten, aus dem viele Strähnen herauslugten.
Die andere, genauso blond wie ihre Schwestern, aber kleiner und draller, gefiel sich mit Ringellocken und einem rosa Kleid, das über und über mit Edelsteinen besetzt war. Collier, Gürtel und Armreifen funkelten um die Wette. Caitlin musste bei ihrem Anblick unwillkürlich an die bunten Laufvögel von der Nebelinsel denken.
»Wolltest du uns nicht Bescheid geben, wenn unsere Erben erwacht sind?«, beklagte die sich gerade und eilte schon auf Caitlin zu. »Du bist so
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