Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
wissen.
»Ganz sicher nicht!«
»Warum nicht?« Ihre Stimme klang verwaschen.
»Weil sich das nicht schickt und du nur zu betrunken bist, um klar zu denken!«
»Ich habe einen Schwips, betrunken ... bin ich nie. Hast du mal ungehörige Dinge gemacht, wenn du ... be... betrunken warst?« Sie kicherte, knabberte an seinem Hals und fuhr mit den Händen unter sein Hemd.
»Caitlin, lass das!«
»Nööö! ... Das gefällt mir. Mir ... mir wäre jetzt nach richtig ungehörigen Dingen.« Ihr erneutes Kichern wurde von Schluckauf unterbrochen. »Dir auch?«
Er blies die Backen auf, ließ die Luft entweichen und war froh, endlich ihr Zimmer erreicht zu haben. Die Kellings hatten mittlerweile aufgeräumt, und er trug seine Last unfallfrei zum Bett. »Lass mich los! Die Kleinen werden dir helfen, zwischen die Laken zu kommen.«
Sie klammerte sich fester an ihn und riss ihn mit, als er sie niederlegte. »Ich will aber nicht.«
»Prinzessin, bitte! Ich will nicht grob werden müssen.«
Er kniete neben ihr auf dem Bett und versuchte, sich aus ihren Armen zu befreien, ohne so zuzupacken, dass sie vielleicht blaue Flecke bekam.
Sie sah zu ihm auf, und ihre schönen Augen leuchteten. »Zumindest einen Gute-Nacht-Kuss ... dann lass ich dich los.«
»Versprochen?«
»Versprochen!«
»Also gut!«
Es wurde nicht, wie von ihm geplant, ein kleiner Kuss unter Freunden, es wurde ein warmer, leidenschaftlicher Kuss, von dem er sich schließlich losreißen musste.
Während sie erschlaffte, selig die Augen schloss und einschlief, stolperte er aus dem Raum. Jetzt war ihm schwer danach, etwas Ungehöriges zu tun. Die letzte Nacht mit Milla lag weit zurück, und er war auch nur ein Mann, noch dazu einer, der zur Tatenlosigkeit verdammt viele Nächte mit einer wunderschönen Frau im Arm verbracht hatte. Ein williges Talermädchen wäre ihm mehr als willkommen gewesen, aber umgeben von schönen Frauen musste er seinen Abend mit einem Gelehrten verbringen. Ein klägliches Grinsen überzog sein Gesicht, als er an die Frauen dachte: drei alte Unsterbliche und ein Mädchen, das dazu noch Priesterin war! Er war wirklich ein Glückskind.
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26. Kapitel
Der nächste Tag begann mit einem ausgedehnten Frühstück, das recht schweigsam verlief. Gideon dachte darüber nach, wie seltsam hier alles war: wie warm inmitten von Eis, wie riesig inmitten eines Berges und wie üppig und nahrhaft Speisen und Getränke, weitab von jeder Stadt!
Rhonan fragte sich unterdessen, ob seine Ahnfrau ernsthaft davon ausging, er bräuchte Unterricht im Umgang mit einem Schwert, und Caitlin dachte an nichts und fragte sich nichts. Sie hatte einen schweren Kopf.
Während sie beschloss, sich wieder ins Bett zu legen, ließen sich die Männer zu ihren Ahnfrauen begleiten.
Gideon fühlte sich sofort heimisch in einem Raum, der angefüllt war mit Pergamenten und Schriftrollen. Sternkarten zierten die Wände. Ein unberührtes Frühstückstablett stand auf einem Tisch, und Dala stand mit wirrem Zopf über ein Papier gebeugt und maß irgendetwas aus.
Er hüstelte und wünschte einen guten Morgen, und sie winkte ihn heran.
Ihre Hände waren schwarz. Auch ihr Rock wies schwarze Flecken auf. Beim Näherkommen sah er, dass es eine Landkarte war, mit der sie sich beschäftigte.
»Ich korrigiere Grenzlinien«, erklärte sie. »Ich habe mir vorgenommen, die genaueste Karte der Reiche zu fertigen, die es gibt. Die meisten Kartenzeichner geben sich kaum Mühe. Man kann schon froh sein, wenn zumindest die Himmelsrichtungen halbwegs stimmen. Die Größenverhältnisse stimmen nie. Ich studiere Aufzeichnungen darüber, wie lange Reiter oder Botenvögel von einem Ort zum nächsten benötigen. Gerade die Berichte über die Vögel sind hilfreich. Die trödeln zumindest nicht wie manche Menschen. Leider fehlen immer Angaben darüber, welche Windverhältnisse geherrscht haben. Seit einer Ewigkeit sitze ich nun schon an der Karte, und trotzdem muss ich Grenzen immer wieder neu ziehen.«
Gideon beugte sich interessiert über die Karte. »Gebirge, Flüsse ... das ist El’Maran, ein wahrhaft großes Reich im Vergleich zu anderen. Wie klein Latohor ist und wie gewaltig unser Kimmgebirge! Und hier, dieses leere Gebiet mit dem Punkt in der Mitte muss das Reich der Mitte mit der Zitadelle der Träume sein. Warum sind einige Flächen etwas dunkler?«
»Das sind Hügel. Du hast die Zitadelle niemals gesehen, nicht wahr? Sie liegt in einer gewaltigen Senke. Damals, als der erste
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